Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragt, den Zusatznutzen des Konjugats bei diesen Patientinnen und Patienten zu prüfen. Dabei unterscheidet er vier Teilpopulationen und zweckmäßige Vergleichstherapien. Für Patienten, die bereits mit Trastuzumab und Taxanen sowie mit Anthracyclinen behandelt worden sind, fand das IQWiG einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. Für die übrigen drei Teilpopulationen ist ein Zusatznutzen nicht belegt.
Antikörper an Mitosehemmer gekoppelt
Stellen die Krebszellen bei lokal fortgeschrittenem oder bereits metastasiertem Brustkrebs übermäßig viel Wachstumsfaktor-Rezeptor HER2 her, verläuft die Erkrankung besonders aggressiv, weil sich die Zellen stark vermehren und kaum auf eine herkömmliche Chemotherapie ansprechen. Bei einem solchen HER2-positiven Brustkrebs kann die Patientin oder der Patient mit dem Antikörperpräparat Trastuzumab behandelt werden, das den Rezeptor blockiert.
Oft reicht das aber nicht aus, um die Ausbreitung des Karzinoms zu stoppen. Nun hat der Hersteller Trastuzumab an einen starken Zellteilungshemmstoff gekoppelt: Während der Antikörper den Rezeptor von außen blockieren soll, soll der Hemmstoff die Tumorzellen von innen zerstören. Ob und wenn ja, welche Patientinnen und Patienten von dieser neuen Therapie profitieren, sollte das IQWiG im Rahmen einer frühen Nutzenbewertung klären.
Je nach Stadium und Vorbehandlung eine andere Vergleichstherapie
Anhand des Brustkrebsstadiums und der bereits durchlaufenen Behandlungen unterscheidet der G-BA vier Teilpopulationen mit je eigener zweckmäßiger Vergleichstherapie. Bei lokal fortgeschrittenem, inoperablem, aber nicht metastasiertem Brustkrebs sollte das neue Konjugat mit einer Strahlentherapie verglichen werden. Bei metastasiertem Brustkrebs, der bereits mit Anthracyclinen, Taxanen und Trastuzumab behandelt worden ist, ist eine Chemotherapie mit Lapatinib und Capecitabin die zweckmäßige Vergleichstherapie.
Bei metastasiertem Brustkrebs, der mit Taxanan und Trastuzumab, nicht aber mit Anthracyclinen behandelt worden ist, hat der G-BA ein Anthracyclin als Vergleichstherapie festgelegt – es sei denn, eine solche Therapie kommt für die Betroffenen nicht infrage. Dann sollte das Konjugat mit einer patientenindividuell abgestimmten Therapie verglichen werden, bei der die Zulassungen der eingesetzten Wirkstoffe zu berücksichtigen sind.
Zusatznutzen nur in einer Teilpopulation ermittelbar
Für drei der vier Teilpopulationen hat der Hersteller keine relevanten Daten vorgelegt: Anstelle einer Strahlentherapie sieht er bei lokal fortgeschrittenem, inoperablem Brustkrebs Lapatinib und Capecitabin als Vergleichstherapie vor. Diese Kombination hält er auch für Betroffene für geeignet, die noch keine Anthracycline erhalten haben. Das widerspricht jedoch der Lapatinib-Zulassung, der zufolge vor der Therapie mit Lapatinib und Capecitabin stets eine Therapie stehen muss, die Antracycline einschließt. Da die Abweichungen von den zweckmäßigen Vergleichstherapien nicht ausreichend begründet werden, ist ein Zusatznutzen von Trastuzumab Emtansin in diesen Fällen nicht belegt.
Für Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs, die bereits Anthracycline erhalten haben, führt der Hersteller Ergebnisse der EMILIA-Studie an. An dieser offenen, randomisierten und kontrollierten Studie haben sich auch Patienten beteiligt, die mit Anthracyclinen vorbehandelt worden waren und nun entweder das Konjugat oder aber Lapatinib und Capecitabin erhielten.
Positive Effekte überwiegen
In dieser Studie zeigten sich sowohl positive als auch negative Effekte von Trastuzumab Emtansin. Die positiven Auswirkungen in Hinsicht auf die Endpunktkategorien Mortalität, gesundheitsbezogene Lebensqualität und schwerwiegende bzw. schwere Nebenwirkungen liefern zusammen einen Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen. So lebte von den Frauen, die Trastuzumab Emtansin erhielten, jede zweite noch nach etwa 31 Monaten – im Unterschied zu 24 Monaten bei Lapatinib und Capecitabin. Auch trat das schwere Hand-Fuß-Syndrom, das von einer Chemotherapie hervorgerufen werden kann, deutlich seltener auf als in der Vergleichsgruppe.
Dem steht bei den nicht schwerwiegenden bzw. nicht schweren Nebenwirkungen ein Anhaltspunkt für einen größeren Schaden gegenüber. Da es sich überwiegend um leichte Fälle von Nasenbluten handelt, wiegt dieser Schaden den Nutzen bei weitem nicht auf.
Insgesamt ergibt sich ein Hinweis auf einen erheblichen Zusatznutzen von Trastuzumab Emtansin – allerdings nur für Patienten mit metastasiertem HER2-positivem Brustkrebs, die zuvor bereits mit Anthracyclinen, Taxanen und Trastuzumab behandelt worden sind.
G-BA beschließt über Ausmaß des Zusatznutzens
Die Dossierbewertung ist Teil des Gesamtverfahrens zur frühen Nutzenbewertung, das der G-BA leitet. Nach der Publikation von Herstellerdossier und Dossierbewertung führt der G-BA ein Stellungnahmeverfahren durch, das ergänzende Informationen liefern und in der Folge zu einer veränderten Nutzenbewertung führen kann. Der G-BA trifft einen Beschluss über das Ausmaß des Zusatznutzens, der die frühe Nutzenbewertung abschließt.
Einen Überblick über die Ergebnisse der Nutzenbewertung des IQWiG gibt eine Kurzfassung. Auf der vom IQWiG herausgegebenen Website gesundheitsinformation.de finden Sie zudem eine allgemeinverständliche Kurzinformation.
Auf der Website des G-BA sind sowohl allgemeine Informationen zur Nutzenbewertung nach §35a SGB V als auch zur Bewertung von Trastuzumab Emtansin zu finden.