Einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sieht das IQWiG bei zwei von insgesamt sieben Patientengruppen: bei einer Infektion mit Hepatitis-C-Viren (HCV) vom Genotyp 1, wenn vorherige Therapien erfolglos geblieben waren und wenn bisher unbehandelte Patienten noch keine Leberzirrhose entwickelt haben. Die Daten zeigen einen Vorteil beim virologischen Ansprechen (SVR): Fast alle Patientinnen und Patienten sind nach der Behandlung virusfrei.
Dossier enthält ausschließlich historische Vergleiche
Das IQWiG hat den Zusatznutzen für insgesamt sieben Patientengruppen getrennt bewertet, wobei sich die Unterscheidung am Genotyp des Virus (1, 3 oder 4), am Stadium der Erkrankung sowie an vorherigen Therapien orientiert.
Direkt vergleichende Studien hat der Hersteller nicht vorgelegt, wohl aber sogenannte historische Vergleiche. Dabei werden Daten aus verschiedenen Studien, in denen jeweils mindestens eine der zu vergleichenden Therapien getestet wurde, einander gegenübergestellt.
Höchstens Anhaltspunkt möglich
Solche Ergebnisse sind aber aus mehreren Gründen anfällig für Verzerrungen. Aussagen zum (Zusatz-)Nutzen lassen sich deshalb generell nur dann ableiten, wenn die Effektunterschiede so groß sind, dass sie nicht allein durch die Verzerrung erklärt werden können („dramatischer Effekt“). Aufgrund der verminderten Aussagesicherheit kann sich aus solchen Daten allerdings höchstens ein Anhaltspunkt ergeben, aber kein Hinweis oder gar Beleg.
Genotyp 1: Nahezu alle Patienten nach der Behandlung virusfrei
Für drei Patientengruppen mit Genotyp 1 hat der Hersteller aus insgesamt mehr als 20 Studien einen historischen Vergleich angestellt, der beim Endpunkt virologisches Ansprechen (SVR) einen dramatischen Effekt zeigt: Nach einer Therapie mit Ledipasvir und Sofosbuvir war bei nahezu 100 % der Patientinnen und Patienten – therapieerfahrene sowie therapienaive Patienten mit und ohne Zirrhose – das Virus nicht mehr nachweisbar. Bei den jeweiligen Vergleichstherapien lag die Erfolgsrate dagegen nur zwischen knapp 35 % und 75 %.
Der Unterschied zwischen den Behandlungen war so groß, dass daraus ein Vorteil für die neue Wirkstoffkombination ableitbar ist. Wie groß dieser Unterschied genau ist, bleibt aber unklar, weil es sich nur um historische Vergleiche handelt.
Wie häufig Leberkrebs verhindert wird, bleibt unklar
Bei therapienaiven Patienten mit Leberzirrhose ist jedoch ein höherer Schaden in Form von Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Deshalb sieht das IQWiG nur bei zwei der drei Genotyp-1-Gruppen einen Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen: nämlich bei therapieerfahrenen und therapienaiven Patienten ohne Lebezirrhose.
Das Ausmaß dieses Zusatznutzens ist jedoch nicht quantifizierbar. Denn es ist unklar, bei wie vielen Patienten, bei denen das Virus nicht mehr nachweisbar ist, tatsächlich Leberkrebs verhindert werden kann.
Kein Zusatznutzen bei weiteren Patientengruppen
Bei keiner der übrigen vier Patientengruppen sieht das IQWiG einen Zusatznutzen von Ledipasvir/Sofosbuvir: Entweder enthält das Herstellerdossier gar keine (HCV-Genotyp 4) oder keine vergleichenden Daten (HCV-Genotyp 3 sowie dekompensierte Leberzirrhose). Für Patienten mit HCV-Genotyp 1, die zugleich mit HIV infiziert sind, hat der Hersteller zwar vergleichende Daten vorgelegt, allerdings sind diese nicht vollständig.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Diese Dossierbewertung ist Teil der frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) verantwortet. Nach Publikation der Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch und fasst einen abschließenden Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt die Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem allgemein verständliche Informationen.