Für Bremen hat diese Entwicklung besondere Bedeutung. Die Zahl der Menschen, die ein Jahr und länger arbeitslos sind, ist heute höher als im Jahr 2009 und hat gegenüber 2010 kaum abgenommen. Im August 2011 waren rund 15.000 Menschen langzeitarbeitslos. Insgesamt sind im Land Bremen über 38.000 Personen arbeitslos. Davon haben weit mehr als die Hälfte keine abgeschlossene Berufsausbildung. Knapp die Hälfte, 17.500, sind Frauen und 4.000 sind jünger als 25 Jahre.
Vor diesem Hintergrund kritisieren wir die massiven Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik. Die geplante Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente beschneidet die Möglichkeiten erheblich, eine Arbeitsmarktpolitik für alle zu betreiben. Durch die Kürzungen und die Instrumentenreform verengt sich stattdessen der Fokus der Arbeitsmarktpolitik auf die Vermittlung derer, die mit geringen Kosten und Mühen schnell integrierbar sind. Aus unserer Sicht haben aber alle Menschen einen Anspruch auf Teilhabe durch Arbeit - und alle Akteure, vor allem die Bundesregierung, tragen hierfür die Verantwortung. Also müssen auch Instrumente zur Verfügung stehen, die allen eine solche Teilhabe ermöglichen und - sei es auch in kleinen Schritten - den Weg in Richtung ersten Arbeitsmarkt ebnen oder den direkten Übergang ermöglichen.
Die momentane Entspannung auf dem Arbeitsmarkt und der steigende Bedarf an Fachkräften bieten große Chancen, auch diejenigen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, für die es in schlechteren Zeiten keine Beschäftigung gab. Zugleich besteht die Möglichkeit, Niedrigverdiener zu qualifizieren, um ihnen den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Diese Chancen aber hat die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik nicht im Blick. Gesellschaftspolitische und gestaltende Möglichkeiten werden damit verpasst.
Für das Land Bremen bedeuten die Vorgaben der sich abzeichnenden Arbeitsmarktpolitik zum einen eine dramatische Reduzierung der Mittel um rund 35 Prozent in beiden Städten. Insgesamt fehlen 2012 fast 33 Millionen Euro im Vergleich zu 2010, um Arbeitslose zu fördern bzw. zu qualifizieren. Zum anderen wird die arbeitsmarktpolitische Instrumentenreform auch das Ende des "Bremer Wegs" in der öffentlich geförderten Beschäftigung bedeuten, mit sozialversicherungspflichtigen Jobs den sozialen Zusammenhalt zu befördern. Von jetzt knapp 700 Menschen, die in den Stadtteilen notwendige und integrierende Arbeit leisten und so für Halt und Identität sorgen, blieben nach der Reform noch 200 übrig. Und selbst hier wird die Förderung jedes einzelnen Arbeitslosen um ein Viertel gesenkt, das von den betroffenen Menschen jetzt zusätzlich erwirtschaftet werden muss.
Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag den Anspruch nach einer "regional ausgestaltete Arbeitsmarktpolitik erhoben, welche die differenzierten Probleme Bremens und Bremerhavens wahrnimmt und zielgenaue Antworten gibt". Diesen Anspruch teilen wir. Die neue Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung zielt in eine andere Richtung. Das Bundesland Bremen wird nicht in der Lage sein, die im Bund beschlossenen Kürzungen und die Folgen der Instrumentenreform zu kompensieren. Gleichwohl müssen regional alle Möglichkeiten genutzt werden - von der Bereitstellung von Landesmitteln aus allen Ressorts bis hin zur Einflussnahme auf die Förderpolitik von Agentur und Jobcenter. Nur so kann trotz allem eine möglichst hochwertige regionale Arbeitsmarktpolitik gemacht werden, die Antworten auf die Probleme vor Ort findet. Nur so wirken wir einer weiteren Spaltung des Arbeitsmarktes und damit der Gesellschaft entgegen.