Nachhaltigkeit neu lernen
Das Prinzip ist einfach: Man wähle viele kleinere, so genannte Mikroprojekte zur Nachhaltigkeit aus, unterstütze sie mit kleineren Geldbeträgen und stifte so möglichst viele Bürger zu entsprechendem Handeln an. Mit diesem Hintergedanken rief die Stadt Neumarkt (Oberpfalz) 2011 das Förderprogramm "Nachhaltigkeit neu lernen" ins Leben und unterstützte damit unterschiedlichste Nachhaltigkeits-Aktivitäten ihrer Bürger.
Als Neumarkt 2012 den Titel als Deutschlands nachhaltigste Stadt mittlerer Größe gewann lag es nahe, das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld der Allianz Umweltstiftung in Höhe von 35.000 Euro für die Umsetzung des Programms "Nachhaltigkeit neu lernen" zu verwenden. In Abstimmung mit der Stiftung wurden seit Anfang 2013 Mittel für 11 unterschiedliche Mikroprojekte bewilligt. Letzte Woche stellten Oberbürgermeister Thomas Thumann, Stiftungsvorstand Dr. Lutz Spandau und die beteiligten Einrichtungen im Neumarkter Rathaus die abgeschlossenen, laufenden und neuen Mikroprojekte vor.
Viele Kinder und Jugendliche beteiligt
OB Thumann freute sich vor allem über den hohen Anteil der jüngeren Generation an den Nachhaltigkeits-Aktivitäten. Seit dem Start des Programms seien über 70% der Teilnehmer Kinder und Jugendliche gewesen. Und auch was die Nachhaltigkeit des Programms anbelangt, hatte Thumann Erfreuliches zu berichten: "Die Evaluierung hat gezeigt, dass zwei Drittel der geförderten Mikroprojekte auch nach dem Auslaufen der Förderung fortgesetzt werde", so der OB.
Modell für Deutschland
Dr. Lutz Spandau zeigte sich von der Art und Weise, wie das Preisgeld in Neumarkt verwendet wird, sehr angetan: "Die Finanzmittel, die wir zur Verfügung stellen, werden in Neumarkt vorbildhaft und sinnvoll genutzt. Es werden unterschiedlichste Nachhaltigkeits-Projekte angestoßen und miteinander vernetzt sowie viele junge Menschen erreicht." Das Programm "Nachhaltigkeit neu lernen" könne deshalb als Modell für andere Städte in Deutschland dienen, so der Stiftungsvorstand.
Anschließend berichteten verschiedene Einrichtungen über die von ihnen durchgeführten und geplanten Mikroprojekte. Nachfolgend eine Auswahl.
Stromsparen - gewusst wie
Bei dem von den CAH-Werkstätten Neumarkt, einer Einrichtung der Christlichen Arbeiterhilfe e. V., durchgeführten so genannten Stromsparchecks erhalten Haushalte von Transferleistungsempfängern eine kostenlose Beratung zur Reduzierung des Strom- und Wasserverbrauchs. Zusätzlich werden Sparhilfen wie zum Beispiel abschaltbare Steckerleisten oder Durchflussbegrenzer zur Verfügung gestellt.
Die Bilanz des Projektes kann sich sehen lassen: Mit einer Anschubfinanzierung von 5.000 Euro wurden inzwischen fast 85.000 Euro Strom- und Wasserkosten eingespart! Das Besondere des Projektes: Die Beratung übernehmen nicht Profis aus Fachbetrieben oder Behörden, sondern eigens für dieses Projekt geschulte ehemalige Langzeitarbeitslose. Vier Personen fanden dadurch eine Arbeitsstelle und konnten allein 2014 insgesamt 74 Haushalte in Sachen Energiesparen beraten.
Fairtrade-Beratung, Schokolade und Tee
Einen besonderen Service boten 40 Schüler der Berufsschule Neumarkt in sechs Supermärkten der Stadt: Nach entsprechender Vorbereitung im Unterricht informierten die Auszubildenden des Fachbereichs "Einzelhandel und Verkauf" Kunden über fairen Handel und Fairtrade-Produkte. Wer sich dafür Zeit nahm wurde mit Schokolade und Tee belohnt. Von einem erfreulichen Nebeneffekt berichteten die Geschäftsführer der Märkte: Der Verkauf von Fairtrade-Produkten ging an dem Aktionstag deutlich nach oben!
Kräuterschnecke, Holzbackofen und Fairtrade-Experten
An der Grundschule Woffenbach gestalteten Schüler, Lehrer und Eltern gemeinsam den Pausenhof neu - mit Kräuterschnecke, Weiden-Tipis und vielem mehr. Ein anderes Mikroprojekt widmete sich unserem Grundnahrungsmittel Nummer eins, dem Brot: Welche Zutaten benötigt man? Wo kommen diese her? Und vor allem: Wie bäckt man Brot? Das alles lernte die Grundschüler und durften dabei im Holzofen selbst Brot backen. Ein weiteres Projekt startet 2015: Schüler werden zu "Fairtrade-Experten" ausgebildet, unterrichten anschließend ihre Mitschüler und sollen in einem nächsten Schritt dann auch an andere Grundschulen "ausgeliehen" werden.
Papierrecycling mal anders und Solar-Velo-Taxi
Papierrecycling der etwas anderen Art ist vom Diakonischen Werk Neumarkt geplant: Statt in die Altpapiertonne soll Papier, das nur auf einer Seite bedruckt ist, gesammelt, zu Spiralblöcken gebunden und dann als Recyclingpapier der anderen Art verkauft werden. Die Schüler der Mittelschule an der Weinbergstraße dagegen fanden eine pfiffige Lösung für ein häufig auftauchendes Problem: Wie können auf den Rollstuhl angewiesene Mitschüler am Wandertag überall hin mitgenommen werden? Die Lösung: Ein solar betriebenes Fahrrad-Taxi, das die Schüler gemeinsam mit ihrem Lehrer bauen wollen.