Moderne humanrelevante, tierversuchsfreie Forschung hat ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Medizin. Leider wird weniger als 1% der öffentlichen biomedizinischen Fördergelder in Deutschland für diese sinnvolle Forschung eingesetzt. Der durch Sponsoren finanzierte Herbert-Stiller-Preis wird alle zwei Jahre vom bundesweiten Verein Ärzte gegen Tierversuche verliehen, um besonders relevante und innovative biomedizinische Projekte zu unterstützen, die das Potenzial haben, viele Tierversuche zu vermeiden. „Wie bereits bei den vorherigen Ausschreibungen des Preises, haben wir auch dieses Jahr eine große Anzahl an vielseitigen, hoch innovativen und tierfreien Projektanträgen erhalten“, erklärt Dr. Dilyana Filipova, wissenschaftliche Referentin bei ÄgT.
Einer der zwei Preisträger ist Prof. Dr. Peter Loskill von der Eberhard Karls Universität Tübingen. Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe, MicroOrganoLab, hat Prof. Loskill bereits mehrere menschliche „Organ-on-a-Chip“-Modelle entwickelt. Dabei handelt es sich um kleine Vorrichtungen, in denen verschiedene menschliche Zellen und Gewebe kultiviert werden, um die Kommunikation zwischen verschiedenen Zellen zu ermöglichen sowie eine dynamische Analyse und Kontrolle der Versuchsbedingungen zu gewährleisten. In seinem nun geplanten Projekt will Prof. Loskill ein völlig tierfreies „Breast-Cancer-on-Chip“ (Brustkrebs-auf-dem-Chip)-Modell entwickeln. Dieses hoch innovative Vorhaben findet an der Schnittstelle von Biologie, Medizin und Ingenieurwissenschaften statt. Hier werden patientenspezifische Brustkrebs-Organoide (Miniorgane) zusammen mit Fettgewebe in einer Umgebung gezüchtet, die der menschlichen Brust ähnelt. Proben von verschiedenen Patientinnen (z. B. gesund, fettleibig, in den Wechseljahren) werden verwendet, um spezifische Krebsprozesse zu erforschen.
„Obwohl jedes Jahr unzählige Tiere für die Krebsforschung verwendet werden, lassen sich Daten aus diesen Tierversuchen nicht zuverlässig auf den Menschen übertragen, sodass es an wirksamen Therapien mangelt. Humanrelevante Forschungsmethoden wie die Organ-on-Chip-Modelle von Prof. Loskill haben ein enormes Potenzial, nicht nur viele grausame Tierversuche abzuschaffen, sondern auch das Leben der Patienten zu verbessern“, sagt Dr. Filipova.
Dr. Stephan Harm von der Universität für Weiterbildung Krems, Österreich, erhält den anderen Herbert-Stiller-Preis. Im Rahmen seines Forschungsprojekts ist die Entwicklung einer „Blutgefäßkammer“ geplant, in der Stücke der menschlichen Nabelschnur für die Erforschung menschlicher Blutgefäße und der lebensbedrohlichen Blutvergiftung (Sepsis) verwendet werden.
Die beiden Herbert-Stiller-Preise werden durch zweckgebundene Spenden von neun großzügigen Sponsoren finanziert: Florian Buchner, Viviane Frey, Ed Destrée, Margrit Vollertsen-Diewerge, Ralf Hennig und vier weitere Personen, die anonym bleiben möchten. Dr. Filipova: „Wir sind den Sponsoren, die die Unterstützung dieser herausragenden Projekte ermöglicht haben, sehr dankbar.“
ÄgT organisiert zwei Preisverleihungen für die Gewinner in Tübingen/Reutlingen und Krems. Der Herbert-Stiller-Preis wird am 12. Oktober 2023 an Prof. Dr. Peter Loskill und am 10. November 2023 an Dr. Stephan Harm verliehen.
Preisverleihung an Prof. Dr. Peter Loskill:
Termin: 12.10.2023 ab 09:00 Uhr
Veranstaltungsort: NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut, Markwiesenstr. 55, 72770 Reutlingen