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Interview mit dem Festivalleiter Dr. Oliver Langewitz

(lifepr) (Karlsruhe, 18.03.2011) In diesem Jahr findet das Karlsruher Filmfestival Independent Days zum mittlerweile elften Mal statt. Ist die Festivalarbeit für Sie nur noch "Routine"?

Nein, sicherlich nicht. Ganz im Gegenteil. Ein Kulturevent in der Größenordung der Independent Days stellt einen jedes Jahr vor neue Herausforderungen. So wissen wir ja zum Beispiel zu Beginn der Planungsarbeiten noch nicht, welche Filme uns in diesem Jahr erreichen werden, wie sich das Programm zusammen setzen wird. Auch sind wir auf die Unterstützung unserer Sponsoringpartner angewiesen, ohne die wir das Festival nicht stemmen könnten. Hier bestehen seit mehreren Jahren erfolgreiche Kooperationen, die es uns ermöglichen, das Festival stabil zu halten und jedes Jahr ein wenig zu verbessern.

Natürlich ist unser Kernteam, das zum Teil seit den Anfängen mit dabei ist, eingespielt. Jeder kennt seine Aufgaben und die damit verbundenen Handgriffe. Wir benötigen aber jedes Jahr auch neue Helfer in den unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern, die uns bei der Festivalarbeit unterstützen. Hier können wir glücklicherweise auf ein sehr breites Netzwerk zurückgreifen und ich freue mich auch immer wieder, wenn mich junge Menschen ansprechen, die wissen wollen, wie es hinter den Kulissen eines Festivals aussieht. Hier stehen unsere Türen weit geöffnet!

Woher kommen die Filmeinreichungen und wie setzt sich das Programm zusammen?

Uns erreichen Filme aus der ganzen Welt. Das ist unser Anspruch für ein internationales Festival. Aufgrund unseres kleinen Budgets können wir die Independent Days leider nicht optimal im Ausland bewerben, wobei uns das Internet und zahlreiche Film-Plattformen die direkte Ansprache mit Filmemachern ermöglicht. Sicherlich kommen nach wie vor die meisten Einreichungen aus dem deutschsprachigen Raum, wir können aber zunehmend internationale Einreichungen verzeichnen. So zeigen wir in diesem Jahr einen serbischen Spielfilm, einen spanischen sowie einen russischen Kurzfilmblock. Zudem finden sich auch im restlichen Programm Filme aus den USA, aus Polen, Rumänien, Frankreich, Schweden und Italien im Programm.

Die insgesamt 21 Blöcke, die an den fünf Festivaltagen gezeigt werden, setzen sich aus dem Low- und dem No-Budget-Wettbewerb sowie fünf Langfilmen und thematischen Kurzfilmprogrammen zusammen, die einen Überblick über die unabhängige Filmkultur vermitteln sollen. Ich glaube, auch in diesem Jahr ist uns ein spannendes und abwechslungsreiches Programm geglückt, das einen Besuch im Filmtheater Schauburg mehr als wert macht.

Was bedeutet Low- und No-Budget?

Unser Filmfestival sieht sich als Plattform für unabhängige Filmemacher, die mit viel Schweiß, Enthusiasmus und niedrigen Budgets ihre Filmprojekte stemmen. Bei vielen Produktionen greifen die Filmemacher in die eigene Tasche, sie kommen häufig ohne Filmförderung aus und oftmals steht auch kein Verleiher oder Fernsehsender als Financier im Hintergrund.

Bei Low-Budget-Filmen stand zumindest ein gewisses Budget zur Verfügung, normalerweise im vier- bis fünstelligen Euro-Bereich. No-Budget-Filme wurden häufig mit weit niedrigerem Budget, also nahezu zum Nulltarif gedreht. Als Kennzahl dient der Richtwert 2.500 Euro, den ein Film pro Minute Laufzeit gekostet haben darf, um als Low-Budget-Produktion zu gelten. Ein No-Budget- Film liegt hier sogar deutlich darunter.

Mir persönlich gefällt hier aber auch der philosophische Ansatz, der hinter derartigen Produktionen steht: eine Vision umzusetzen, ohne sich redaktionellen Restriktionen von Verleihern, Sendern oder Förderinstitutionen zu unterwerfen, sondern seine Idee so umzusetzen, wie es die vorhandenen Mittel ermöglichen. Da kommen hervorragende, erfrischende Werke zum Vorschein, die fernab des konventionellen Mainstreams begeistern. Das ist in der deutschen Festivallandschaft nahezu ein Alleinstellungsmerkmal, auf das wir sehr stolz sind!

Was sind die Festivalhighlights?

Alle 98 Filme, die unsere Jury aus den über 400 Einreichungen ausgewählt hat, haben nach unserem Bewertungssystem die Jury-Mitglieder überzeugt. Neben den Wettbewerbsblöcken, die sicherlich eine besonders hohe Qualität garantieren, finde ich in diesem Jahr insbesondere die politischen Programmblöcke "Gefangen im System" und "Portrait einer Gesellschaft" sehr spannend. Auch versprechen die ausgewählten Langfilme "Die Farbe", "Menschenliebe" und die Trash-Komödie "Prinz Blechleber und die Murmeln der Freundschaft" einen hohen Unterhaltungswert.

Sie präsentieren manche Blöcke in Zusammenarbeit mit einem Partner. Wie verhält es sich mit diesen Kooperationen?

Ein wichtiger Kooperationspartner und langjähriger Förderer unseres Festivals ist die Kulturstiftung der Sparkasse Karlsruhe, die unseren Low-Budget-Filmpreis mit 1.000 Euro veredelt. In diesem Jahr haben wir zudem erstmalig eine Kooperation mit dem Roncalli-Forum Karlsruhe, in deren Rahmen wir den Dokumentarfilm "Endstation Seeshaupt" zeigen. Ein Film, der meines Erachtens sehr wichtig ist, da er feinfühlig und sensibel die Fahrt eines Todeszuges mit 4.000 Häftlingen nachzeichnet, indem er einen Überlebenden nochmals auf dieser Route begleitet.

Eine zweite Kooperation, die wir eingegangen sind, ist mit der Humanitären Botschaft, in deren Rahmen wir das Kurzfilmprogramm "Humanity Call" zeigen, in der soziale Themen behandelt werden. Durch diese Kooperationen versprechen wir uns, auch Filmen eine breite Plattform bieten zu können, die es aufgrund ihrer Thematik schwer hätten, ein Publikum zu finden, die es inhaltlich und qualitativ aber allemal wert sind, gezeigt zu werden.

Im Rahmen der Preisverleihung am Sonntag, 8. Mai 2011, wird ein Film des 1. Karlsruher Film&Vision-Schul-Contests gezeigt. Was verbirgt sich hinter diesem Wettbewerb?

Unser Festival kooperiert ja auch mit dem Filmboard Karlsruhe e. V., der sich verstärkt mit Medienkompetenzförderung auseinander setzt. Im Rahmen des Contests, der von der Jugendstiftung der Sparkasse Karlsruhe gefördert wird, waren Karlsruher Schulklassen aufgefordert, zu einem der drei Themen Einsamkeit, Freundschaft oder Multikulti ein Filmkonzept einzureichen. Aus allen Einsendungen wählte eine Jury einen Beitrag aus, der dann Anfang 2011 unter der Regie eines professionellen Filmemachers, Sven Maier, realisiert wurde. Ich freue mich sehr, dass der Film auf den Independent Days 11 seine Premiere feiern wird und bin schon sehr gespannt auf das Ergebnis, da ich den Film "In der Nacht sind alle bunten Mäuse grau!" - als einzigen Film des Filmfestivals - auch noch nicht gesehen habe!

Nach dem Festival ist vor dem Festival: Existieren bereits Pläne für die Independent Days 2012?

Eigentlich müsste es heißen: Vor dem Festival ist vor dem Festival, denn wir haben bereits jetzt auch schon wieder die Independent Days 12 im Visier. Wir haben schon die ersten Anfragen vonseiten verschiedener Filmemacher erhalten, die gerne ihren Film einreichen würden. Zudem müssen wir uns bereits jetzt in die Akquise der Kooperationspartner und Förderer begeben, auch der Call for Entries steht wieder an. Und der Erfolg des Festivals lässt unsere Zeitfenster auch immer weiter schrumpfen, sodass wir einen straffen Zeitplan einhalten müssen, um zum Beispiel alle Einreichungen zu sichten. Hier werden die ersten Sichtungstermine sicherlich wieder im Sommer 2011 beginnen und wer sich bemüßigt fühlt, als Jury-Mitglied an der Programmgestaltung mitzuwirken, ist herzlich dazu eingeladen.

Das klingt nach viel Arbeit und Aufwand. Wie wird das Festival finanziert?

Wir erhalten Projektförderung vonseiten der Stadt Karlsruhe und in diesem Jahr werden wir zudem erstmalig durch die Georg-Fricker-Stiftung gefördert. Hierüber freue ich mich besonders, denn dies gibt uns bereits vor dem Festival eine stabile Grundlage, über die wir bestimmte Fixkosten, zum Beispiel die Werbung, die Reisekosten der Filmemacher - leider aufgrund des Budgets aber trotzdem nur in Form eines Zuschusses -, Porto und Ähnliches decken können. Unsere Printunterlagen können wir nahezu durch unsere Werbeeinnahmen decken, dennoch sind wir darauf angewiesen, genügend Besucher anzuziehen, über die wir dann die restlichen Kosten decken können. Denn leider können wir in der derzeitigen Konstellation unseres Festivals keine Landesförderung erhalten, da das Landesfilmkonzept bis dato leider kein Karlsruher Filmfestival vorsieht.

Und: ohne die ehrenamtliche Mitarbeit unserer Teammitglieder wäre das Festival ebenfalls undenkbar. Glücklicherweise haben wir mit der Schauburg und deren Theaterleiter Herbert Born einen engagierten, enthusiastischen Partner beiseite, der mit uns nun bereits seit mehreren erfolgreichen Festivalausgaben immer wieder das Wagnis eingeht, Heimstatt der Independent Days zu sein. Und in diesem wunderschönen Traditionskino das Festivalprogramm zeigen zu dürfen freut und ehrt uns sehr und ich hoffe, dass wir dort noch viele Festivalausgaben realisieren können!

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