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Dolutegravir bei HIV-1-Infektion: Zusatznutzen bei erwachsenen Patienten

Zusatznutzen beruht auf weniger Nebenwirkungen / Keine Daten für Jugendliche und vorbehandelte Erwachsene ohne INI-Bedarf

(lifePR) (Köln, )
Dolutegravir ist zugelassen seit Januar 2014 in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Infektionen mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) bei Erwachsenen und bei Jugendlichen im Alter von über 12 Jahren. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun bei einer frühen Nutzenbewertung gemäß AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) überprüft, ob der neue Wirkstoff gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet.

Das Hersteller-Dossier liefert einen Beleg für einen beträchtlichen Zusatznutzen bei Erwachsenen ohne Vorbehandlung sowie einen Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen bei vorbehandelten Erwachsenen mit INI-Bedarf (d. h. bei denen ein Integrase-Inhibitor, INI, Bestandteil der Therapie sein sollte). Diese Patientinnen und Patienten haben mit dem neuen Wirkstoff weniger Nebenwirkungen als mit der jeweiligen Vergleichstherapie.

Bei vorbehandelten Erwachsenen ohne INI-Bedarf (d. h. bei denen kein Integrase-Inhibitor angezeigt ist) und bei Jugendlichen älter als 12 Jahre lässt sich kein Zusatznutzen feststellen, weil Studiendaten fehlen.

Vergleichstherapie abhängig von Vorbehandlung und Alter

Dolutegravir ist ein sogenannter Integrase-Inhibitor (INI) und soll die Integration des viralen Erbguts in den Zellkern von menschlichen Zellen verhindern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) unterscheidet je nach Vorbehandlung zwischen Erwachsenen und Jugendlichen und hat für die verschiedenen Patientengruppen unterschiedliche zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt:

Bei Erwachsenen ohne Vorbehandlung (therapienaiv) steht Dolutegravir zum Vergleich mit Efavirenz (Wirkstoffklasse NNRTI) in Kombination mit zwei Nukleosid-/Nukleotidanaloga (Wirkstoffklasse NRTI), Tenofovir plus Emtricitabin oder Abacavir plus Lamivudin. Bei therapienaiven Jugendlichen wird der neue Wirkstoff verglichen mit Efavirenz in Kombination mit Abacavir plus Lamivudin.

Bei Jugendlichen und Erwachsenen, die bereits mit anderen Medikamenten gegen HIV-1 behandelt wurden, hat der G-BA eine individuelle antiretrovirale Therapie festgelegt, die abhängig ist von der Vortherapie und dem Grund für den Therapiewechsel. Dafür sind insbesondere Therapieversagen wegen mangelnder antiviraler Wirkung (gegebenenfalls verbunden mit Resistenzen der Viren gegen manche Wirkstoffe) oder Nebenwirkungen relevant.

Wenn bei vorbehandelten Patienten Resistenzen gegen andere Wirkstoffklassen vorliegen, sollte ein Medikament einer weiteren Wirkstoffklasse Bestandteil der Therapie sein. Wurden bereits Resistenzen beispielsweise gegen NRTIs und NNRTIs nachgewiesen, fällt die Therapiewahl häufig auf einen INI.

Therapienaive Erwachsene: beträchtlicher Zusatznutzen

In die Bewertung gingen zwei RCTs, SPRING-1 und SINGLE, mit einer Studiendauer von je 96 Wochen und insgesamt fast 1000 Studienteilnehmern ein. Die Ergebnisse dieser beiden Studien zeigten keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen in Bezug auf Mortalität und Morbidität.

In SPRING-1 wurde weder die HIV-Symptomatik noch der Endpunkt Lebensqualität erhoben und die Studie SINGLE lieferte keine verwertbaren Daten für diese beiden Endpunkte. So ist ein Zusatznutzen von Dolutegravir für diese patientenrelevanten Zielkriterien nicht belegt.

Unbehandelte Erwachsene zeigten unter Dolutegravir allerdings deutlich weniger Nebenwirkungen: Studienabbrüche wegen Nebenwirkungen und Hautausschläge kamen bei beiden Geschlechtern seltener vor, bei Männern zeigten sich außerdem Erkrankungen des Nervensystems weniger häufig, wenn sie mit Dolutegravir behandelt wurden.

Weil sich bei therapienaiven Erwachsenen aus den Daten zur Morbidität kein Hinweis auf bedeutsam schlechtere Ergebnisse zeigte, lässt sich in der Gesamtschau der Ergebnisse zu Nebenwirkungen für Dolutegravir ein Beleg für einen beträchtlichen Zusatznutzen ableiten.

Unterschiedliche Vergleichstherapie je nach individueller Vorbehandlung

In der einzigen Studie (SAILING), die vorbehandelte Erwachsene untersuchte, wurde Dolutegravir mit einem anderen INI (Raltegravir) verglichen. Die Studienteilnehmer waren nicht mit INI vorbehandelt und zeigten alle Resistenzen gegen verschiedene Wirkstoffe. Dolutegravir oder Raltegravir erhielten sie jeweils zusätzlich zu einer individuellen antiretroviralen Therapie, die abhängig war von den jeweiligen Resistenzen und bereits vor der Randomisierung individuell festgelegt wurde.

Vorbehandelte Erwachsene mit INI-Bedarf: geringer Zusatznutzen

Bei vorbehandelten Erwachsenen mit HIV-1-Infektion, bei denen eine INI-Behandlung zwingend erforderlich ist, unterscheiden sich die Studiengruppen in SAILING nicht in Bezug auf Sterblichkeit (Mortalität) und Krankheitsbeschwerden (Morbidität). Die HIV-Symptomatik wurde in der Studie nicht erhoben, außerdem lieferte sie keine verwertbaren Daten zur Lebensqualität. Deshalb lässt sich für diese patientenrelevanten Endpunkte kein Zusatznutzen von Dolutegravir feststellen.

Vorteile für die Patientinnen und Patienten mit INI-Bedarf brachte Dolutegravir allerdings hinsichtlich der Nebenwirkungen: Es kam seltener zu schweren Nebenwirkungen wie Infektionen und bei über 50jährigen kamen auch Erkrankungen des Nervensystems seltener vor. In der Gesamtschau ergibt sich für Dolutegravir ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen, da weniger Nebenwirkungen auftreten als unter der Vergleichstherapie.

Für vorbehandelte Erwachsene, bei denen eine INI möglich, aber nicht zwingend erforderlich war, lassen sich aus den Ergebnissen von SAILING dagegen keine Aussagen ableiten.

Keine Daten für Jugendliche

Weil sich keine Studie identifizieren ließ, die Jugendliche mit HIV-1-Infektion ab 12 Jahren – weder therapienaiv noch vorbehandelt – untersuchte, lagen für sie keine Daten zum Vergleich von Dolutegravir gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie vor. Deshalb ist ein Zusatznutzen von Dolutegravir für jugendliche Patientinnen und Patienten nicht belegt.

G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens

Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.

Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website Gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.

Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Dolutegravir zu finden.

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Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können

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