Kay Hempel ist gelernter Maler und Lackierer. Die Ausbildung hat er trotz seines Handicaps damals gut gemeistert. Bis Oktober 2008 war auch der Arbeitsalltag kein Problem für ihn. Jetzt ist er schon seit mehr als einem Jahr auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
"Ich bin keiner, der aufgibt", sagt der zweifache Vater. "Für einen Gehörlosen ist es aber schwieriger, im Vorstellungsgespräch zu überzeugen. Wenn man es überhaupt bis dahin schafft." Kay Hempel erzählt, dass die Schwierigkeiten schon bei der Bewerbung beginnen, denn die Gebärdensprache ist eine visuelle Sprache. Gehörlose erfassen Texte deshalb oft anders als Hörende. "Die Bedeutung der Schriftsprache in der hörenden Welt muss ich trainieren.Bestimmte Wörter gibt es gar nicht als Gebärde. Wenn ich eine Bewerbung schreibe, brauche ich deshalb sehr viel mehr Zeit als ein Hörender", erzählt er.
Diese Zeit nimmt sich Stefanie Kirste. Sie ist Lehrerin bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FWA) Chemnitz und engagiert sich für ein bisher einmaliges Pilotprojekt in der Stadt, das ganz speziell Gehörlose auf Jobsuche unterstützt. "Gehörlosenkultur und hörende Kultur sind wie zwei verschiedene Schuhe. Mit dem neuen Projekt kann ich beide näher zueinander bringen und Barrieren abbauen helfen", sagt sie. Stefanie Kirste war es auch, die dem Sunshine-Chef von Kay Hempel erzählt hat. War dieser anfangs noch skeptisch, ist er sich inzwischen sicher, dass es eine gute Entscheidung war. "Man muss sich nur mehr Zeit nehmen und andere Wege zur Verständigung finden. Jetzt habe ich immer einen kleinen Notizblock dabei. So kann ich mich problemlos mit Herrn Hempel verständigen. Das klappt", so Chris Steffen.
Stefanie Kirste sucht gezielt nach Beschäftigungsmöglichkeiten für die 12 Teilnehmer des Pilotprojektes. Ihr Vorteil ist, dass sie jeden einzelnen gut kennt. Kay Hempel arbeitet derzeit in einer Werkstatt und erprobt sich in der Fahrzeugaufbereitung. Zwei Frauen konnten schon vorzeitig aus der Gruppe aussteigen. Sie haben Arbeit gefunden. Insgesamt dauert das Projekt 12 Monate. Stefanie Kirste und ihre Kollegen stärken neben Deutsch, Mathematik und Informatik auch soziale Kompetenzen der Teilnehmer, um Alltagsprobleme besser bewältigen zu können. Im Unterricht sitzen Garten- und Landschaftsgestalter, Tischler, Fliesenleger, Friseurin, Näherin, Köchin, Maler und Druckvorlagenherstellerin zusammen. Sie alle eint der Wunsch, trotz ihrer Hörschädigung möglichst schnell wieder am Arbeitsleben teilhaben zu können.
Das Pilotprojekt wird von ARGE und Arbeitsagentur Chemnitz unterstützt.