Wer denkt, Bauen mit Lehm sei nur ein Auslaufmodell für denkmalgeschützte Fachwerkhäuser, reibt sich die Augen: in den letzten drei Jahren absolvierten im schleswig-holsteinischen Glücksburg 50 engagierte HandwerkerInnen und Architektinnen, darunter 45 % Frauen, erfolgreich die Schulung und Prüfung zur Fachkraft Lehmbau. Der nachhaltige Baustoff gilt nicht nur als angesagt wegen des erwiesenermaßen vorzüglichen Wohnraumklimas, das durch die Speicherfähigkeit der atmungsaktiven Innenwände erreicht werden kann. Inzwischen hat sich auch herumgesprochen, dass sich Wandheizungen hervorragend in Lehm verbauen und mit Wärmepumpen betreiben lassen. So werden Gesundheit, Geldbeutel und Klima gleichermaßen geschont, denn die Umweltbilanz des oft regional verfügbaren Baustoffs ist unübertroffen.
Voraussetzung dafür ist aber eine professionelle Aus- oder Weiterbildung der agierenden Bauplaner und ausführenden Gewerke, denn Lehm ist nicht gleich Lehm. „Wer nicht allein auf überregionale Sackware zurückgreifen will, muss sich auch mit Materialprüfung auskennen.“ erläutert Werner Kiwitt, Geschäftsführer des artefact-Zentrums, auf dessen Baustelle vor 30 Jahren der Dachverband Lehm gegründet wurde. „Außerdem kommen heute moderne Lehmspritzputztechniken zum Einsatz, die etwa bei der Innenraumsanierung ganz neue Möglichkeiten eröffnen, aber eine professionelle Qualifizierung voraussetzen.“ Bei der Innenwandgestaltung kommen nicht nur mineralische Farben und Pigmente, sondern auch Armierungsgewebe und besondere Werkzeuge zum Einsatz, die bei der Maurer- und Zimmermannsausbildung nicht selbstverständlich sind. An den Kursen der letzten Jahre nahmen gleichermaßen Bauplaner und Architektinnen, Maler, Stuckateurinnen und Zimmerleute teil, sodass sich inzwischen norddeutschlandweit ein Netzwerk qualifizierter Planungsbüros und ausführender Betriebe entwickelt hat. „ Aber wir hatten auch schon Teilnehmer aus der Schweiz, Österreich und Norwegen.“ weiß Kiwitt zu berichten, „denn mit dem bewährten und immer wieder aktualisierten Curriculum ist der Dachverband Lehm europaweit führend.“ Der nächste Kurs in Glücksburg/Ostsee ist geplant für den 5. bis 23. Mai ´25 mit anschließender zweitägiger Prüfung durch die Handwerkskammer Flensburg. Wegen des hohen Praxisanteils ist die Teilnehmerzahl begrenzt. Auch kürzere Einsteigerkurse für Profis und Selbstbauinteressierte zu Lehm, Kalk und Strohbau werden offen ausgeschrieben oder auf Nachfrage maßgeschneidert. Weitere Informationen zu Kursen und Anmeldung finden sich unter artefact.de