Die Corona-Pandemie bedroht uns alle und natürlich sind auch die Artisten*innen, die Zirkusprojekte und die kleinen und großen Zirkusunternehmen bereit, Einschränkungen hinzunehmen, wenn sie notwendig und verhältnismäßig sind.
Das kann aber nur funktionieren, wenn die dadurch entstehenden Einnahmeausfälle schnell und umfangreich kompensiert werden.
Die Bundesregierung hat im Sommer begonnen, den Zirkus zu unterstützen, indem die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien (BKM) ihn ausdrücklich im Rahmen des Programms Neustart Kultur bei pandemiebedingten Investitionen fördert. Darüber haben wir uns gefreut, auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist und die Existenzen nicht nachhaltig sichern wird.
Zirkusse brauchen zusätzlich dringend eine echte Anschubhilfe, wenn sie die Zeiten ohne oder mit reduziertem Publikum überstehen sollen. Viele Zirkusse hatten Anfang des Jahres gerade in die neue Saison investiert, neue Ausstattungen angeschafft und zum Teil Artisten*innen aus aller Welt nach Deutschland geholt, als die Pandemie ausbrach. Diese Investitionen wurden von einem Tag auf den anderen vernichtet und müssen noch einmal aufgebracht werden, wenn es irgendwann wieder losgehen soll.
Jetzt kommt das Veranstaltungsverbot für den November kurz vor Beginn der Weihnachtssaison noch dazu. Zwar sind Ausgleichzahlungen für den Monat November angekündigt, doch die zweite Welle der Pandemie und die damit verbundenen Veranstaltungsverbote treffen mit voller Wucht die Hauptsaison vieler Zirkusse zur Weihnachtszeit. Ohne entsprechende Hilfen werden viele Zirkusse diesen Totalausfall ihrer Einnahmen nicht überstehen.
In den pädagogischen Zirkusangeboten arbeiten viele Selbständige als Kursanbieter. Sie haben bereits vorher kaum Unterstützung bekommen und stehen nun schon wieder im Regen. Auch sie brauchen jetzt schnell weitere Unterstützung. Sie können von heute auf morgen nach dem zaghaften Neustart wieder keine zirkuspädagogischen Projekte und Kurse anbieten. Ebenso ergeht es den soloselbständigen freischaffenden Zirkusartist*innen aus dem Bereich des Zeitgenössischen Zirkus. Der Wegfall künstlerischer Projekte und Auftrittsmöglichkeiten sowie die Schließung von Probenräumen erschweren jegliche Berufstätigkeit. Gleichzeitig ist diese Szene existentiell von der Erhaltung der vielen privatwirtschaftlich arbeitenden Kulturanbieter*innen und Theatern abhängig, deren Überleben aktuell ebenso auf dem Spiel steht.
Schon die bisher bestehenden Förderprogramme passen oft für die Zirkusunternehmen und die Soloselbständigen Artisten*innen und Pädagogen*innen nicht. Zirkus stand und steht damit weiterhin am Rande der Gesellschaft. Dabei hat der Zirkus in Deutschland noch immer ein Millionenpublikum, das er seit 250 Jahren ganz ohne staatliche Förderung erreicht. Dieses kulturelle Erbe wird jetzt in Frage gestellt.
Wenn die Bundesregierung verhindern will, dass der Zirkus ganz von der Bildfläche verschwindet, darf sie ihn nicht vergessen und muss schnell handeln.