Von den steigenden Beiträgen für die Arzthaftpflicht sind nach Angaben des größten Versicherers, der Deutschen Ärzteversicherung, neben Allgemeinmedizinern an erster Stelle niedergelassene Gynäkologen, die auch geburtshilflich tätig sind, besonders betroffen. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass diese Problematik für alle Frauenärzte besteht. Denn im Einzelfall werden alle an der Schwangerschaftsvorsorge Beteiligten im Hinblick auf eine Schadenregulierung über die Haftpflichtversicherung einbezogen.
Doch die steigenden Entschädigungssummen, die die Rechtsprechung den Geschädigten heute zugesteht, und die infolgedessen ausufernden Versicherungsprämien sind nur ein Aspekt. "Hinzukommt der damit anwachsende Aufwand für Dokumentation und die höheren Anforderungen an die vorgeburtliche Medizin" so Dr. Wolf Dieter Fiessler aus dem Vorstand der GenoGyn. Gleichzeitig nehmen die Risiken der Schwangerschaftsbetreuung ohnehin zu, denn die Schwangeren werden immer älter.
"Die höheren zeitlichen Anforderungen und finanziellen Aufwendungen stehen inzwischen kaum noch im Verhältnis zum Erlös für die verantwortungsvolle ärztliche Schwangerschaftsbetreuung", so der Kölner Gynäkologe. Es scheint, als würde diese Entwicklung noch verstärkt, wenn auf Betreiben der Krankenkassen geprüft wird, ob anstehende Kosten auf die Haftpflichtversicherung der Geburtshelfer übertragen werden können. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tendenzen ist es nicht verwunderlich, dass schon über mehrere Jahre ein Bewerbermangel gerade in der Frauenheilkunde festgestellt werden muss.
Angesichts der zu erwartenden Folgen stellt sich die Frage: Ist eine den Frauen zugewandte Geburtshilfe, wie wir sie kennen, in Zukunft überhaupt noch möglich? Denkbar wäre, die wohnortnahe patientenorientierte Versorgung der Schwangeren auf Dauer zu sichern, wenn man, wie in anderen europäischen Ländern, eine teilweise staatliche Risikoübernahme einrichtet.
Mit dem Haftpflicht-Dilemma sind Deutschlands Frauenärzte übrigens nicht allein. Auch die Berufsgruppe der Hebammen ist betroffen. Sie machten jüngst mit bundesweiten Protestaktionen darauf aufmerksam, dass sie aufgrund der gestiegenen Prämien die aktive Geburtshilfe bereits in großer Zahl aufgegeben hätten und unterstreichen damit die drohende Versorgungslücke, vor allem abseits der Ballungszentren.