Sobek Forschungspreis 2021 für Einblicke in das Immungeschehen direkt am Entzündungsort
Prof. Dr. med. Alexander Flügel, Sobek Preisträger des Jahres 2021, ist international anerkannter Experte in der Grundlagenforschung zur Entstehung und Entwicklung der Multiplen Sklerose in Bezug auf immunologische Reaktionen (Immunpathogenese). Seine bahnbrechenden Ansätze zur Mikroskopie an lebenden Organismen (Intravitalmikroskopie) schafften die Voraussetzungen zur direkten Beobachtung von autoimmunologischen Prozessen im zentralen Nervensystem (ZNS) bei experimentellen Krankheitsmodellen der MS. Seine vielfältigen Erkenntnisse haben zu neuen Sichtweisen der MS-Immunpathogenese geführt und haben das Potenzial, die verschiedenen Stadien der Krankheitsprozesse klarer abgegrenzt zu definieren, um sie therapeutisch effizienter zu beeinflussen.
Es gelang ihm als erstem, die Bewegungsmuster krankmachender (pathogener) T-Zellen bis zur Überwindung der Blut-Hirn-Schranke darzustellen. Seine Methode erlaubt den direkten Blick auf das Geschehen an den Entzündungsorten im ZNS. Erstaunlich auch seine Entdeckung, dass autoaggressive T-Zellen fast mühelos durch das dichte Nervengewebe manövrieren können, bis sie auf lokale Makrophagen treffen und von diesen aktiviert werden. Dies führt zu einer immunologischen Kettenreaktion, die letztendlich den Beginn der Krankheit markiert. Prof. Flügel forscht und lehrt an der Universität Göttingen.
Sobek Forschungspreis 2020 für Meilensteine in der Diagnostik der progredienten MS
Alan Thompson leistete Pionierarbeit bei der Aufklärung der besonders schwer verlaufenden und bis heute nur begrenzt therapierbaren primär progredienten Form der MS. Er hat entscheidend dazu beigetragen, die lange Jahre gültigen McDonald-Kriterien der verschiedenen MS-Verlaufsformen zu erweitern und für Neurologen weltweit verbindlich zu definieren. Diese erweiterten „McDonald-Kriterien“ bilden die Basis für die klinischen Therapiestudien der letzten zwei Jahrzehnte, die einen differenzierteren Einsatz der modernen Therapie-Optionen ermöglicht haben.
Ministerialdirektor Dr. Hans J. Reiter, Amtschef des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, würdigte die Preisträger in seinen Laudationes: „Ihre Arbeiten sind wichtige Puzzleteile, um die Krankheit Multiple Sklerose, ihre Entstehung und ihre Mechanismen zu erkennen und zu verstehen. Auf Ihrer Arbeit, auf den Ergebnissen Ihrer Forschungen ruht die Hoffnung von 2,5 Millionen MS-Kranken weltweit, die heute noch mit der unberechenbaren Erkrankung leben müssen. Auch dank Ihrer Forschungen wird diese Krankheit hoffentlich eines Tages heilbar sein. Die Verleihung des Sobek Forschungspreises für Ihre Lebensleistung unterstreicht die Bedeutung Ihrer Forschung und Ihrer herausragenden wissenschaftlichen Arbeit und unterstützt mit dem Preisgeld Ihr weiteres Engagement."
Sobek Nachwuchspreise der Jahre 2020 und 2022
Mit den diesjährigen Nachwuchspreisen wurde zum einen Prof. Dr. Anne-Katrin Pröbstel für ihre wissenschaftliche Arbeit im Bereich der B-Zell-vermittelten Autoimmunerkrankungen des zentralen Nervensystems ausgezeichnet. Zum anderen ihr Kollege und bisweilen Co-Autor von wissenschaftlichen Arbeiten, Prof. Dr. Lucas Schirmer. Ihm gelang es unter Anwendung der neuesten Techniken von Einzelzellsequenzierungsverfahren, neue zelltypspezifische Krankheitsmechanismen zu identifizieren. Ziel der Arbeiten beider Nachwuchspreisträger ist ein besseres Krankheitsverständnis der MS und die Identifizierung neuer potenziell therapeutischer Zielstrukturen im Gewebe.
2020 hatte die Sobek Stiftung Privatdozent Dr. Benjamin Knier von der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) mit dem Nachwuchspreis ausgezeichnet. Ihm war mittels Optischer Kohärenztomografie (OCT) der Nachweis gelungen, dass bereits im Vorstadium der MS sichtbare Veränderungen der Netzhaut auftreten, die Hinweise auf den späteren Krankheitsverlauf geben können.
Die Sobek Stiftung verleiht ihre Forschungspreise jährlich auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirates. Beim diesjährigen Festakt ehrte die Stiftung erneut führende Wissenschaftler, die mit ihren Forschungsergebnissen neue Perspektiven für die Diagnose und Therapie der MS als Autoimmunerkrankung eröffnen. Seit dem Jahr 2000 investierte die Sobek Stiftung mehr als 2,8 Millionen Euro zugunsten der MS-Grundlagenforschung.
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Erkrankung des Zentralnervensystems. Aus bislang noch unbekannter Ursache werden die Schutzhüllen der Nervenbahnen an unterschiedlichen Stellen angegriffen und zerstört, Nervensignale können in der Folge nur noch verzögert oder gar nicht weitergeleitet werden. Die Symptome reichen von Taubheitsgefühlen über Seh-, Koordinations- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Lähmungen. Die bislang unheilbare, aber mittlerweile behandelbare Krankheit bricht gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr aus. In Deutschland leiden rund 250.000 Menschen an MS. Weltweit sind schätzungsweise 2,8 Millionen Menschen an MS erkrankt.
Roman, Marga und Mareille Sobek Stiftung
Mit dem Sobek Forschungspreis der Stiftung aus Renningen, Baden-Württemberg, werden jährlich seit dem Jahr 2000 richtungsweisende Leistungen von Wissenschaftlern an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bereich der Multiplen Sklerose und der dazugehörenden Grundlagenforschung ausgezeichnet. Entscheidungskriterien sind allein Qualität und Exzellenz der Forschungsleistung. Es kann sowohl eine außerordentliche wissenschaftliche Einzel- als auch eine Gesamtleistung gewürdigt werden. Darüber hinaus kann ein Nachwuchspreis verliehen werden.
Die Sobek Stiftung verleiht ihren Forschungspreis auf Vorschlag eines wissenschaftlichen Beirates in Zusammenarbeit mit der AMSEL, Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e.V. und der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V. (DMSG). Die Schirmherrschaft für die Preisverleihung hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Baden-Württemberg.
DMSG, Bundesverband e.V.
Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und derzeit rund 830 örtlichen Kontaktgruppen ist eine Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, knapp 4.000 engagierten ehrenamtlichen Helfern und 290 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG rund 44.000 Mitglieder. Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D. Weitere Informationen unter www.dmsg.de.