- Kommission schlägt City-Maut und Abgabe auf allen Straßen vor
- ARCD kritisiert Pläne für eine Abgabe auf allen Straßen ...
- ... und begrüßt Vorschläge für einen zweckgebundenen Finanzierungsfonds
- "Staatliche Abzocke" im Verkehrsbereich keine Erfindung der Neuzeit
Als Leiter der Kommission "Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung" stellte jetzt Sachsen-Anhalts Ex-Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre den in Cottbus versammelten Länder-Ressortchefs einen Zwischenbericht vor. Darin findet sich eine Reihe von Vorschlägen für die Finanzierung des klammen Verkehrsbudgets. Jährlich fehlen laut Bundesverkehrsministerium für Instandhaltung, Aus- und Neubau der deutschen Verkehrsinfrastruktur rund 7 Mrd. Euro.
Der Fehlbetrag teilt sich auf in 3 Mrd. Euro für kommunale Straßen und den öffentlichen Personennahverkehr, 2 Mrd. Euro für die Schiene, 1,5 Mrd. Euro für Bundesfern- und Landesstraßen und 0,5 Mrd. Euro für Wasserstraßen. In einem TV-Beitrag drohte Baden- Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) schon einmal mit kaputten Straßen, verlotterten Schienenwegen, nicht funktionierendem Nahverkehr und alten Omnibussen, wenn Finanzierungsquellen ausblieben. Als mögliche Einnahmequellen schlägt die Daehre-Kommission eine entfernungsabhängige Abgabe für Autos auf allen überörtlichen Straßen und örtlichen Hauptverkehrsstraßen sowie eine City-Maut für Städte und Ballungsgebiete vor.
"Eine City-Maut wird es in absehbarer Zeit nicht geben", prophezeit ARCD-Generalsekretär Jürgen Dehner. "Die meisten Länderminister, Abgeordneten, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, Autoclubs und großen Städte sind aus ganz unterschiedlichen Gründen dagegen." Bayerns Innenminister Hermann bezeichnete die City-Maut treffend als eine Schnapsidee. "Was uns aber alarmiert", sagt Dehner, "sind Gedankenspiele für eine Infrastruktur-Abgabe von Autofahrern, wie sie auch in dem Papier stehen. Durch die Hintertür könnte eine solche Sondersteuer schnell zu einer generellen Straßenmaut mutieren, die dann möglicherweise wieder dazu genutzt wird, Haushaltslöcher statt Schlaglöcher zu stopfen."
"Irgendwer muss das Geld bezahlen", forderte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger in Cottbus. "Und am besten diejenigen, die die Verkehrswege benutzen", fügte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz hinzu. Aus Sicht des ARCD ist diese Forderung schlichtweg unverfroren. Schließlich leisten Autofahrer schon heute durch Mineralölsteuer, Versicherungssteuer, Mehrwertsteuer für Neuwagen und Reparaturen und durch viele weitere direkte und indirekte Steuern und Abgaben einen wichtigen Beitrag zum Bundeshaushalt. Nach Schätzungen von Experten steuern Autofahrer in Deutschland jährlich mindestens 40 Mrd. Euro bei. Bereits seit 1971 ist eine Zweckbindung nach dem Prinzip
"Straße finanziert Straße" zwar gesetzlich verankert, wird aber per Haushaltgesetz seither jedes Jahr faktisch außer Kraft gesetzt. Der ARCD befürchtet, dass dieses Schicksal jeder neu erschlossenen Geldquelle für den Verkehrshaushalt droht. Der Club begrüßt daher ausdrücklich den Vorschlag der Daehre-Kommission für einen speziellen Verkehrsfonds, dessen Mittel voll in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Vorerst soll der Fonds mit der bereits vorhandenen Lkw-Maut für Fahrzeuge ab zwölf Tonnen Gewicht und den Einnahmen aus Kfz- und Energiesteuern gespeist werden. Auch eine Ausweitung der Mautklassen auf kleinere Lkw ab 3,5 Tonnen Gewicht, wie sie der ARCD zuletzt im August gefordert hat, und eine Busmaut für Touristen- und Fernlinien sollen neue Einnahmequellen erschließen. Ihren endgültigen Bericht hat die Kommission für Dezember 2012 angekündigt.
Staatlicher Erfindungsreichtum zur Erschließung von Einnahmequellen im Verkehrsbereich ist freilich keine Erfindung von heute. Schon der Geheime Rat Johann Wolfgang von Goethe, seit 1782 Finanzminister im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, kannte kreative Steuerideen.
Zu seiner Zeit gab es in Weimar eine Bierfuhrsteuer, eine Pferdepassagiersteuer, eine Stadtpflastersteuer und etliche Wege-, Brücken- und Geleitgelder. ARCD