Um Patienten vor Schäden zu bewahren, müssen injizierbare Medikamente und bspw. Impfstoffe und Infusionslösungen auf sogenannte Pyrogene getestet werden. Dabei handelt es sich um Substanzen, die Fieber oder eine Blutvergiftung auslösen können. „Diese Testung ist natürlich wichtig und richtig, aber kaum jemand weiß, dass die dadurch erlangte vermeidliche Sicherheit mit dem Leid von Pfeilschwanzkrebsen erkauft wird und ein eigener Industriezweig damit enorme Gewinne erzielt“, erklärt Dr. Johanna Walter, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche.
Jedes Jahr werden allein an der Ostküste der USA über 550.000 Pfeilschwanzkrebse aus dem Meer gefischt und in Blutfabriken transportiert. Dort wird den Tieren ohne Betäubung eine Nadel ins Herz gestoßen und bis zu einem Drittel ihres blauen Blutes abgezapft, aus welchem dann Reagenzien für Pyrogentests gewonnen werden. Viele Tiere überleben diese Prozedur nicht. Und auch die Tiere, die im Anschluss zurück ins Meer gebracht werden, sind durch den Blutverlust geschwächt. Neben dem individuellen Leid der einzelnen Tiere bedroht die Blutgewinnung im industriellen Maßstab auch den Fortbestand der gesamten Art, welche bereits als gefährdet eingestuft ist.
Dennoch geht das Geschäft mit dem Pfeilschwanzkrebs-Blut weiter. Und das, obwohl es auch tierleidfreie Methoden zur Testung auf Pyrogene gibt: Die Bestandteile aus dem Blut der Pfeilschwanzkrebse lassen sich in großen Mengen synthetisch herstellen. Mit dem sogenannten rFC-Test steht seit bereits rund 25 Jahren ein Test zur Verfügung, der die Eigenschaften des Pfeilschwanzkrebs-Bluts nachbildet, nachweislich zu exakteren Ergebnissen führt und für den keine Tiere leiden und sterben müssen. Außerdem gibt es ein Testverfahren, welches menschliche Immunzellen nutzt, den „MAT-Test“.
„Dass trotz der vorhandenen und nachweislich besser geeigneten tierfreien Pyrogentests noch immer das Blut von Pfeilschwanzkrebsen eingesetzt wird, ist ein Skandal“, weiß die Chemikerin. „Es ist außerdem verantwortungslos, nicht nur den Pfeilschwanzkrebsen gegenüber, sondern auch den Menschen. Sich in Zeiten einer Pandemie bei der Testung von Impfstoffen und Medikamenten auf das Blut wildgefangener Tiere zu verlassen, deren Bestand auch noch gefährdet ist, ist einfach unvernünftig und fahrlässig“, so Walter weiter.
Ursächlich für das Festhalten an der grausamen und veralteten Methode dürften vor allem kommerzielle Interessen sein. Ein Liter des blauen Blutes der Tiere wird mit ca. 15.000 € gehandelt und vorsichtigen Schätzungen zufolge werden jedes Jahr über 110.000 Liter des Blutes in den Blutfabriken gewonnen. Ein Umsatz von mindestens 1,65 Milliarden Euro also, den die Konzerne mit allen Mitteln zu verteidigen versuchen. Marktführer ist dabei das US-amerikanische Unternehmen Charles River, welches weltweit - unter anderem auch in Sulzfeld - nicht nur sogenannte Labortiere züchtet und verkauft sondern auch beim LAL Test vom Leid der Tiere profitiert.
Doch nicht nur in den USA, auch in Deutschland werden Gewinne mit dem Pfeilschwanzkrebs-Blut gemacht. Pharmakonzerne scheuen den Aufwand, der mit einer Umstellung auf tierfreie Tests verbunden wäre und in spezialisierten Laboren werden die auf dem Blut der Pfeilschwanzkrebse beruhenden Pyrogentests als Auftragsarbeiten durchgeführt.
Ärzte gegen Tierversuche fordert einen sofortigen Umstieg auf eine tierleidfreie Pyrogentestung. „Pharmakonzerne müssen ihre Sicherheitsbewertungen endlich auf tierfreie Tests umstellen, Auftragslabore müssen den Blut-basierten Test aus dem Programm nehmen und durch modere, tierfreie Methoden ersetzen. Außerdem muss der altertümliche Test auch aus dem Europäischen Arzneibuch gestrichen werden, in dem er noch immer als Methode der Wahl gelistet ist“, resümiert Walter.
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