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Skandal! 500 Menschen wollen partout nicht sterben

Von Bert Brecht wissen wir: Zuerst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass Banker und Moral sich zueinander verhalten wie Feuer und Wasser

(lifePR) (Dieburg, )
Wo der Eine ist, kann das Andere nicht sein. Und umgekehrt, selbstverständlich. Banker und Zynismus hingegen haben ein gleichsam symbiotisches Verhältnis. Der Eine kann ohne den Anderen nicht. Wie Feuer und Sauerstoff.

Das wissen wir nicht erst seit Hilmar Koppers Erdnüssen, vulgo: Peanuts, und seit Josef Ackermanns Siegeszeichen. Ja, es drängt sich der Eindruck auf, dass sich gerade bei der Deutschen Bank Geld und Zynismus fortwährend sozusagen jubelnd in den Armen liegen. Größer könnte die Euphorie am Hamburger Millerntor, nach dem der FC St. Pauli die Düsseldorfer Fortuna eingenordet hat, auch nicht sein.

Insbesondere bei der Deutschen Bank, dem Branchenprimus, gibt es ganze Geschäftsfelder, die vom Zynismus leben. Mehr als nur das, denn diese Geschäftsfelder bringen unendlich satte Profite. Man muss schon den Eindruck haben, dass der Fisch vom Kopf her stinkt. Von daher also, wo das Sprachzentrum gern mit Erdnüssen jongliert und von wo auch der Impuls stammt, den Zeigefinger und den Mittelfinger zum Siegeszeichen zu spreizen. Eben dieser Gestank hat den ganzen Körper erfasst. Als Beispiel von – leider – vielen möchte ich hier über das Geschäft der Deutschen Bank mit dem Tod berichten.

Es war vor gut zehn Jahren, da entdeckten die Geldhäuser – also nicht nur der Branchenprimus – das Geschäft mit todkranken, zugleich geldbedürftigen Menschen. Mit Verantwortungsbewusstsein, Humanität und Loyalität hatte dies allerdings nichts zu tun. Denn diese Menschen waren nur interessant, sofern sie über extrem werthaltige Lebensversicherungen verfügten. Jene Policen hatten und haben bis heute für die Versicherten einen entscheidenden Nachteil. Denn in den Genuss der Versicherungssumme bzw. Ablaufleistung kommen sie zu Lebzeiten nicht. Sobald sie verstorben sind, nützt ihnen das dann fällige Versicherungsvermögen auch nicht mehr – höchstens den Hinterbliebenen.

Man könnte es nun als Akt in Schmalz gemeißelter Menschenfreude verkaufen, wenn man diesen Todgeweihten noch zu Lebzeiten ihre Versicherungsverträge – selbstverständlich mit einem satten Abschlag – abkauft und sich für die Finanzierung des Kaufpreises den Auszahlungsbetrag bei Vertragsende der Police abtreten lässt. So hat der Todkranke vor seinem absehbar finalen Servus normalerweise noch genügend Geld zur Verfügung, um etwa dringend nötige Medikamente zu bezahlen oder sich einfach nur das restliche Leben möglichst schön zu gestalten. Der freundliche Gönner wiederum durchsucht Tag für Tag die Todesanzeigen nach Hinweisen, ob sich sein Investment bereits ausgezahlt hat.

Von dieser Idee, die aus einem Biskin-Traktat von Rosamunde Pilcher hätte stammen können und die der „Aktion Mensch“ alle Ehre gemacht hätte, waren nicht nur die Deutschbanker so beeindruckt, dass daraus eine ganze Industrie entstanden ist. Der Handel mit Lebenspolicen war geboren. Und damit sich möglichst viele Investoren als Gutmenschen, wir sind ja so betroffen, fühlen konnten, wurden eilig Geschlossene Fonds gestrickt. Die sammelten Kapital überwiegend bei Privatanlegern, um mit dem Geld Todkranken etwas Gutes zu tun. Weil, was wahrscheinlich nur allzu menschlich ist, ein schlechtes Gewissen am besten aus der Entfernung kuriert wird, lief das Geschäft blendend. Denn schon bald gab es keine Policen mehr auf dem Markt, die gekauft werden konnten. Eben weil wegen der gigantischen Nachfrage die Regale leer waren und auch weil die Entwicklung neuer Medikamente insbesondere für HIV-Kranke ordentlich auf Touren kam, so dass wegen der längeren Lebenserwartung für viele Sterbenskranke keine Notwenigkeit mehr bestand, ihre Policen loszuwerden.

Auch wenn die Deutschbanker es möglicherweise als Unverschämtheit betrachteten, dass sich die Todkranken nicht an ihrer statistischen Lebenserwartung orientieren und partout nicht verabschieden wollten, so war das Profitinteresse der Deutschbanker durch diese mangelnde Kooperationsbereitschaft selbstverständlich nicht zu bremsen. Flugs konstruierte man einen Fonds, der überhaupt keine real existierenden Versicherungspolicen mehr aufkaufen sollte, sondern als Zertifikat daher kam, auf dessen Grundlage Investoren auf den Tod von 500 ausgewählten Freiwilligen wetten konnten. Und je früher diese Freiwilligen und vom Leben Gebeutelten versterben, desto höher der Profit. Wobei die Deutsche Bank grundsätzlich sogar dicke Vitalitätssgewinne einfährt, unabhängig von der tatsächlichen Lebensdauer jener 500 Todgeweihten. Denn rund 15 Prozent des bei Anlegern eingesammelten Kapitals gingen vorab nicht für Blumen und Kränze, sondern für „Idee“ und „Vertrieb“ drauf, also in die Kassen der Deutschen Bank. Dass die DB auch an der Entwicklung des Fonds respektive des Zertifikats selbst beteiligt ist, versteht sich von selbst. Wie hieß es so schön im Produkt-Flyer: „Die Wertentwicklung hängt maßgeblich von der tatsächlichen Lebenszeit der Referenzpersonen ab.“

Bekanntlich leben Totgesagte länger, selbst wenn der Sensenmann regelmäßig und unüberhörbar an die Pforte klopft. Das Investment wurde für die Investoren zu einem veritablen Flop. So schreibt die Deutsche Bank in ihrem Fonds-Jahresbericht 2010: „Während der bisherigen Laufzeit des Fonds wurde eine niedrigere Anzahl von Todesfällen festgestellt, als beim Abschluss des Aufbaus des Referenzportfolios angenommen wurde.“ Was selbstverständlich ein Skandal ist. Dergestalt nämlich, dass sich die 500 Freiwilligen nicht schon längst vom Acker gemacht haben und es deshalb – subito – nachholen sollten.

Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Deshalb beruhigt die Deutsche Bank ihre Investoren, dass die Sache mit dem Massensterben sozusagen noch nicht gestorben sei. Zitat: „Die Gesamtentwicklung des Fonds wird wesentlich von der tatsächlichen Lebenszeit der Referenzpersonen beeinflusst und kann erst nach dem Ablauf der Laufzeit des Fonds im Jahr 2015 abschließend bewertet werden.“

Was selbstverständlich keine Aufforderung an die Fonds-Investoren ist, doch hier und da ein wenig nachzuhelfen. Wobei … stammten die Probanden allesamt aus einer mittelamerikanischen Bananenrepublik oder auch aus einer der früheren Sowjet-Satelliten, dieses Problem ließe sich ganz schnell dank üppig honorierter Todesschwadrone lösen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre zum Beispiel, die Namen und die Anschriften der „Referenzpersonen“ auf der Homepage des Fonds zu veröffentlichen. Dieser mein Rat ist übrigens kostenlos, so dass dafür ein maßgeblicher Anteil an den rund 15 Prozent Weichkosten des Fonds nicht fällig wird.

Autor: BSZ e.V. Vertrauensanwalt Jens-Peter Gieschen

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Dieser Text gibt den Beitrag vom 06.02.2012 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt.
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