- Ramsauer will abgelaufene Kfz-Kennzeichen wiederbeleben
- Unterschiedliche Kombinationen in einem Zulassungsbezirk möglich
- Bundesrat muss Änderungsplänen zustimmen
- ARCD: "Es gibt wichtigere Probleme"
Viele vertraute Fahrzeugkennzeichen verschwanden in den vergangenen Jahrzehnten von den Straßen. Ursache ist die Zusammenlegung von Kommunen und Landkreisen als Folge von Verwaltungsreformen. Hunderte von regionalen Kennzeichen stehen noch auf einer behördlichen Auslaufliste und dürfen nicht mehr neu vergeben werden. Doch jetzt gibt es Hoffnung für die Anhänger früherer oder bedrohter Alt-Kennzeichen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer plant mit einer Verordnung (Drucksache 371/12) die Wiederbelebung nostalgischer Gefühle.
Bundesverkehrsminister Ramsauer will damit nach Worten seiner Sprecherin "die regionale Identifikation der Autofahrer mit ihrer Heimat in ganz Deutschland ermöglichen". Für die meisten Autofahrer seien die Kennzeichen eine "Herzensangelegenheit" und Ausdruck von Heimatverbundenheit. Der ARCD informiert über Einzelheiten im Zuge der geplanten Änderungen in der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV):
- Nur die Bundesländer können die Wiederzulassung von abgelaufenen - oder gänzlich neuen Buchstabenkombinationen beim Verkehrsministerium beantragen. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis wären pro Verwaltungsbezirk auch mehrere Buchstabenkombinationen möglich - mit dem Ergebnis, dass künftig Nachbarn im gleichen Ort unterschiedliche Kombinationen am Fahrzeug führen. Auch Kennzeichen mit Jux-Charakter sollen möglich sein, solange sie nicht "sittenwidrig" sind. Frühere DDRKennzeichen werde es laut Verkehrsministerium aber nicht wieder geben.
- Derzeit sind nach Angaben des Ministeriums 406 aktuelle und 353 auslaufende Unterscheidungskennzeichen im Umlauf. Rund neun Millionen Halter in Deutschland seien von auslaufenden Kennzeichen betroffen. Das Verkehrsministerium schätzt, dass davon höchstens fünf bis zehn Prozent einen Antrag auf Kennzeichenänderung stellen würden. Der zeitliche und finanzielle Aufwand schrecke viele ab. An Kosten entstünden 26 Euro Verwaltungsgebühren und etwa 20 Euro für die Schilder, wie bei einer Neuzulassung.
- Voraussichtlich im September wird sich das Länderparlament mit der neuen Verordnung befassen. Es gilt als unsicher, ob alle Bundesländer zustimmen und sich an der Änderung beteiligen. Medienberichten zufolge will ausgerechnet Bayern, das Heimatland von Verkehrsminister Ramsauer, die Neuregelung verweigern.
Kritiker der Pläne von Bundesverkehrsminister Ramsauer befürchten durch die Änderungen bei der Kfz-Zulassung ein beträchtliches Durcheinander bei den Fahrzeugkennzeichen in Deutschland. Schon jetzt können in mehreren Bundesländern Fahrzeugbesitzer ihr Kennzeichen in einen anderen Zulassungsbezirk mitnehmen. Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnt vor einem Anstieg ungeklärter Ordnungswidrigkeiten und Straftaten und kritisiert die Lockerung bei den Auto-Kennzeichen als "Klamauk-Politik". Nach Beobachtungen des ARCD wären viele Autofahrer eher an einer Wiedereinführung von nicht mehr zulässigen ovalen Nationalitäts-Aufklebern an den Fahrzeugen interessiert. Das winzige Nationalitätszeichen innerhalb der Euro-Kfz-Schilder sei nämlich kaum zu entziffern.
Der Club befürchtet noch längere Wartezeiten bei vielen Zulassungsstellen als bisher, wenn Fahrzeughalter die Abfertigungsschalter mit Änderungswünschen in Beschlag nehmen. "Es gibt doch viel wichtigere Probleme als die romantische Retrobewegung rund um die Wiedereinführung historischer Fahrzeugkennzeichen", sagt ARCD-Generalsekretär Jürgen Dehner - und nennt beispielhaft die immer weiter steigenden Spritpreise, einen vielerorts miserablen Zustand der Straßen, E10, den im Scheitern befindlichen Gigaliner-Feldversuch und die halbherzige Ausweitung der Lkw-Maut.