Unvorstellbar? Leider nicht, wie der Landesinnungsverband des Dachdeckerhandwerks Bayern weiß. So sicher wie die Rückkehr der Zugvögel ist auch das Auftreten "hausierender Dachdecker" in jedem Frühjahr. Natürlich verbietet kein Gesetz den Verkauf von Leistungen an der Haustüre. Doch wie unseriös arbeitende mobile Handwerkerkolonnen versuchen, speziell ältere Hausbesitzer zur schnellen Auftragsvergabe zu überrumpeln, beschäftigt schon lange die Polizei, bei der diese skrupellosen Geschäftsmacher als "Dach-Haie" bekannt sind.
Mit angeblich kostenlosen Dachüberprüfungen ist der Einstieg ins Verkaufsgespräch an der Haustüre schnell hergestellt. Dabei steht das Ergebnis für die angeblichen Dachdecker schon vorab fest. Ganz gleich, wie der Dachzustand tatsächlich ist: Angeboten wird eine Reparatur oder gleich die komplette Dachsanierung. Und das zum angeblichen Schnäppchen-Preis, weil man gerade in der Nähe zu tun habe oder einen Sonderposten Dachziegel auf Lager habe.
Das gesetzlich garantierte zweiwöchige Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften wird von den versierten Verkäufern mit einem Rückdatieren des Vertrags oder mit dem sofortigen Abriss des bestehenden Daches nach Unterschrift unter den Vertrag und Vorkasse - am liebsten natürlich in bar - ausgehebelt. Reine Formsache - so wird von den betrügerischen Dachdeckern behauptet - sei der Verzicht auf teuren neuen Wärmeschutz und andere Zusatzmaßnahmen.
Wer diesen Auftrag unterschreibt, macht eine teure und für viele Senioren existenzgefährdende Erfahrung. Denn der Gesetzgeber schreibt ausdrücklich bei umfangreichen Dachsanierungen die Einhaltung der geltenden Wärmeschutzverordnung vor. Zudem müssen Dacheindeckungen seit März 2012 zusätzlich gegen Windsog gesichert werden. Wer leichtfertig durch seine Unterschrift darauf verzichtet, muss im Schadensfall damit rechnen, dass die Gebäudeversicherung jegliche Schadensregulierung ablehnt. Oder im Rahmen einer Nachprüfung durch die örtlichen Baubehörden drohen massive Strafen und die nachträgliche Optimierung der Wärmeschutzmaßnahmen.
Die Erfahrung des Landesinnungsverbandes des Dachdeckerhandwerks Bayern zeigt darüber hinaus, dass bei solchen Haustürgeschäften meist mangelhafte Leistung zu Preisen geboten wird, die zwischen 50 und 150% über ortsüblichen Angeboten qualifizierter Innungsbetriebe liegen. Auch eine spätere Mängelbeseitigung, auf die jeder Auftraggeber einen gesetzlichen Anspruch hat, gestaltet sich bei den mobilen Handwerkerkolonnen meist als schwierig bis unmöglich.
Nicht weniger Vorsicht ist auch bei Angeboten zur Dachreinigung und anschließender Dachbeschichtung geboten. "Auch ein verrostetes Auto wird mit einer Überlackierung nicht zum Neuwagen, um beim Beispiel Auto zu bleiben", erklärt ein Sprecher des Dachdecker-Landesinnungsverbandes. Nach seinen Angaben hat kein einziger Bedachungshersteller sein Produkt für eine nachträgliche Beschichtung freigegeben. Kein Wunder, denn dass nach wenigen Jahren die Lackschicht auch mal abblättern kann und das Dach dann wirklich ein Sanierungsfall ist, gehört zum Erfahrungsschatz von Dachdecker-Innungen, die mit beschichteten Dächern fast täglich konfrontiert werden. Dabei wäre eine Neu-eindeckung meist kaum teurer als die nachträgliche Lackierung eines alten Daches gewesen.
Übrigens kann sowohl die Beauftragung von Dach-Haien als auch von Dach-Beschichtern für den Hausbesitzer als Auftraggeber unabsehbare Folgen haben. Kommt es nämlich durch nicht vorschriftsmäßige Sicherheitsmaßnahmen oder mangelhafte Gerüste zu einem Unfall auf der Baustelle, kann auch der Auftraggeber in Regress genommen werden.
Die Empfehlung lautet daher eindeutig: Auf jede Auftragsvergabe an der Haustüre verzichten und den Handwerkspartner möglichst in der Region suchen. Dabei hilft die Dachdecker-Innung vor Ort gerne kostenlos und unverbindlich. Ebenso sind die Anschriften qualifizierter Dachdecker-Fachbetriebe auch im Internet unter www.dachdecker.net zu finden.