Die meisten Menschen erfreuen sich im Herbst an den golden gefärbten Blättern - solange diese noch an den Bäumen hängen. Die Begeisterung lässt aber schnell nach, wenn das Laub vom Boden zusammengekehrt und entsorgt werden muss. Richtig schlechte Laune kommt regelmäßig auf, wenn es sich nicht nur um das eigene Laub handelt, sondern um das des Nachbarn. Muss man sich auch um diese Blätter kümmern oder kann man den benachbarten Grundstückseigentümer für die Entsorgung heranziehen? Hat man eventuell sogar einen Anspruch auf Fällung des unliebsamen Baumbestands? ARAG Experten geben Antworten:
Bevor jetzt vorschnell ein lautstarker Streit vom Zaun gebrochen wird, empfiehlt sich ein Blick auf die Rechtslage. Das sog. Nachbarschaftsrecht ist nicht abschließend und kompakt in einem Gesetzestext mit bundesweiter Geltung geregelt. Es handelt es sich vielmehr um eine durch eine Vielzahl von Urteilen, landes- und bundesrechtliche Regelungen geprägte Rechtsmaterie.
Das Problem des jährlich wiederkehrenden Laubfalls versuchte der (Landes-) Gesetzgeber im ersten Schritt u.a. dadurch zu lösen, dass er in den Nachbarschaftsgesetzen die Grenzabstände regelte. So muss im Regelfall ein deutlicher Abstand zwischen Baum und Grundstücksgrenze bestehen, es sei denn, es handelt sich um einen "Grenzbaum". Insbesondere bei Herbststürmen werden die Grenzen vom herunterfallenden Laub aber nicht respektiert und landen zum Teil auf dem eigenen, zum Teil auf dem benachbarten Grundstück. In diesen Fällen gibt es keine Lösung, die sich unmittelbar aus dem Gesetz herauslesen lässt.
Wenn aber die Grenzabstände eingehalten wurden, die Äste nicht beeinträchtigend rübergewachsen sind (sog. Überhang) und auch kein extremer, die Grundstücksnutzung wesentlich beeinträchtigender Laubbefall vorliegt, wird man vor den Gerichten auch keinen Erfolg damit haben, das Entfernen bzw. Zurückschneiden von Bäumen und Sträuchern zu verlangen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen die streitgegenständlichen Bäume von einer Baumschutzverordnung erfasst sind, wissen ARAG Experten.
Nur wenn der Befall die Benutzung eines Grundstücks "wesentlich" beeinträchtigt und nicht ortsüblich ist, müssen Äste abgesägt oder der Baum gefällt werden (Bundesgerichtshof, Az.: V ZR 102/03). Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) können Grundstückseigentümer von ihren Nachbarn das Zurückschneiden von Bäumen, die wegen ihrer Höhe den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, allerdings nicht mehr verlangen, wenn die dafür in den Landesnachbarrechtsgesetzen vorgesehene Ausschlussfrist abgelaufen ist.
Im Regelfall ist das herübergewehte Laub (auch Nadeln, Tannenzapfen, Samen, Blüten) also hinzunehmen. So hat das Landgericht Saarbrücken entschieden, dass es im Hinblick auf die positive Funktion der Bäume im Naturhaushalt und ihre »Wohlfahrtswirkung « zumutbar ist, dass der Grundstückseigentümer Beeinträchtigungen durch Laubfall vom Nachbargrundstück hinnimmt (Az.: 11 S 363/86). Als Konsequenz musste er also selbst das gefallene Laub beseitigen oder es auf seine Kosten beseitigen lassen.