Betroffene Bankkunden fragen sich nun besorgt, wie groß ihr Schaden aus den Manipulationen ist und ob evtl. ihre Bank Schadenersatz zu leisten hat. Erste Prozesse sind deshalb bereits in Großbritannien anhängig.
Nach Meinung des BSZ e.V. Vertrauensanwalts Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Hünlein ist jedoch bereits im Vorfeld - also unabhängig einer nachgewiesenen Manipulation - zu beachten, dass die Bank im Fall von Libor- und Euribor-gebundenen Verträgen Aufklärungspflichten trifft, deren Verletzung zu Schadenersatzansprüchen führen kann.
Ist die beratende (kreditgewährende) Bank selbst an der Festsetzung des Zinses beteiligt, so besteht eine Interessenkollision, weil von der Zinshöhe die Leistungen der Bankkunden abhängen. Über Interessenkonflikte hat die Bank den Kunden vor Abschluss des Vertrages aufzuklären. Dies ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der in zahlreichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt wird. So hat der BGH bspw. in der "Kickback-Entscheidung" (XI ZR 56/05) herausgearbeitet, dass die Kunden über Kickbacks aufzuklären sind, weil die Zahlung derselben die Kundeninteressen gefährden kann. Auch in der sog. Swap-Entscheidung des BGH zu Spread-Ladder-Swaps (XI ZR 33/10), verlangt der BGH eine Information des Kunden über Umstände, die Ausdruck einer schwerwiegenden Interessenkollision sind.
Im Fall des Libor ist die Deutsche Bank an der Festsetzung beteiligt, beim Euribor sind es 8 bedeutende deutsche Banken (gegenwärtig Landesbank Berlin, Bayerische Landesbank Girozentrale, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, Landesbank Baden-Württemberg Girozentrale, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, Norddeutsche Landesbank Girozentrale). Danach trifft sie alle eine Aufklärungspflicht bezüglich der Interessenkollision.
Verletzungen der Aufklärungspflicht haben nach der Rechtsprechung im Kapitalanlagerecht zur Folge, dass der Kunde im Rahmen des Schadenersatzes so zu stellen ist, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Ohne Pflichtverletzung hätte der Kunde den betroffenen Vertrag nicht abgeschlossen, d.h. er kann sich evtl. von dem laufenden Vertrag lösen und eine Rückabwicklung erreichen.
Ergebnis:
Bei Finanzgeschäften (Darlehen, Swaps), die sich auf Libor oder Euribor als Referenzzinssatz beziehen, empfiehlt es sich u.E. prüfen zu lassen, ob und inwieweit hier möglicherweise Schadenersatzansprüche gegen die beratende Bank in Betracht kommen.