Zwei Umweltaspekte im Rechtsstreit, so kann man die Klage wohl zusammenfassen: Ein Hausbesitzer, der auf dem Dach eine Solaranlage errichten wollte, hatte den Rückschnitt zweier Platanen beantragt. Sie standen laut ARAG Experten auf öffentlichem Grund und beeinträchtigten den Stromgewinn, weil sie die Anlage verschatteten. Doch die Behörde lehnte ab. Und auch die anschließende Klage vor Gericht blieb für den Grundstückseigentümer erfolglos. Denn obwohl bei einer Solaranlage hinsichtlich des Ausbaus der erneuerbaren Energien von öffentlichem Interesse auszugehen ist, gibt es gleichrangige Aspekte, die dem entgegenstehen. Hier war es der Baumschutz, dem Vorrang vor dem Klimaschutz eingeräumt wurde. Die Richter entschieden daher gegen den Rückschnitt und wiesen die Klage ab: Nur Gründe des Allgemeinwohls können eine Aufhebung des Baumschutzes erfordern. Diese waren mit der privaten Solaranlage nicht gegeben (Verwaltungsgericht Düsseldorf, Az.: 9 K 7173/22).
Wieviel ist ein zerstörter Baum wert?
Ein Mann hatte zwei etwa 70 Jahre alte Bäume seiner Nachbarin derartig radikal zurückgeschnitten, dass unklar war, ob die Pflanzen den Extrem-Schnitt überhaupt überleben. Die erboste Baumbesitzerin verklagte ihren Nachbarn daraufhin mit fragwürdigem Erfolg: 4.000 Euro gestanden ihr die Richter immerhin in erster Instanz zu, die ursprünglich geforderten 35.000 Euro Schadensersatz fanden sie bei aller Liebe zur Natur doch reichlich übertrieben. Damit wollte sich die Frau aber nicht zufriedengeben und zog weiter. Wieder mit Erfolg: Denn für die Richter des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ging es nicht allein um Wertminderung der traktierten Bäume und die Kosten für die Entsorgung des Schnittmaterials. Auch wenn grundsätzlich für einen zerstörten Baum kein Ersatz in Gestalt einen ausgewachsenen neuen Baumes zu leisten ist, muss ihrer Ansicht nach im Einzelfall auch der Zweck der derart gestutzten Bäume berücksichtigt werden. Der lag laut Klägerin darin, naturnah als Lebensraum für Tiere und zur Umwandlung von Kohlenstoff in Sauerstoff zu dienen. Und dieser Zustand lässt sich mitunter nur wiederherstellen, wenn an derselben Stelle vergleichbare Bäume gepflanzt werden. In einem solchen Fall kann also eine Wiederbeschaffung verlangt werden. Was laut ARAG Experten nichts anderes meint, als einen bereits groß gewachsenen Baum zu pflanzen. Hohe Kosten drohen also für den Schnippel-Nachbarn. Aber vorher gab es Hausaufgaben fürs Landgericht: Das OLG verwies die Sache zurück, um die genaue Funktion der Bäume final aufzuklären (OLG Frankfurt am Main, Az.: 9 U 35/23 v. 6.2.24 und LG Frankfurt am Main, Az.: 2-07 O 264/20).
Baum-Rückschnitt um jeden Preis?
Hängen Zweige über ein Grundstück, darf man diesen Überhang in der Regel beseitigen, ohne den Besitzer der Pflanzen um Erlaubnis zu fragen. Doch jede Regel hat ihre Ausnahme. Denn wenn es sich um alten oder empfindlichen Baumbestand handelt, kann die Beseitigung tabu sein, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Beschnitt zum Absterben der Gehölze oder einem erhöhten Risiko dafür führt. In einem konkreten Fall wollte ein Mann selbst zur Heckenschere greifen, als sein Nachbar die mehrfache Bitte um Rückschnitt ignorierte. Er wohnte hangabwärts und fühlte sich gestört durch mehrere hohe Bäume, die auf sein Grundstück ragten und dort Laub, Äste, Zweige und Früchte zurückließen. Sein Pech: Es handelte sich um über 30 Jahre alte Bäume. Zudem stelle ein Sachverständiger fest, dass erstens das Grundstück des genervten Nachbarn gar nicht großartig beeinträchtigt war und zweitens eine Entfernung des Überhangs zu massiven Schädigungen des alten Baumbestandes führen würde. Am Ende wurde die Nachbarklage auf Rückschnitt abgewiesen (Landgericht Köln, Az.: 6 S 27/20).
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