Lindner: "Europa ist im Wandel der Zeit eine Versicherung für uns alle. Ich beobachte, dass eigentlich nahezu überall in Europa nur noch von "Aber Europa" gesprochen wird. Mir müssen raus aus der Defensive. Ich würde mir wünschen, dass wir "Ja, weil Europa" sagen würden."
Hansch: "Wie schaffen wir das denn? Brüssel mischt sich doch überall ein heute."
Lindner: "Ja, davon müssen wir wegkommen. Da haben wir ein Problem. Wenn jetzt zum 1.9. bestimmt Staubsauger verboten worden sind, dann frage ich mich, ist das eigentlich eine Aufgabe, die wir in Europa gemeinsam entscheiden müssen? Ich gehe sogar noch weiter: Ein EU-Kommissar, der darüber nachdenkt, ob Olivenöl-Fläschchen auf den Restaurant-Tischen erlaubt sind oder nicht. Der macht sich lächerlich. Ich frage mich viel eher: Wo ist Europa bei den gro0en Herausforderungen? NSA und Google. Das ist eine Machtfrage!"
Hansch: "Wie sieht es denn aus mit einer europäischen Energiepolitik? In der heutigen Lage sollten wir unabhängig sein."
Lindner: "Ja, das stimmt, das sind Prozesse, die sicherlich unnötig sind, ja. Ein bißchen mehr Marktwirtschaft wäre besser als diese provinzielle Planwirtschaft, die wir haben."
Hansch an Herzog: "Wie können wir unseren Wohlstand sichern?"
Herzog: "Ich muss wirklich sagen, so wie ich unsere Bürger verstehe, geht's bei Europa eigentlich um zwei Aufgaben. 1. die Erhaltung unseres Wohlstands. Die zweite ist: können wir den geistigen Ansturm, den wir aus der Welt erleben, können wir den durchstehen oder nicht?"
Lindner: "Ich wundere mich, welche Abneigung gegenüber dem Freihandelsabkommen mit den USA zu spüren ist. Ich empfinde diese Diskussion als überflüssig. Die Menschen essen Hühnchen aus Deutschland, die vollgespritzt sind mit Antibiotika und trinken im Sommer im Freibad ohne Ende Chlorwasser. Die Frage ist doch, wem wir es überlassen, Standards zu setzen. Wir können jetzt mitbestimmen und uns auf soziale Standards einigen. Das ist eine Riesenchance, die wir uns nicht verbauen lassen dürfen."
Hansch: "Wie können wir die Bürger Europas auch mitnehmen?"
Lindner: "Jeder einzelne Bürger kann zur Zeit selbst erleben und sehen, dass etwas nicht stimmt. Wir müssen unseren Partnern in Europa Reformen empfehlen, die wir selbst hier durchgeführt haben, klar, aber wir können nicht Frankreich von einer Rente ab 67 etwas erzählen und selbst die Rente ab 63 einführen. Das ist natürlich fatal und schadet unsere Glaubwürdigkeit."
Herzog: "Unsere Politik ist so labberig geworden. Wenn jemand was Dummes sagt, steht keiner mehr auf und sagt was! Das Wort Streit gibt's ja gar nicht mehr heute."
Hansch: "Was ist mit Griechenland? Wir brauchen die doch!"
Herzog: "Das werden wir beide nicht mehr erleben, und auch der Herr Lindner ist da viel zu alt für!"
Hansch: "Was sagen Sie zur AFD? Wie ist das einzuschätzen?"
Lindner: "Ich kann nicht verstehen, dass sich ein eigentlich verständiger Mann wie Hans-Olaf Henkel in solch einer Partei findet und ernsthaft einen Nord- und einen Süd-Euro fordert. Das bedeutet: Das auch Deutschland und Frankreich nicht mehr in der selben Währungszone wären. Und ein Vorschlag, der dazu führt, dass wir wieder getrennte Wege gehen müssten, kann ich nicht verstehen, dass dieser ernsthaft in die Debatte eingebracht wird."