Der seinerzeit zur Gallionsfigur für ein absolutes Rauchverbot in der bayerischen Gastronomie aufgebaute Sebastian Frankenberger zieht sich laut eigener Aussage in verschiedenen Medien aus der Politik zurück. Die Gründe dafür liegen nahe, denn aktuell unterlag er bei der Wahl für den ÖDP-Bundesvorsitz recht deutlich und auch sein Plan, als EU-Abgeordneter in Brüssel eine Zukunftsperspektive zu erhalten, ging mächtig schief. In beiden Fällen zog man erfahrene und ältere Kandidaten dem Kampagnen-Helden Frankenberger vor. Selbst in der eigenen Partei trauert man nicht, denn zu vielen passte der selbstherrliche Führungsstil von Frankenberger während der vergangenen vier Jahre als Bundesvorsitzender nicht. Die in der Kälte draußen stehenden bayerischen Raucher neigen sogar zu echter Freude über Frankenbergers Niederlagen.
Der gebürtige Passauer hatte schon früh das Ziel, die Welt zu verändern. Eine ambitionierte Ansage und vielleicht etwas selbstüberschätzend. Dennoch schaffte es der ehemalige Messdiener, Studienabbrecher und dann Touristenführer in Österreich zu einer temporär beachtlichen Bekanntheit. Er gilt allgemein als der Initiator des Volksbegehrens samt Volksentscheid in Bayern, was schlussendlich zum Rauchverbot in der Gastronomie im Freistaat führte. Ob er es tatsächlich war, wird inzwischen angezweifelt. Viele professionelle Organisationen, Verbände, Vereine und Interessenvertreter der Industrie zogen die Fäden im Hintergrund. Frankenberger wurde strategisch ins Rennen geschickt, wobei ihm seine Fähigkeit zur Selbstdarstellung sicher half. Mit eingeübten und strikt einzuhaltenden Argumenten für das Verbot gab Frankenberger das Gesicht der Kampagne. Und es bereitete ihm sichtbaren Spaß und ermunterte danach zu größeren Vorhaben in der Politik. Das daraus nichts wurde, lag wohl mehr an ihm selbst, als an äußeren Bedingungen. Schon zu Zeiten des Volksbegehrens kam es zwischen ihm und den zahlenden Abteilungen mehrfach zum Streit wegen übertriebener Alleingänge. Das hätte fast zum Scheitern des langjährig vorbereiteten, und für die Beteiligten durchaus aufwändigen Plebiszits geführt.
Betrachtet man aus der zeitlichen Distanz das gesamte Vorgehen mit und um Sebastian Frankenberger, so kommt man heute sicher zu weit nüchternen Erkenntnissen, als noch 2010 direkt nach dem Volksentscheid am 4.Juli. Die Bilanz des erstrittenen Rauchverbots ist nicht gut. Weniger Raucher? Fehlanzeige. Der gesellschaftliche Trend, insbesondere bei Jugendlichen, nicht zu rauchen, hat Frankenberger und Co. nicht bewirkt. Das hat ganz andere, nämlich funktionierende Präventionsgründe. Das Rauchverbot hat lediglich der Kleingastronomie erheblich geschadet. Kneipenschließungen, verärgerte Gäste, Lärmprobleme vor der Gasthaustür und überzogene Auftritte von Ordnungsbeamten, die zur Kontrolle geschickt wurden. Gleiches erlebt übrigens auch Nordrhein-Westfalen, wo SPD und Grüne auf parlamentarischem Weg ein Rauchverbot in den Kneipen durchgesetzt haben und Bayern als "funktionierendes Beispiel" ins Feld führten. Auch dort ist eine miserable Bilanz nach einem Jahr zu verzeichnen.
Hinter alledem sind ideologische Motive mehr als denkbar. Der Gedanke an Gesundheitsschutz gilt heute bei vielen als vorgeschoben. Die Meinung, dass ein Rauchverbot in der Gastronomie lediglich deshalb erstritten bzw. erlassen wurde, um dadurch auf möglichst schnellem Weg eine breite Öffentlichkeit durch Polarisieren zu erreichen, ist sehr wahrscheinlich richtig. Man folgt damit dem Masterplan der Weltgesundheitsorganisation WHO, die jüngst sogar verlautete, dass der Kampf gegen Tabak eine höhere Priorität einnähme, als die Bekämpfung des Ebola-Virus. Wenn das keine ideologischen Grundlagen sind, was dann? Oder kommen sogar harte wirtschaftliche Interessen und deren Begleitung hinzu? Auch dafür gibt es Indizien.
Verloren haben inzwischen viele. Wirte ihre Existenz, Gäste das Wohnzimmer des kleinen Mannes, die Politik an Bürgernähe, die WHO an Glaubwürdigkeit, kritische Wissenschaftler, die Nachweise für die Passivrauch-Risiko-Behauptungen forderten und systematisch stumm geschaltet wurden und nun auch Sebastian Frankenberger. Letzterer wird sicher neue Bühnen finden, aber sicher nicht mehr als Heilsbringer. Die politisch Mitverantwortlichen sollten daraus eigentlich gelernt haben. Vielleicht ist wegducken oder Debattenbeendigung per Dekret doch nicht mehr en vogue? Wäre es nicht an der Zeit, die Gesetze in Bayern, im Saarland und in NRW den liberalen Regelungen der anderen Bundesländer anzupassen? Liegt es nicht im Interesse der Landesregierungen, sich in Zeiten viel schwerwiegender Gesellschaftsproblemen den Bürgern wieder zuzuwenden? Es wäre ein gutes Zeichen, wenn sich Horst Seehofer und auch Hannelore Kraft als politische Schwergewichte offen für eine Wiederaufnahme der Debatte über Rauchverbote in der Gastronomie zeigen würden. Dabei können beide nur gewinnen. Und das wäre tatsächlich ein erster Schritt, um eine bessere Bilanz in Sachen Bürgerpolitik zu realisieren. Kompromissvorschläge ohne Verzicht auf Kinder-und Jugendschutz, ohne Wettbewerbsverletzungen und sogar rechtssicher nach klaren Urteilen höchster Gerichte liegen vor. Wollen muss man halt.