Klar nachgefragt: Sind Schottergärten gesetzlich verboten?
Tobias Klingelhöfer: Die korrekte Antwort lautet: Schottergärten sind nicht erlaubt. Baurecht – und darunter fällt auch die Anlage von Gärten und Vorgärten – ist Ländersache und nicht in allen Bundesländern ist ein explizites Verbot genannt. Aber: In allen Länderbauordnungen ist festgesetzt, dass sogenannte ‚nicht überbaute Flächen von bebauten Grundstücken‘ wasseraufnahmefähig anzulegen und zu begrünen oder zu bepflanzen sind. Und diese Verpflichtung erfüllt ein Schottergarten nicht. Ob mit dem Garten die Vorgaben der jeweiligen Bauordnung erfüllt werden, ist im Einzelfall von der unteren Bauaufsichtsbehörde zu prüfen.
Dennoch sieht man noch häufig recht graue Vorgärten, gibt es Ausnahmen?
Tobias Klingelhöfer: Ausnahmen gibt es in der Tat. So sind bestimmte Nutzungen zulässig, wie zum Beispiel Pflasterungen für Pkw-Stellplätze. Diese müssen allerdings in einem ‚vertretbaren Rahmen‘ liegen und im Bebauungsplan des Grundstücks festgelegt sein. Schottergärten gehören allerdings grundsätzlich nicht zu diesen Ausnahmen. Dass man ihnen trotz dieser Tatsache noch oft begegnet, liegt vor allem daran, dass die Bauaufsichtsbehörden in den Kommunen, denen die Überprüfung von Bauplänen unterliegt, vielfach überfordert sind. Kontrollen erfolgen somit nur unzureichend. Dazu kommt die fehlende Klarheit im Gesetz. Diverse Bundesländer haben darauf reagiert, und so haben zum Beispiel Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Baden-Württemberg ihre Landesbauordnungen nachgeschärft und die Anlage von Schottergärten untersagt. Bremen, als eines der letzten Länder, untersagt Schottergärten bei Neubauten und gibt Besitzern bestehender Anlagen noch Zeit für die Begrünung bis Ende 2026. Um es aber noch einmal deutlich zu sagen: Diese Zusätze sind lediglich Klarstellungen der oben genannten, ohnehin bestehenden Regelung bezüglich Begrünung und Wasserdurchlässigkeit des Grundstücks.
Und was passiert Hausbesitzern, wenn die Kontrollen doch vorgenommen werden?
Tobias Klingelhöfer: Auch das ist unterschiedlich, nicht nur in den Ländern, sondern auch in einzelnen Gemeinden und Kommunen. Dort, wo das Verbot inzwischen klar formuliert ist, können durchaus Geldstrafen drohen und diese sind empfindlich hoch. In anderen Fällen werden lediglich der Rückbau und die Begrünung angeordnet, aber auch das kostet natürlich. Aus diesem Grund haben einige Gemeinden nun stattdessen Anreize geschaffen: Sie bieten Zuschüsse an, wenn aus dem Schottergarten eine entsiegelte und begrünte Fläche wird. So unterstützt zum Beispiel Solingen in Nordrhein-Westfalen diese Veränderung mit rund 1.000 Euro. Außerdem gibt es eine kostenlose Erstberatung und Gestaltungskonzepte.
Verständnis würde sicher auch zur Kooperation der Bürger beitragen. Was ist denn der genaue Hintergrund für das Aus der Schottergärten?
Tobias Klingelhöfer: Vor allem das Wort ‚Wasserdurchlässigkeit‘ sagt es deutlich. Es geht darum, dass Wasser versickern können muss und das ist in Schottergärten nicht nur schwieriger als bei Rasenflächen, sondern teilweise sogar unmöglich. Denn viele dieser Anlagen sind mit Vlies oder Folien unterlegt, die den Boden regelrecht versiegeln. Ein wirkliches Problem, insbesondere bei Starkregen. Hinzu kommt, dass sich hohe Temperaturen im Kies sammeln, den Boden weiter erhitzen und nachhaltig unfruchtbar machen. Ein weiterer großer Vorwurf: Immer mehr Lebensraum für Tiere und Insekten verschwindet; das Artensterben wird mit befeuert.
Aber trotz der genannten Zuschüsse bleibt das Problem mit der späteren Pflege…
Tobias Klingelhöfer: Es ist ohnehin ein Irrtum, dass Schottergärten so pflegeleicht sind. Man hat durchaus mit Unkraut und Schmutz zu kämpfen und beides zu beseitigen macht viel Arbeit. Man kann durchaus Gärten anlegen, die nicht zu pflegeintensiv und sogar altersgerecht für Senioren sind. Zum Beispiel sind Steingärten im Gegensatz zu Schottergärten noch erlaubt. Dabei werden dekorative Steine so aufeinandergesetzt, dass dazwischen verschiedenste Stauden gesetzt werden, die nicht viel brauchen. Also eine winterharte und vor allem bienenfreundliche Lösung.
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