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Vorbericht zu Arthroskopie des Kniegelenks bei Gonarthrose veröffentlicht

Trotz breiter Studienbasis kein Nutzen erkennbar / Kein Vorteil gegenüber „Placebo-Chirurgie“

(lifePR) (Köln, )
Der Nutzen der therapeutischen Arthroskopie für Patientinnen und Patienten mit Kniegelenk-Arthrose (Gonarthrose) ist derzeit Gegenstand einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Die vorläufigen Ergebnisse hat das Institut am 10. September 2013 veröffentlicht. Danach lässt sich aus den vorliegenden Studien für die Arthroskopie bei Gonarthrose gegenüber den nichtaktiven und den meisten aktiven Vergleichsinterventionen kein Nutzen feststellen. Lediglich im Vergleich zur Injektion von Glukokortikoiden in das Kniegelenk gibt es bei den Symptomen einen Anhaltspunkt für einen Nutzen der therapeutischen Arthroskopie. Bis zum 9. Oktober 2013 können interessierte Personen und Institutionen schriftliche Stellungnahmen zu diesem Vorbericht abgeben.

Arthroskopie soll Beschwerden lindern

Die Kniegelenk-Arthrose (Gonarthrose) ist eine chronisch fortschreitende Erkrankung, die häufig in beiden Knien zugleich auftritt. Das zunehmende Gelenkversagen ist verbunden mit Veränderungen an der Gelenkstruktur, mit Schmerzen (in Bewegung und in Ruhe) und verminderter Beweglichkeit beim Beugen und Strecken bis hin zu Fehlstellungen und Instabilität im Kniegelenk. Das kann erhebliche Einschränkungen täglicher Aktivitäten (z. B. Treppensteigen) und der Lebensqualität zur Folge haben.

In Deutschland erkranken rund 17 % aller Männer und 27 % aller Frauen im Laufe ihres Lebens an Arthrose, vorwiegend der Hüftgelenke und Kniegelenke. In einem Alter von über 60 Jahren haben laut WHO weltweit rund 10 % der Männer und 18 % der Frauen eine symptomatische Arthrose. Zu Risikofaktoren für die Entwicklung einer Gonarthrose gehören unter anderem Alter, Geschlecht, genetische Faktoren und Übergewicht.

Nutzen für Patientinnen und Patienten entscheidend

Das IQWiG untersuchte den patientenrelevanten Nutzen einer therapeutischen Arthroskopie mit Lavage (Spülung mit Kochsalzlösung) und gegebenenfalls Debridement (Abtragen von Veränderungen an Knochen oder Knorpel). Zum Vergleich standen eine Scheinbehandlung, keine Behandlung oder andere inaktive Vergleichsinterventionen sowie aktive Behandlungen wie Lavage ohne Arthroskopie und Injektionen von Hyaluronsäure oder Glukokortikoiden ins Kniegelenk.

Bei der Frage nach dem Nutzen für die Patientinnen und Patienten waren mehrere Zielkriterien entscheidend: die Symptomatik der Gonarthrose, Schmerz und körperliche Funktionsfähigkeit sowie die globale Bewertung der Symptome anhand von validierten Instrumenten. Weitere relevante Endpunkte für die Bewertung waren die gesundheitsbezogene Lebensqualität und unerwünschte Therapiewirkungen (z. B. Kniegelenksinfektion).

Studienergebnisse nur eingeschränkt belastbar

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler identifizierten nach einer weltweiten Recherche zehn relevante Studien, alle randomisiert und kontrolliert (RCT). Insgesamt 1 190 Patientinnen und Patienten nahmen daran teil, wobei die Spannweite von zehn Personen in einer Pilotstudie bis zu 351 in der größten Studie reichte. Das mittlere Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 46 und 66 Jahren. Die Studiendauer betrug sechs bis 36 Monate, die Hälfte der Studien lief über einen Zeitraum von zwölf Monaten.

Die Ergebnisse von sieben Studien sind mit Unsicherheit behaftet: Die Angaben zur Gruppenzuteilung (Randomisierung) bleiben unklar und überdies wurden die Patienten bei sechs dieser Studien nicht verblindet, das heißt sie und die Behandelnden wussten, ob sie die Arthroskopie oder eine Vergleichsintervention erhielten. Außerdem wurden Angaben zu Symptomen und zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität nicht durch validierte Instrumente erhoben.

Kein Nutzen im Vergleich zu nichtaktiven Vergleichsinterventionen

In fünf Studien wurde als Vergleich zur therapeutischen Arthroskopie keine aktive Vergleichsintervention eingesetzt, sondern eine Scheinarthroskopie, eine diagnostische Arthroskopie oder keine zusätzliche Behandlung. Besonders die Studien, in denen nach einem kleinem Einschnitt am Knie die arthroskopische Operation nur scheinbar, in Wahrheit aber nicht durchgeführt wurde („Placebo“-Operation), sind für die Bewertung aussagekräftig. Aus den häufig heterogenen Studienergebnissen für die Endpunkte Schmerz, körperliche Funktion und globale Bewertung der Symptome lässt sich kein Nutzen der therapeutischen Arthroskopie ableiten. Die einzige Studie, die Daten für den Endpunkt Lebensqualität liefert, zeigt keine Vorteile für die Arthroskopie. In Bezug auf unerwünschte Therapiewirkungen ist die Datenlage unzureichend, sodass keine eindeutige Aussage zum möglichen Schaden der therapeutischen Arthroskopie möglich ist.

Insgesamt lässt sich deshalb für die therapeutische Arthroskopie mit Lavage und gegebenenfalls zusätzlichem Debridement kein Nutzen im Vergleich zu einer nichtaktiven Vergleichsintervention feststellen.

Anhaltspunkt für Nutzen bei einer Vergleichsbehandlung

Die übrigen fünf Studien verglichen die Arthroskopie des Kniegelenks mit aktiven Maßnahmen. Aus den Studienergebnissen zum Vergleich mit Lavage, mit der oralen Gabe von Schmerzmitteln (NSAID) und mit der Injektion von Hyaluronsäure ins Kniegelenk lässt sich ebenfalls kein Nutzen der Arthroskopie ableiten, u. a. weil die Daten teilweise sehr heterogen sind und deshalb keine eindeutigen Schlüsse zulassen. Überdies fehlen in allen vier relevanten Studien Daten zur Lebensqualität und die Datenlage der einzigen Studie mit Angaben zu unerwünschten Therapiewirkungen ist unzureichend.

Nur der Vergleich mit der Injektion von Glukokortikoiden ins Kniegelenk ergab einen Vorteil der Arthroskopie in Bezug auf einen Endpunkt: Allein bei der Symptomatik zeigt sich ein Nutzen, aufgrund des hohen Verzerrungspotenzials allerdings nur mit der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltspunkts. Hinsichtlich der Endpunkte Schmerz und körperliche Funktion ergibt sich kein weiterer Nutzen für die Arthroskopie, weil ein irrelevanter Effekt wegen der großen Streubreite der Ergebnisse nicht ausgeschlossen werden kann. Daten zur Lebensqualität liefert die Studie nicht und zu unerwünschten Therapiewirkungen sind keine Aussagen möglich, weil die Datenlage in dieser Hinsicht unzureichend ist.

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Den vorläufigen Berichtsplan für dieses Projekt hatte das IQWiG im Januar 2012 vorgelegt und um Stellungnahmen gebeten. Diese wurden zusammen mit einer Würdigung und dem überarbeiteten Berichtsplan im Juni 2012 publiziert. Stellungnahmen zu dem jetzt veröffentlichten Vorbericht werden nach Ablauf der Frist gesichtet. Sofern sie Fragen offen lassen, werden die Stellungnehmenden zu einer mündlichen Erörterung eingeladen.

Stiftung für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)

Das IQWiG ist ein unabhängiges wissenschaftliches Institut, das Nutzen und Schaden medizinischer Maßnahmen für Patienten untersucht. Wir informieren laufend darüber, welche Vor- und Nachteile verschiedene Therapien und Diagnoseverfahren haben können.

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