Mit dem diesjährigen Leitmotiv des ASSIMA Marketing-Kongresses "Mehr Umsatz durch mehr Frequenz. Das Thema des Handels" hatte ASSIMA Geschäftsführer Siegfried Despineux zielsicher eines der Themen in den Mittelpunkt gestellt, das den Handel über alle Branchen hinweg seit langem bewegt. "Fehlende Frequenz in den Innenstädten ist ein Problem im Handel, das wir nicht erst seit gestern kennen. Mit einer Tendenz zu wertigen Marken und damit verbunden zu kontinuierlich steigenden Durchschnittsbons können wir das zurzeit zwar kompensieren, doch für die Zukunft gilt es, mit einem ausgeklügelten Mix an Aktivitäten die Kundenfrequenz wieder zu steigern". Mit diesen Worten begrüßte Despineux Mitglieder und Referenten zum Marketing-Kongress in Leipzig.
Durch die Veranstaltung führte Prof. Kaapke, zugleich auch Referent, der als erste Vortragende des Tages Jeanette Huber, Mitglied in der Geschäftsleitung im Zukunftsinstitut und Inhaberin JH Business Speaker Consultant willkommen hieß. Der Titel ihres Referats lautete "Zukunftsszenarien des Handels" und setzte sich mit handelsspezifischen Megatrends und ihren Auswirkungen auseinander. Einer der Megatrends ist die Überalterung der Gesellschaft, gekennzeichnet vor allem durch Heterogenität hinsichtlich Lebensstil und Lebensentwürfen. Fakt ist: Die Älteren, schon heute die einzig wachsende Zielgruppe, erfordern eine differenzierte Ansprache. Wenn von Megatrends die Rede ist, dürfen natürlich auch das Thema "Vernetzung" und die fortschreitende mobile Internet-Nutzung nicht fehlen. Huber forderte die ASSIMISTEN auf, die steigende Vernetzung zu nutzen und das Internet verstärkt als Marketinginstrument einzusetzen. Alle Trends münden in Veränderungen in der Beziehung zwischen Handel und Konsument und zukünftig, propagierte Huber, müsse das Ladengeschäft zu einem Ort der sozialen Beziehung-en werden und der Kunde zu einem Freund, zu dem man eine Beziehung des gegenseitigen Vertrauens unterhält.
Mit Ulrich Eggert, Ulrich Eggert Consulting.Köln, begrüßte Kaapke den nächsten Referenten, der mit seinem Vortrag "10 Ideen für mehr Umsatz - Vorschläge für mehr Frequenz, Wachstum und Ertrag im Lederwaren-Einzelhandel" für ein wahres Feuerwerk an Informationen und Ideen sorgte. Eggerts generelle Empfehlungen für den ASSIMISTEN waren, sich auf die Kundenbedürfnisse zu konzentrieren, bei allen Geschäftsprozessen auf Networking zu setzen, Hilfsfunktionen auszugliedern und bei besonderen Fähigkeiten Insourcing zu forcieren. Für eine erfolgreiche Zukunft wichtig sind natürlich auch Innovationen, allerdings nicht mehr nur Produktinnovationen, sondern ebenso Leistungs-, Prozess-, Format- oder Sozial-Inno-vationen. Weiter braucht der Lederwaren-Einzelhandel Emotionen sowie schwer kopierbare Faktoren wie Einzigartigkeit, Schnelligkeit, Offenheit, Emotionen, Maßarbeit, Vernetzung und Technisierung, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Darüber hinaus setzt Eggert auf Social Marketing, empfiehlt den ASSIMISTEN allerdings aufgrund von Aufwand und Kosten eine noch engere Zusammenarbeit mit der Zentrale, denn Marktdaten zeigen, dass kooperierende Unternehmen Marktanteile gewinnen, Einzelgänger verlieren. Der Kosteneffekt solcher Kooperationen liegt bei zwei bis vier Prozent vom Umsatz und das, so Eggert "...kann schon über Sein oder nicht Sein entscheiden".
Der Einfluss des Preises auf den Kauf von Produkten ist eine für den Handel bekannte Größe. Wie stark aber sein Einfluss wirklich ist und inwieweit der Preis ein "Gewinntreiber mit großer Bedeutung" ist, das zeigte der nächste Referent, Prof. Dr. Peter Kenning von der Zeppelin Universität, Friedrichshafen mit seinem Vortrag "Erfolgreiches Pricing: Auswirkungen auf Umsatz und Ertrag". Um die Bedeutung der Preispolitik zu demonstrieren, legte Kenning zunächst mittels einer Gewinnformel dar, wie unterschiedliche Variablen den Gewinn beeinflussen und dass dem Preis als "Gewinntreiber" besondere Bedeutung zukommt. Aber, so Kenning, "leider wirkt das auch in die andere Richtung, also bei einer Preissenkung." Er empfahl, Preis-senkungen wenn überhaupt nur moderat und differenziert, auf keinen Fall aber auf das gesamte Sortiment bezogen, einzusetzen. Weiter beschäftigte er sich mit der Frage, warum Preissenkungen keinen Beitrag zur Kundenbindung leisten (können). Ergebnisse aus der Neurowissenschaft zeigen, dass das Preisempfinden im Gehirn dort sitzt, wo auch Schmerz wahrgenommen wird, während die Kundenloyalität im Bereich der Belohnungen angesiedelt ist. Darum können auch Preissenkungen neuronal keinen Einfluss auf die Kundenloyalität haben. Sie reduzieren lediglich den Schmerz, belohnen aber nicht.
Als nächstes betrat Renate Heiderich, Inhaberin der Münchener Agentur Shift Thinking, mit ihrem Vortrag "Lokales Branding: Marketingetats sinnvoll einsetzen" die Bühne. Zentrales Thema war die Orientierung des Konsumenten im Dschungel des Überangebots an Marken und Informationen. Dafür ist es wichtig, als Marke, die auch als solche wahrgenommen wird, mit dem Kunden in Kontakt zu treten, mit ihm zu kommunizieren. Zwischen der Marke, in diesem Fall den ASSIMISTEN und dem Konsumenten gibt es unzählige Touchpoints, von denen in der Regel aber nur ein Bruchteil genutzt wird. Diese Berührungspunkte, die vor und nach dem Kauf existieren, sind vor allem vor dem Hintergrund der lokalen Ansprache des Kunden von großer Bedeutung. Der Einfluss von Social Media ist auch hier nicht von der Hand zu weisen. Das Internet wird immer mehr zu einem wichtigen Einkaufsratgeber, wobei Informationen aus einem Blog laut einer Untersuchung der LMU München "ehrlicher" wirken als die auf einer Website. Heiderich erläuterte beispielhaft, wie sich Touchpoints - sowohl off- als auch online - miteinander verknüpfen lassen, und animierte die ASSIMISTEN, sich Maßnahmen zu überlegen, die eben diese Touchpoints in die Kommunikation miteinbeziehen.
Letzter Referent des Tages war Prof. Dr. Andreas Kaapke, Inhaber Prof. Kaapke Projekte und Dozent an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit seinem Vortrag "Stationärer Handel versus Online: Wer gewinnt?"
Zur Verdeutlichung von Vor- und Nachteilen simulierte Kaapke einen Online-Einkaufsvorgang sowie einen Einkauf im stationären Lederwarenhandel und verglich Angebot, Kauferlebnis, Kauf- oder Nichtkauf, Umtausch und Bezahlung/Retoure miteinander. Dabei zeigte sich schnell, dass viele vermeintliche Vorteile des Online-Shoppings wie das größere Angebot, die problemlose Retoure oder der Bezahlvorgang sich auf den zweiten Blick durchaus als nachteilig erweisen. So kann das Überangebot an Produkten schnell zur "Consumer Confusion" führen. Im stationären Handel hingegen trifft der Händler bereits eine Vorauswahl für den Kunden. Retouren sind auch beim Internet mit Zeit- und vor allem Kostenaufwand verbunden, und der Bezahlvorgang birgt immer die Unsicherheit in sich, ob auch wirklich alles geklappt hat. Auch das Einkaufserlebnis punktet mit eindeutigen Vorteilen für den stationären Handel. Spätestens bei der korrekten Farbabbildung und der Haptik verliert das Internet gegenüber dem stationären Handel. Wichtiger Moment im Einkaufsprozess ist die Prüfung des Preises. Jemand, der preissensibel ist, wird auf jeden Fall im Internet vergleichen. Ist der Online-Preis günstiger, stellt sich die Frage, wie über andere Dinge der höhere Preis im stationären Handel positiv verargumentiert werden kann. "Doch der Krieg wird nicht an der Preisfront gewonnen", so Kaapke, "wenn das Äquivalent Erlebnis, Beratung, Dienstleistung, Service, Atmosphäre, Wohlfühlen, Auswahl ist und den Preisnachteil kompensiert." Einen eindeutigen Vorteil schreibt Kaapke dem Online-Handel im Hinblick auf die Öffnungszeiten zu. Online kann rund um die Uhr bestellt werden, hier kann der Kunde bei der Online-Bestellung durchaus Zeit sparen, der Vorgang erscheint dadurch bequemer. Fazit von Kaapke: "Der stationäre Handel weist deutlich mehr Vorteile auf als der Online-Handel. Aber gefühlt glauben die Menschen, dass es anders sei. Das kommt daher, weil die stationären Händler zu sehr in "Sack und Asche" gehen. Die Kompetenz der Händler muss kontinuierlich und konsequent nach außen getragen werden."
Siegfried Despineux ging nach dem Referat von Prof. Kaapke nochmals auf die Schwerpunkte des Tages ein und fasste abschließend zusammen, künftig müsse die gesamte Klaviatur der Marketinginstrumente gespielt werden, um am Markt anders und besser differenziert auftreten zu können.
Doch die ASSIMA Zentrale konnte ihre Mitglieder nicht nur mit einem spannenden und informationsreichen Tag begeistern, sondern auch mit einem abwechslungsreichen und nicht minder spannenden Rahmenprogramm, das von der Stadtführung über einen Abend im jahrhundertelangen Treffpunkt der Kaufleute, der Alten Börse, bis hin zum Besuch des Barfußgässchens, dem Szenekneipenviertel Leipzigs , reichte.