Details: Dem Autor Dr. Hanns-Werner Hey gelingt es in seinem packenden Buch, von einer Zeit der Ausgrenzungen, des Mangels, der Demütigungen und vom Kampf seiner Eltern nach dem Krieg um Anerkennung beim Aufbau einer neuen Existenz als Zahnärzte in Kulmbach locker zu erzählen. „Ich habe dieses Buch für meine Enkelkinder geschrieben. Mir war es wichtig, dass dieser Teil der Geschichte nicht in Vergessenheit gerät“, so Hey. „Da aber Freunde das Buch interessant und lesenswert fanden, habe ich es nun veröffentlicht.“
Aus dem elterlichen Rückblick auf fünf Tonbandkassetten, Briefen und eigenen Erinnerungen erzählt Hey in lebendigen Bildern und Short Stories von einem kleinen Jungen, der beim Blick aus dem elterlichen Wohnzimmer in Schlesien einen Mann ohne Kopf gesehen zu haben glaubt, der sich in Eile auf ein unklares Ziel zu bewegte. Dieses Bild dient ihm als Metapher für die spätere Suche nach sich selbst in einer neuen Umgebung, in der er sich nach Zugehörigkeit und Orientierung sehnt. Das Buch schildert die naive Gutgläubigkeit der Familie und ihrer Freunde während der Kriegsjahre in Schlesien, berichtet von der dramatischen Flucht nach Kulmbach, dem Glück des Überlebens und vom Mut, der Kraft und der Improvisationsfähigkeit auf sich allein gestellter Frauen - von ihren körperlichen und seelischen Verletzungen. Der existentielle Kampf der Eltern „hat mir eindringlich klargemacht, dass nur das, was man gelernt und im Kopf hat, einem niemand mehr wegnehmen kann“, so Hey.
Der Leser folgt gespannt den negativen und positiven Erfahrungen des Kindes und Heranwachsenden, erfährt, wie mühsam die Eltern erst in Mangersreuth und dann in Kulmbach Fuß fassen, nimmt teil an den harten Ferienjobs des Autors im Tiefbau und in einem Ruhr-Stahlwerk, wo er die Lebensrealität der Arbeiter wahrnimmt, schüttelt gemeinsam mit ihm den Kopf über Rückschläge und Ablehnung in der Pestalozzi-Schule sowie über uninteressierte Lehrer und freut sich mit ihm über die, die ihn motivieren und fordern und die seiner Familie hilfsbereit beistehen.
„Meine Eltern hatten unmittelbar nach dem Krieg 2 Flüchtlingsfamilien im Haus wohnen. Damals hat in jedem Zimmer eine ganze Familie gelebt, das muss schon sehr eng gewesen sein. Durch dieses Buch konnte ich besser verstehen, wie es meinen Eltern und den Flüchtlingen nach dem Krieg ging“, so Heike Hain, Mitarbeiterin in der Bibliothek Kulmbach. „Ich finde, dieser Teil der Kulmbacher Geschichte sollte für jedermann zugänglich sein und habe das Buch daher der Bibliothek gegeben“.
Der Mann ohne Kopf von Hanns-Werner Hey
Erschienen im März 2016. Das Taschenbuch ist erhältlich im Buchhandel und über Amazon unter ISBN 978-3-7375-9177-5. 280 Seiten. Preis: 17,99€
Zum Autor:
Hanns-Werner Hey, 1939 in Schlesien geboren und in Kulmbach aufgewachsen, hat nach dem Studium in München, Tübingen und Heidelberg 35 Jahre als Zahnarzt und Medizinjournalist gearbeitet und dabei die Themen „Qualität der zahnärztlichen Behandlung und Prophylaxe“ bearbeitet. Dazu hat er mehrere Publikationen veröffentlicht – 1977 Buch Die Kranke Apollonia – 1979 3-teilige SPIEGEL-Serie Gutes Geld für schlechte Zähne – 1986 Buch Gesunde Zähne (Piper) – 1994 Buch Ratgeber Zähne (Ullstein Medicus) –1994 Zahnmedizin heute (AgV) und viele Beiträge in Fachmedien.
Nach dem Ende der Praxistätigkeit 2005 medizinische und zahnmedizinische Entwicklungshilfe-Einsätze in Ladakh, Äthiopien und Kirgistan, letztere mit jährlichen Filmdokumentationen und Reiseberichten (www.kirgistan-hilfe.de).
Das häufig zu beobachtende Desinteresse bei Jugendlichen an Politik und Geschichte, die Unzufriedenheit über die Flüchtlinge und das mangelnde Verständnis für Zusammenhänge vieler Mitbürger waren Anlass und Motivation zu dem Buch Der Mann ohne Kopf