Nach ersten Testkaufserien in den Jahren 2003 und 2004 haben beide Kammern die Schlagzahl der unangekündigten Apothekenbesuche deutlich erhöht: Seit dem Jahr 2005 wurde zwischen Rhein und Ruhr exakt 11.654 Testkäufe gezählt. Wurde bei den ersten Testkäufen zunächst nur die grundsätzliche Beratungsbereitschaft der Apotheken auf den Prüfstand gestellt, so gehen die pharmazeutischen Fachprüfer heute sehr viel stärker ins Detail: "Zu unseren Testkaufszenarien zählen ebenso Symptompräsentationen - als Beispiele seien Husten, Fußpilz, Verstopfung, Durchfall oder Kopfschmerzen genannt - wie ein konkreter Präparatewunsch des Patienten", erläutert Lutz Engelen. "Uns geht es dabei um die Erhebung der tatsächlich geleisteten pharmazeutischen Qualität und nicht um populistische Schnellschüsse."
Gabriele Regina Overwiening ergänzt: "All unsere Testkäufe werden daher von pharmazeutischem Fachpersonal durchgeführt. Sie können aufgrund ihrer Ausbildung die Qualität besonders gut bewerten und auch anspruchsvollere Überprüfungen vornehmen als Laien." Dazu gehören zum Beispiel Fälle mit Problemlösungen wie der Wunsch einer jungen Frau nach einem Johanniskraut-Präparat. Dessen Einnahme kann die Wirkung der Antibaby-Pille aufheben und somit eine unerwünschte Schwangerschaft ermöglichen.
67 Prozent der Beratungen umfassend bzw. angemessen
Die Auswertung der Gesamtergebnisse aller bisher in NRW durchgeführten Testkäufe bescheinigt zwei von drei Apotheken (67 Prozent) eine umfassende bzw. angemessene Beratung. In all diesen Gesprächen wurde ermittelt, für wen konkret das Arzneimittel bestimmt sei, Details zur Erkrankung erfragt und Hinweise zur Anwendungsdauer gegeben. Als verbesserungswürdig bewertete die Kammer 30,3 Prozent der Beratungen. Dies seien insbesondere die Testkauf-Szenarien, bei denen es um einen konkreten Präparatewunsch ging. In 2,7 Prozent der besuchten Apotheken erfolgte - auch auf Nachfrage - keine Beratung.
Konstruktive Verbesserungsvorschläge
Sämtliche getesteten Apotheken werden von den Kammern in Nachgang über die Resultate informiert. "Bei schwerwiegenden Verstößen, die glücklicherweise die seltene Ausnahme sind, ergreifen wir selbstverständlich Sanktionen", betont Lutz Engelen. Schließlich sei die Beratung der Kernbereich der apothekerlichen Tätigkeit. "Aber wir belassen es nicht bei kritischen Anmerkungen, wir unterbreiten den Apotheken zugleich konstruktive Verbesserungsvorschläge." Dazu zählen u. a. auch Team-Schulungen in der Apotheke zum Themenkreis Beratung und Kommunikation.
Erfreulich und zugleich beruhigend für die Patienten: Auch in den Apothe-ken, die Mängel in der Beratung zeigten, wurde nahezu durchgängig eine optimale Therapieempfehlung gegeben. Lediglich in etwa einem Prozent der Beratungen zu frei verkäuflichen Arzneimittel hätte aus Sicht der Kammern ein besser verträgliches Arzneimittel empfohlen werden können.
Kammern testen objektiv und transparent
"Die Ergebnisse der immer wieder in Deutschland durchgeführten populistischen Apothekentests basieren zumeist auf den subjektiven Eindrücken von nur einem oder zwei Testern. Und oft steht leider das Ergebnis schon vor den Tests fest", so Overwiening und Engelen. Demgegenüber gewähren die Testreihen der Apothekerkammern in NRW durch die Vielzahl der pharmazeutischen Fachprüfer und die zentrale Gesamtauswertung ein höchstmögliches Maß an Objektivität und Neutralität. Grundlage aller Tests sind die Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung "Information und Beratung des Patienten bei der Abgabe von Arzneimitteln". "Unsere Ergebnisse sind transparent und daher von jeder Stelle nachprüfbar", betonen die Spitzenvertreter der beiden Heilberufskammern.