Selenpräparate haben daher in der Gesundheitsvorsorge und Krebsvorbeugung einen berechtigten Platz. Auch bei der akuten Therapie von Erkältungserkrankungen, rheumatischen Erkrankungen oder Störungen der Schilddrüsenfunktion werden sie erfolgreich eingesetzt.
Umso mehr hat eine Meldung aus den USA im letzten Herbst Ärzte wie gesundheitsbewusste Bürger irritiert: Dort wurde Ende 2008 eine Studie nach fünfeinhalb Jahren abgebrochen, mit der die vorbeugende Wirkung von Selen und Vitamin E bei Prostatakrebs untersucht werden sollte. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, dass einige der über 30.000 Studienteilnehmer an Diabetes erkrankt seien. Als Folge machte sich unter Medizinern wie Laien Unsicherheit breit, ob Verwender von Selenpräparaten nun ein erhöhtes Risiko aufweisen, zuckerkrank zu werden.
Selenforscher winken jedoch beruhigend ab: Nein, es gibt keinen Grund, in der vorbeugenden wie akuten Behandlung auf Selen zu verzichten, betont Deutschlands Selen-Spezialist Nummer eins, Professor Dr. Josef Köhrle von der Berliner Charité: "Ärzte müssen ihr Therapiekonzept nicht umstellen."
Der Selenexperte nennt dafür gewichtige Argumente: Der Durchschnittsamerikaner sei - wegen der dortigen selenreichen Böden - deutlich besser mit Selen versorgt als der Durchschnittsdeutsche. Dies könne man anhand der Blutspiegel nachweisen. Wenn kein Selenmangel vorliege, bringe die Nahrungsergänzung auch keinen Zusatznutzen. Von einer Selen-Einnahme profitieren am meisten Menschen mit niedrigem Selenspiegel, betonte Köhrle. Darüber hinaus sei in der Studie das ungünstigere Selen, nämlich Selenomethionin, verwendet worden, das sich im Körper anreichert, nicht das sinnvollere Natriumselenit, was direkt in die Zellschutzsysteme im Organismus eingebaut wird.
Auch Medizinstatistiker beruhigen: Die wenigen Fälle von Diabetes- Neuerkrankungen bei den Studienteilnehmern lägen durchaus im Rahmen der durchschnittlichen Diabeteshäufigkeit in der übrigen Bevölkerung und seien daher keinesfalls bemerkenswert. Zudem sei vor Studienbeginn bei den Teilnehmern versäumt worden, die Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, die für die Zuckerkrankheit ganz entscheidend sind, sowie die Diabeteshäufigkeit in der Familie zu erfragen.