Auf einer Untersuchungsfläche von etwa 880 m2 und in Tiefen zwischen 0,5 m und 1,2 m unter dem heutigen Fußbodenniveau sind auch bei eisigen Temperaturen täglich bis zu vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie Sachsen im Einsatz. Ca. 220 archäologische Befunde und mehrere hundert Einzelfunde aus der Zeit vom 14. bis in das 20. Jahrhundert konnten bislang freigelegt und dokumentiert werden. Zu den wichtigsten unter ihnen zählen Mauerrelikte aus dem 15. Jahrhundert, also noch aus der Zeit vor Errichtung von Schloss Augustusburg. Die Grundmauern sind deutlich mächtiger als die aufsitzenden Mauern der ehemaligen Stallungen. Offensichtlich sind hier Mauerzüge der alten Burganlage als Fundamente für den Neubau der Stallungen wiedergenutzt worden. Da über dieses Areal im Bereich der Schlossanlage bislang archäologisch wenig bekannt war, ist die Entdeckung ein wesentlicher Erkenntnisgewinn zur Baugeschichte von Burg und Schloss.
Des Weiteren wurden flächige Pflasterungen aus dem 16. Jahrhundert und Reste eines Holzdielenbodens des 18./19. Jahrhunderts freigelegt. Die ältesten Keramikfragmente aus einer Planierschicht unter dem Fußboden können in das 14. Jahrhundert datiert werden. Es fanden sich auffällig viele Nägel und Nagelfragmente, möglicherweise auch von Hufeisen, die auf die Nutzung als Pferdestall hinweisen. Sehr häufig finden sich auch Dachschieferfragmente, die nachträglich in Mauern verbaut wurden und eventuell von Dächern burgzeitlicher Gebäude stammen. In Aufplanierungen aus dem 15. Jahrhundert sind deutliche Abbruchschutt- und Brandspuren von Brandereignisse zu erkennen, über die die bekannten schriftlichen Quellen zur Burg der Schellenberger sowie zum Schloss Augustusburg schweigen.
Die Grabungen dauern noch bis Mai 2023 an. Bis dahin wird in allen von der Baumaßnahme betroffenen Räumen bis zur geplanten Bautiefe gegraben. Sämtliche Funde werden im Landesamt für Archäologie Dresden gesäubert, eventuell restauriert, dokumentiert und wissenschaftlich bearbeitet. Die genaue Auswertung wird sich noch weit über die eigentliche Grabungszeit hinausziehen. Im Anschluss erfolgt die Bewahrung der Funde im Archäologischen Archiv Sachsen.
Bauherr des gesamten Projekts Kutschenmuseum ist der Freistaat Sachsen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Chemnitz. Das gesamte Stallgebäude im Wirtschaftshof des Schlosses wird ausgebaut, um in Zukunft im kompletten Erdgeschoss auf etwa 1100 m2 ein modernes Kutschenmuseum zu präsentieren. Dazu mussten in einem ersten Bauabschnitt zwei neue Gebäude errichtet werden, um bisher anders genutzte Räumlichkeiten im Stallgebäude zu ersetzen. Die geplanten Kosten liegen derzeit bei 7 Millionen Euro. Aufgrund der Funde, wie beispielsweise den breiten Stützmauern aus dem 15. Jahrhundert, mussten einige Ausführungsdetails umgeplant werden. Dazu zählt beispielsweise die Planung der Medienkanäle an den Außenwänden.
Im neuen Kutschenmuseum werden 30 Exponate aus mehr als drei Jahrhunderten zu sehen sein und den Besuchern detailgetreue Einblicke in die Nutzung von Kutschen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert ermöglichen. „Mit diesem Museum knüpfen wir an unsere Arbeit an, Schloss Augustusburg, seine Museen und Schätze spannend, interaktiv und erlebnisorientiert präsentieren zu können. Es ist ein wichtiger Meilenstein um auch in Zukunft dem Besucher auf diese Weise ein besonderes Kulturerlebnis zu vermitteln“, freut sich Patrizia Meyn, Geschäftsführerin der Augustusburg/Scharfenstein/Lichtenwalde Schlossbetriebe gGmbH.
Besondere Highlights sind ein Kutschensimulator in dem Besucher selbst die Zügel in die Hand nehmen und so eine Kutschfahrt nachempfinden können sowie ein Explosionsmodell einer Kutsche. Beim interaktiven Kutschenrennen erfahren Jung und Alt wie schnell man mit den unterschiedlichen Modellen unterwegs sein konnte. Präsentiert in zu damaligen Zeiten typischen Landschafts- und Alltagsszenen erwachen die herrschaftlichen Wagen und zweckmäßigen Fortbewegungsmittel zu neuem Leben. Prachtvolle Kutschen wie der Galawagen des sächsischen Hofes von 1860, der zur Hochzeit der sächsischen Prinzessin Maria Josepha mit dem österreichischen Erzherzog Otto Franz Josef im Jahre 1886 als Hochzeitswagen genutzt wurde, zeugen von der imposanten Handwerkskunst.
Ansprechpartner zum Pressetermin vor Ort waren:
- Patrizia Meyn
Geschäftsführerin der Augustusburg/Scharfenstein/Lichtenwalde Schlossbetriebe gGmbH
- Christiane Hemker
Landesamt für Archäologie Sachsen, Referatsleiterin Südwestsachsen und Montanarchäologie - Ramona Winter
Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Niederlassung Chemnitz