In einem europäischen Stahlschrottmarkt mit einem Jahresvolumen von rund 20 Milliarden Euro sei die unveränderte Anwendung der neuen Verordnung ein gravierender Rückschlag für den freien Warenverkehr und für die von der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten angestrebte Stärkung und Förderung der Recyclingwirtschaft. Zumal das Stahlrecycling einen wesentlichen Beitrag zum Ressourcenschutz, zur Ressourceneffizienz und zum Klimaschutz leiste: Gut 54 % der europäischen Stahlproduktion basierten bereits auf dem Einsatz des Se-kundärrohstoffs Stahlschrott. Gleichzeitig benötige die Stahlerzeugung aus Stahlschrott 75 % weniger Energie als die aus Primärrohstoffen und vermindere damit auch die CO2-Emissionen in entsprechendem Umfang.
Die neue EU-Abfallverbringungsverordnung verlangt beim grenzüberschreitenden Transport für die international stark nachgefragten Sekundärrohstoffe aus Eisen- und Nichteisen-Metallen eine Offenlegung der Handelsketten. „Die seit Jahren bestehenden und funktionie-renden Handelsketten unter Beteiligung der überwiegend mittelständisch organisierten Recyc-lingwirtschaft werden so ohne erkennbaren Grund gesprengt. Dies bedroht die mittelständi-schen Unternehmen unseres Wirtschaftszweigs“, warnte Willeke. Konkret verlangt die Ver-ordnung, dass ein Dokument mitzuführen und von den an der Handelskette beteiligten Perso-nen auszufüllen ist, in dem unter anderem der Abfallerzeuger oder einsammler einzutragen sind. Diese Offenlegung versetze den in der Regel wirtschaftlich wesentlich stärkeren Abneh-mer aus der metallproduzierenden Industrie in die Lage, sich künftig direkt an den Erzeuger oder Einsammler zu wenden, kritisiert die BDSV. Der Einsatz der Bundesregierung für eine Änderung dieses Sachverhalts wurde ausdrücklich begrüßt.
Zu Verwerfungen im Markt führe weiterhin, dass die Abnehmer der Stahl- und Metallschrotte nun schriftlich anerkennen sollten, dass sie Abfall einsetzten. Dies habe bereits dazu geführt, dass einige Stahlunternehmen in anderen Mitgliedstaaten das entsprechende Dokument und den so genannten „grünen Vertrag“ nicht ausfüllen bzw. unterschreiben wollten, da sie durch die so vorgenommene Deklarierung von Schrott als Abfall negative Auswirkungen auf die Ge-nehmigung ihrer Produktionsanlagen fürchten. Willeke: „Unabhängig davon, ob diese Befürch-tungen im Einzelnen gerechtfertigt sind, ist festzuhalten, dass hier wirtschaftlich relevante Stoffströme in einem Maß behindert werden, das in keinem Verhältnis zu dem vermeintlichen – im Übrigen nicht näher dargelegten – ökologischen Nutzen bzw. der dadurch ggf. erzielten Kontrollerleichterung steht.“
Auch wenn inzwischen Übergangslösungen für Nicht-OECD-Staaten in den EU-Mitgliedsstaaten Deutschland, Belgien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich vorliegen, will die EU-Kommission offenbar erst im September oder Oktober eine Novellierung angehen. „Dieser Zeitverzug ist nicht akzeptabel, die Haltung der EU-Kommission nicht nach-vollziehbar“, kritisierte Willeke. Die BDSV fordere eine zeitnahe Klärung der schwerwiegenden Probleme der neuen EU-Abfallverbringungsverordnung. Zu diesem Zweck hat der Verband die Bundesminister für Umwelt und Wirtschaft um Unterstützung gebeten.