Die in der vergangenen Legislaturperiode erfolgte Novellierung des Werbeverbots für Abtreibungen (§ 219a StGB) ermöglicht es bereits jetzt jeder abtreibungswilligen Schwangeren, sich eine von der Bundesärztekammer gepflegte, monatlich aktualisierte Liste aus dem Internet zu laden, in der nicht nur sämtliche Arztpraxen, Kliniken und Einrichtungen, die vorgeburtliche Kindstötungen durchführen, mit sämtlichen Kontaktdaten verzeichnet finden, sondern auch die von ihnen jeweils angebotenen Methoden. Einfacher, schneller und umfassender kann sich heute gar nicht informieren, wer die Abtreibung eines Kindes erwägt.
Die angekündigte Aufhebung des § 219a StGB wird daher auch kein „Informationsdefizit“ beseitigen. Das existiert nämlich, wie gerade gezeigt, gar nicht. Stattdessen wird die Streichung des Werbeverbots für Abtreibungen das ohnehin in Teilen der Gesellschaft unterentwickelte Bewusstsein für das Lebensrecht ungeborener Menschen weiter untergraben. Denn es ist praktisch niemandem zu vermitteln, dass etwas, das beworben wird und für das geworben werden darf, eine rechtswidrige und prinzipiell strafbare Handlung darstellt.
Bundesjustizminister Marco Buschmann streut daher auch den Bürgerinnen und Bürgern Sand in die Augen, wenn er behauptet, eine Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen ändere nichts am „Schutzkonzept“ für das Leben ungeborener Kinder, zu dem das Grundgesetz laut der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Staat verpflichtet. Die Bewerbung einer rechtswidrigen und prinzipiell strafbaren Handlung auf den Internetseiten von Arztpraxen, Kliniken und Einrichtungen lässt vorgeburtliche Kindstötungen wie jede andere medizinische Leistung oder Heilbehandlung erscheinen und versieht sie mit dem Anschein der Legitimität.
Es ist bedauerlich, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann schon zu Beginn seiner Amtszeit die Rolle des Ampel-Sandmännchens übernimmt. In Kombination mit der zwischen den Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbarten Prüfung einer Regulierung vorgeburtlicher Kindstötungen außerhalb des Strafgesetzesbuch stellt das von ihm gestern in Berlin vorgestellte Vorhaben einen brutalen Angriff auf das in Artikel 2 Absatz 2 verbürgte „Recht auf Leben“ dar. Wenn es dort heißt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ so ist nun klar: Nach Ansicht der Ampelkoalitionäre schließt „jeder“ ungeborene Kinder offensichtlich nicht länger ein.