"Köhler hat zu Recht festgestellt, dass der Test für Glaubwürdigkeit im eigenen Land beginnt. Diesen Test hat er in seiner Rede aber selbst nicht bestanden", betonte der Pedram Shahyar. Wer globale soziale Gerechtigkeit fordere, könne sich nicht positiv auf Reformen wie die Agenda 2010 und Hartz IV beziehen, die die soziale Ungleichheit im eigenen Land vergrößern.
"Um glaubwürdig für globale soziale Gerechtigkeit eintreten zu können, hätte Köhler zumindest Korrekturen am Arbeitslosengeld II fordern müssen, die allen Menschen auch hier zu Lande ein menschenwürdiges Leben oberhalb der Armutsgrenze ermöglichen", sagte er.
Nicht haltbar ist laut Philipp Hersel, der die entwicklungspolitische Organisation Blue 21 im bundesweiten Attac-Rat vertritt, die Aussage des Bundespräsidenten, die neoliberale Globalisierung habe die Armut weltweit verringert und auch den Menschen in den Ländern des Südens mehr Wohlstand gebracht. Sowohl innerhalb der Gesellschaften als auch global stünden wenigen Globalisierungsgewinnern viele -verlierer gegenüber; die Schere zwischen Arm und Reich werde größer.
Zu Köhlers Forderung, die Vereinten Nationen zu stärken und die internationalen Finanzinstitutionen sowie die internationale Welthandelsorganisation WTO stärker an sie heran zu führen, sagte Philipp Hersel: "Nehmen wir ihn beim Wort. Eine Stärkung der Vereinten Nationen hieße, die Ausnahmestellung der UN-Sonderinstitutionen IWF und Weltbank zurückzunehmen und im Gegenzug die Welthandels- und Entwicklungskonferenz UNCTAD zu stärken".
Auf Ablehnung stieß der Vorschlag des Bundespräsidenten, dem IWF die Kontrolle über die internationalen Finanzmärkte zu übertragen. "Damit würde der Bock zum Gärtner gemacht", kritisierte Philipp Hersel. In Horst Köhlers Amtszeit als Geschäftsführender Direktor (2000 - 2004) habe der IWF die Finanzmärkte noch weiter Leine gelassen als zuvor.
"Warum sollte ausgerechnet diese Organisation geeignet sein, sie wieder einzufangen?", fragte der Globalisierungskritiker.