Demnach lindert die Wirkstoffkombination Atembeschwerden (Dyspnoe) besser als eine Kombinationsbehandlung mit Tiotropium und Formoterol. Dies gilt jedoch nur für Patienten, die noch keine inhalativen Kortikosteroide benötigen, weil akute Krankheitsschübe (Exazerbationen) höchsten zweimal im Jahr auftreten. Außerdem gibt es einen Hinweis darauf, dass der Schweregrad der Erkrankung das Behandlungsergebnis beeinflussen kann, also ein sogenannter Effektmodifikator ist. Daher ergibt sich in der Gesamtschau für Patienten mit COPD-Stufe II nur ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen, für Patienten mit COPD-Stufe III und höchstens zwei Exazerbationen pro Jahr hingegen ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.
Mangels relevanter Daten ist ein Zusatznutzen von Indacaterol/Glycopyrronium für Erwachsene mit Symptomen in späteren Krankheitsstadien (COPD-Stufen IV und III/IV mit mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr) nicht belegt.
Tiotropium mit Formoterol als Vergleichstherapie
Bei einer COPD ist die Lunge dauerhaft geschädigt und die Atemwege (Bronchien) sind ständig verengt. Dadurch fällt das Atmen schwerer. Die Beschwerden können durch sogenannte Bronchodilatatoren gelindert werden, die die Atemwege erweitern. Langwirksame Bronchodilatatoren wie Indacaterol und Glycopyrronium werden dauerhaft eingesetzt (mit einem Pulverinhalator) und lindern Beschwerden wie Atemnot auf verschiedene Weise.
Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegte zweckmäßige Vergleichstherapie berücksichtigt das Stufenschema der letztgültigen Nationalen Versorgungsleitlinie COPD: Ab Stufe II sind langwirksame Beta-2-Sympathomimetika (Formoterol, Salmeterol) und/oder langwirksame Anticholinergika (Tiotropiumbromid) einzusetzen; ab Stufe III/IV mit mehr als zwei Exazerbationen pro Jahr werden zusätzlich inhalative Corticosteroide (ICS) empfohlen.
Der Hersteller wählte Formoterol in Kombination mit Tiotropiumbromid (kurz: Tiotropium) als zweckmäßige Vergleichstherapie. In seinem Dossier ließ er beim Einschluss von Studien aber die vom G-BA festgelegten Bedingungen für den ICS-Einsatz unberücksichtigt.
Zusatznutzen nicht belegt bei schwersten Symptomen
Für den direkten Vergleich von Indacaterol/Glycopyrronium mit der Vergleichstherapie zieht der Hersteller eine randomisierte kontrollierte Studie (QUANTIFY - QVA149ADE01) heran: 934 Erwachsene mit COPD waren in der Sechsmonatsstudie eingeschlossen.
Erhielten Patienten bereits vor der Studie eine ICS-Therapie, wurde sie beibehalten. Bei den Studienteilnehmern wurde diese Therapie aber bis auf wenige Ausnahmen nicht gemäß den Vorgaben für die zweckmäßige Vergleichstherapie angewendet. Deshalb mussten 41 % der Studienteilnehmer von der Bewertung ausgeschlossen werden. Somit lagen nur für einen Teil des Anwendungsgebiets von Indacaterol/Glycopyrroniumbromid relevante Daten vor.
Bei den meisten Endpunkten keine Unterschiede
In Bezug auf die Sterblichkeit, die Nebenwirkungen und die Lebensqualität zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Deshalb ist für diese patientenrelevanten Endpunkte ein Zusatznutzen nicht belegt.
Die Messung von COPD-Symptomen und damit verbundenen Beeinträchtigungen im Alltag auf Basis eines Fragebogens (COPD Assessment Tests, CAT) ergab nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden Studiengruppen. Daraus lässt sich kein Zusatznutzen für die Wirkstoffkombination ableiten.
Der Anteil von moderaten und schweren Exazerbationen bei den Studienteilnehmern unterschied sich nicht zwischen den Behandlungsgruppen. Bei Erwachsenen in COPD-Stufe III, die mit Indacaterol/Glycopyrronium behandelt wurden, zeigten sich zwar geringfügig weniger moderate Krankheitsschübe, aber genauso häufig schwere Krankheitsschübe wie in der Vergleichsgruppe. In COPD-Stufe II traten keine relevanten Unterschiede zwischen den Studiengruppen auf. Deshalb ist auch für diese Endpunkte ein Zusatznutzen nicht belegt.
Weniger Atembeschwerden
Der Transition Dyspnea Index (TDI) misst anhand eines Fragebogens die Ausprägung des COPD-Hauptsymptoms Dyspnoe (Atemnot). Als Vergleichswert diente bei den Patienten jeweils der TDI-Wert zu Studienbeginn.
Erwachsene mit COPD-Stufe II und -Stufe III mit höchsten zwei Exazerbationen pro Jahr, die mit Indacaterol/Glycopyrronium behandelt wurden, hatten gemäß TDI weniger Atembeschwerden als solche Patienten unter Behandlung mit Tiotropium und Formoterol. Daraus lässt sich ein geringer Zusatznutzen für die neue Wirkstoffkombination ableiten.
Der Schweregrad der Erkrankung ist allerdings ein Effektmodifikator und kann das Behandlungsergebnis beeinflussen. Deshalb ergibt sich in der Gesamtschau bei der Behandlung mit Indacaterol/Glycopyrronium für Erwachsene mit COPD-Stufe II ein Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen und für Erwachsene mit COPD-Stufe III mit höchstens zwei Exazerbationen pro Jahr ein Hinweis auf einen geringen Zusatznutzen.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website Gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.
Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Indacaterol/Glycopyrronium zu finden