Nicht zuletzt infolge der demographischen Entwicklung steigt die Zahl der Menschen mit Vorhofflimmern seit Jahren schon kontinuierlich an, ohne dass für die kommenden Jahre eine Trendumkehr erkennbar ist. Damit dürfte auch die Häufigkeit von Schlaganfällen weiter zunehmen, da Vorhofflimmern eine der häufigen Ursachen für ischämische Schlaganfälle ist. Etwa zwei Drittel der Schlaganfälle, die bei Patienten mit Vorhofflimmern auftreten, lässt sich laut Professor Dr. Paulus Kirchhof, Münster, durch eine adäquate Antikoagulation verhindern. Leider werden nicht alle Patienten mit Vorhofflimmern, bei denen diese Behandlung sinnvoll wäre, antikoaguliert.(1, 2)
"Die Gründe hierfür dürften in den Limitationen beim Einsatz der bislang verfügbaren Antikoagulantien und in einer nur zum Teil berechtigten Angst vor schweren Blutungen liegen", betonte der Mediziner bei einem Satellitensymposium von Bayer Vital beim Deutschen Kardiologenkongress. Als nachteilig bei den Vitamin K Antagonisten (VKA) nannte er vor allem die geringe therapeutische Breite und die hohe inter- und intra-individuelle Variabilität von Substanzen wie Phenprocoumon oder Warfarin, die regelmäßige Kontrollen des Gerinnungsstatus erforderlich machen. Zu bedenken ist nach Kirchhof ferner, dass die Patienten, die ein hohes Blutungsrisiko haben, auch ein besonders hohes Schlaganfallsrisiko aufweisen.(3)
Vor dem Hintergrund dieser Situation richten sich derzeit laut Professor Dr. Günter Breithardt, Münster, große Hoffnungen auf eine Optimierung der Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern durch innovative Antithrombotika wie den oralen direkten Faktor Xa-Inhibitor Rivaroxaban. Der Wirkstoff wird Breithardt zufolge im Rahmen der ROCKET AF-Studie, einer doppelblinden, "double dummy" prospektiven randomisierten Phase III-Vergleichsstudie zu Warfarin, bei Patienten mit Vorhofflimmern geprüft. An der Studie nehmen 1.100 Zentren in 45 Ländern teil. Es werden dabei mehr als 14.000 Patienten mit Vorhofflimmern und einem Schlaganfall, einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) oder systemischer Embolie in der Anamnese oder mindestens zwei Risikofaktoren für Schlaganfälle (Alter ?75 Jahre, Hypertonie, klinisch diagnostizierte Herzinsuffizienz und/oder LV-EF ? 35 Prozent, Diabetes mellitus) entweder mit einmal täglich 20 mg Rivaroxaban (oder 15 mg bei einer Kreatinin-Clearance < 49 ml/min) oder INR-angepasstem Warfarin mit einem Ziel-INR von 2,5 behandelt.(4)
"Ziel der Studie ist der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit von Rivaroxaban gegenüber Warfarin beim primären Wirksamkeitsendpunkt, also bei der Rate an Schlaganfällen und systemischen Embolien", erläuterte Breithardt in Mannheim. Sekundäre Wirksamkeitsendpunkte sind die Schlaganfallrate, die Häufigkeit systemischer Embolien (nicht ZNS), die Gesamtmortalität sowie die vaskuläre Mortalität und die Rate an Myokardinfarkten. Der primäre Sicherheitsendpunkt ist die Rate an "schweren und nicht schweren klinisch relevanten Blutungen". "Die Rekrutierung der Studie ist abgeschlossen und wir rechnen noch in diesem Jahr mit den Ergebnissen", betonte der Kardiologe. Bereits bekannt sind nach seinen Worten demographische Daten: So liegt das durchschnittliche Alter der Studienteilnehmer bei 73 Jahren. Rund 40 Prozent der eingeschlossenen Patienten sind Frauen und rund 35 Prozent der Patienten hatten zum Zeitpunkt der Rekrutierung noch keine VKA-Behandlung erhalten. 63 Prozent der Patienten leiden an einer Hypertonie, etwa 40 Prozent an einem Diabetes und mehr als jeder zweite Studienteilnehmer hatte bereits einen Schlaganfall, eine TIA oder eine systemische Embolie in der Anamnese. "Wir sind auf die Studienergebnisse sehr gespannt und hoffen, die Nicht-Unterlegenheit von Rivaroxaban gegenüber Warfarin zeigen zu können", so Breithardt. Das aber käme nach seiner Darstellung einem deutlichen Fortschritt gleich, da Rivaroxaban eine deutlich größere therapeutische Breite als die VKA aufweist und in einer festen Dosierung einmal täglich verabreicht wird. Der orale direkte Faktor Xa-Inhibitor weist ein gut vorhersagbares pharmakologisches Profil auf, so dass regelmäßige Gerinnungskontrollen nicht erforderlich sind.
Von der ROCKET AF-Studie erhoffen die Mediziner sich außerdem weitere Daten zum Sicherheitsprofil des innovativen Antithrombotikums. Die bisherigen Erfahrungen aus anderen Phase-II und III Studien sind dabei ausgesprochen positiv, betonte Professor Dr. Sebastian Schellong aus Dresden. So wurde jüngst in der EINSTEIN Extension-Studie gesehen, dass Rivaroxaban bei der Behandlung über sechs oder zwölf Monate bei Patienten nach einem vorausgegangenen venösen thromboembolischen Ereignis (VTE) die Rezidivrate gegenüber Placebo um 82 Prozent reduziert (primärer Wirksamkeitsendpunkt: Symptomatische VTE).(5) Die Patienten waren bereits 6 oder 12 Monate lang wegen einer akuten TVT oder LE behandelt. Die Vorbehandlung bestand aus einem VKA oder Rivaroxaban. In der EINSTEIN-Extension Studie war die Häufigkeit schwerer Blutungen (primärer Sicherheitsendpunkt) unter Rivaroxaban vergleichbar mit Placebo. "Als besonders positiv werten wir ferner die Tatsache, dass es in den umfassenden Laborkontrollen keinerlei Hinweise für eine Lebertoxizität von Rivaroxaban gegeben hat", betonte Schellong in Mannheim.
Die von ihm dort vorgetragenen Daten zur Sekundärprophylaxe von VTE stehen im Einklang mit den bisherigen Erfahrungen über rund eineinhalb Jahre mit Rivaroxaban (Xarelto®). Bislang erstreckt sich die Zulassung auf die Prophylaxe venöser Thromboembolien (VTE) bei erwachsenen Patienten nach elektiver Hüft- oder Kniegelenksersatzoperationen. "Wir haben in dieser Zeit gesehen, dass Rivaroxaban eine effektive und sichere Methode zur Reduktion des VTE-Risikos darstellt, die hinsichtlich ihrer praktischen Handhabung die Thromboseprophylaxe in Klinik und Praxisalltag nachhaltig vereinfacht", betonte in Mannheim Dr. Patrick Mouret aus Frankfurt. Dass der direkte Faktor Xa-Inhibitor überlegen wirksam ist bei vergleichbaren Sicherheitsprofil, konnte bereits in vier Phase III-Studien, den RECORD-Studien* 1-4, in denen insgesamt mehr als 12.700 Patienten teilnahmen, gezeigt werden. Rivaroxaban hatte in der gepoolten Datenanalyse der RECORD 1, 2 und 3 Studien laut Mouret den primären Wirksamkeitsendpunkt (symptomatische VTE und Gesamtmortalität bis zum Ende der aktiven Behandlungsphase) um 56 Prozent gegenüber der Standardprophylaxe mit dem niedermolekularen Heparin Enoxaparin gesenkt, ohne dabei das Blutungsrisiko signifikant zu erhöhen.(6)
* ROCKET AF = Rivaroxaban One Daily Oral Direct Factor Xa Inhibition Compared with Vitamin K Antagonism for Prevention of Stroke and Embolism Trial in Atrial Fibrillation
* RECORD-Studie = REgulation of Coagulation in major Orthopaedic surgery reducing the Risk of DVT and Pulmonary Embolism
Literatur:
1. Nabauer M. et al. Europace 2009; 11: 423-434.
2. Nieuwlaat R. et al. Eur Heart J 2006; 27: 3018-3026.
3. Hylek E.M. et al. Circulation 2007; 115: 2689-2696
4. Patel M. et al. Eur Heart J 2009; 30 (Suppl 1): 705 (P4198)
5. Büller H.R. Blood (ASH Annual Meeting Abstracts) 2009; 114: Abstract 2
6. Eriksson B. et al. J Bone Joint Surg [Br] 2009; 91-B: 636-644
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