Emodepsid stammt ursprünglich von dem japanischen Unternehmen Astellas und wurde von der Bayer HealthCare Division Animal Health für die Anwendung in der Tiermedizin weiterentwickelt. In präklinischen Studien hat sich der Wirkstoff als wirksam erwiesen, erwachsene Fadenwürmer (Makrofilarien) abzutöten; somit hat er Potenzial als makrofilarizides Medikament für die Behandlung von Patienten mit Flusskrankheit. Astellas hat Bayer die Rechte überlassen, Emodepsid in diesem Sinne zu entwickeln.
Seit mehr als 20 Jahren gibt es großangelegte Programme zur Behandlung und Kontrolle von Fadenwurmerkrankungen wie der Flussblindheit, bei denen ganze Bevölkerungsgruppen Medikamente erhalten. Diese sogenannten Massenbehandlungen sind zwar durchaus erfolgreich, müssen jedoch in regelmäßigen Abständen von sechs bis zwölf Monaten wiederholt werden, und dies für bis zu 17 Jahre (dies entspricht der Lebensdauer der erwachsenen Würmer). Der Grund dafür: Bisher verfügbare mikrofilarizide Medikamente töten nur junge Würmer (Mikrofilarien) ab. Eine Behandlung mit einem Makrofilarizid wie Emodepsid, das die ausgewachsenen Würmer abtötet, könnte die Dauer der Massenbehandlungen dramatisch reduzieren und zudem in Regionen und unter Bedingungen eingesetzt werden, wo die Anwendung von Mikrofilariziden nur eingeschränkt möglich ist.
„Wir müssen auf die Erfahrung und den Fortschritt der vergangenen 20 Jahre aufbauen und neue Impulse für die Forschung und Entwicklung geben. Mit neuen Mitteln könnten wir die Flussblindheit in den betroffenen Ländern Afrikas schneller eliminieren“, sagt Dr. Bernard Pécoul, Geschäftsführer von DNDi. „Durch die Kooperation mit Bayer zur Weiterentwicklung von Emodepsid hoffen wir, eine neue, sichere und kürzere Behandlung zur Verfügung stellen zu können, die an die Bedürfnisse der Menschen vor Ort angepasst ist. Zugleich wollen wir öffentlichen Gesundheitseinrichtungen der Länder, die seit langem von der Flussblindheit betroffen sind, einen neuen Therapieansatz anbieten.“
„Die Bereitstellung von Medikamenten für die Behandlung von vernachlässigten Krankheiten wie Chagas oder der afrikanischen Schlafkrankheit sind seit vielen Jahren ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Engagements“, sagt Dr. Olivier Brandicourt, Vorsitzender des Vorstands der Bayer HealthCare AG. „Wir freuen uns, DNDi dabei zu begleiten, bessere und besser geeignete Therapien für Patienten mit vernachlässigten Krankheiten zu entwickeln.“
Im Rahmen der getroffenen Vereinbarung ist DNDi für die präklinische und klinische Entwicklung von Emodepsid verantwortlich und Bayer für die pharmazeutische Weiterentwicklung, die Herstellung, Zulassung und Lieferung des Medikaments. Sollte sich Emodepsid in den verschiedenen Phasen der Medikamentenentwicklung als erfolgreich erweisen, stellt der Vertrag sicher, dass das Medikament zum niedrigstmöglichen Preis erhältlich sein wird, und somit für die derzeitig 31 Länder Afrikas, in denen die Krankheit endemisch ist, erschwinglich und zugänglich ist.
Die Rechte für die Nutzung von Technologien oder Daten, die während der Zusammenarbeit generiert werden, erlauben es beiden Partnern, das Projekt mit Dritten fortzuführen, sollte einer der Unterzeichner sich aus dem Projekt zurückziehen. So werden die Entwicklung und der Zugang zu Emodepsid zum Wohl der Patienten sichergestellt.
Flussblindheit (Onchozerkose)
Die Onchozerkose oder Flussblindheit kommt in 36 Ländern in Afrika, der arabischen Halbinsel und in Zentral- und Südamerika vor. Mehr als 25 Millionen Menschen weltweit sind davon betroffen, mehr als sechs Millionen Menschen leiden an beträchtlichen Einschränkungen und 270.000 Menschen sind durch die Krankheit erblindet. Die Infektion behindert die wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Regionen. Die Angst vor einer Ansteckung über infizierte Kriebelmücken führt dazu, dass fruchtbare Gegenden in der Nähe von Flüssen verlassen werden. Die ausgewachsenen parasitischen Fadenwürmer können mehr als 15 Jahre im menschlichen Körper überleben. Die erwachsenen weiblichen Würmer produzieren Millionen von Mikrofilarien, die zu ernsthaften Einschränkungen der Sehkraft bis hin zur Erblindung führen, sowie zu Läsionen und farblichen Veränderungen der Haut und starkem Juckreiz. Weibliche Kriebelmücken nehmen junge Fadenwürmer auf, wenn sie infizierte Menschen stechen. Einige dieser Mikrofilarien können zu infektiösen Larven heranwachsen und beim nächsten Stich dieser Kriebelmücke auf andere Menschen übertragen werden, wo sie dann weiter leben.
Potenzielle Vorteile eines makrofilariziden Medikaments gegen die Flussblindheit
- Mögliche Verkürzung der Therapie, denn Massenbehandlungen mit derzeit verfügbaren Medikamenten müssen über einen Zeitraum von bis zu 17 Jahren wiederholt werden.
- Mögliche Anwendung in Regionen, in denen der Einsatz von Mikrofilariziden nur eingeschränkt möglich ist. Dies betrifft Patienten mit Flussblindheit, die zugleich mit Loa loa (afrikanische Augenwurmkrankheit) infiziert sind und eine hohe Anzahl an jungen Würmern im Blut aufweisen. Durch die Behandlung dieser Patienten mit verfügbaren Medikamenten kann es zu ernsten Nebenwirkungen kommen, wahrscheinlich durch das massenhafte Absterben der jungen Loa-Würmer. Zu den Nebenwirkungen gehören Hirnschäden (Enzephalopathie), die tödlich sein können.
- Mögliche Nutzung für einzelne Patienten (Fallmanagement), im Gegensatz zu Massenbehandlungen.
Emodepsid
Der Wirkstoff stammt ursprünglich vom japanischen Pharmaunternehmen Astellas. Es wurde von der Bayer HealthCare-Sparte für Veterinärmedizin weiter entwickelt und als Antiwurmmittel (Antihelminthikum) für die Behandlung von Katzen und Hunden vertrieben, dies in Kombination mit Praziquantel (Profender™) und in Kombination mit Toltrazuril (Procox™). Nachdem der Wirkstoff sich in der Tiermedizin bewährt hat, wurde in Tierversuchen die Relevanz bei menschlichen Erkrankungen nachgewiesen. So tötete Emodepsid ausgewachsene Fadenwürmer in präklinischen Studien ab, eine einzigartige Eigenschaft, die auf eine kürzere Therapiemöglichkeit für die Behandlung von infizierten Patienten hoffen lässt.
Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi)
Die Drugs for Neglected Diseases initiative (DNDi) ist eine not-for-profit-Organisation im Bereich Forschung und Entwicklung, die sich der Bereitstellung von neuen Therapien für die am meisten vernachlässigten Krankheiten widmet. Dazu gehören die Schlafkrankheit (Humane Afrikanische Trypanosomiasis), die Chagas-Krankheit, Leishmaniose, Fadenwurmerkrankungen (Filariosen) und die Behandlung von Kindern mit HIV/Aids. Seit der Gründung im Jahr 2003 hat DNDi sechs neue Behandlungen zur Verfügung gestellt: zwei Fixed-Dose-Behandlungen gegen Malaria (ASAQ and ASMQ); eine Nifurtimox-Eflornithin-Kombinations-Therapie (NECT) für das fortgeschrittene Stadium der Schlafkrankheit; eine Kombinationstherapie aus Natriumstibogluconat und Paromomycin (SSG&PM) für die viszerale Leishmaniose in Afrika; eine Reihe an Kombinationstherapien gegen viszerale Leishmaniose in Asien; und eine pädiatrische Version von Benznidazol gegen die Chagas-Krankheit.
www.dndi.org
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