Die Klägerin war seit 2008 bei der Beklagten, zuletzt als Leiterin „Public and Media Relations“, mit 75% der Arbeitszeit beschäftigt. Die Beklagte entschied, den Bereich outzusourcen, und kündigte der Klägerin am 18.12.2012 betriebsbedingt zum 31.01.2013. Zeitgleich besetzte die Beklagte eine Stelle im Bereich Social Media mit einem Arbeitnehmer befristet auf ein Jahr. Zu dem Zeitpunkt war nicht absehbar, ob dafür ein dauerhafter Bedarf besteht. Zunächst hatte die Kündigungsschutzklage Erfolg. Am Ende der Sitzung räumte das LAG eine Frist zur Stellungnahme zu einem Schriftsatz ein. Einen Tag nach Fristablauf entschied die Kammer in einer Telefonkonferenz, die Berufung zurückzuweisen.
Die Revision gegen das Urteil des LAG Baden- Württemberg (Urt. v. 07.05.2014 – 21 Sa 67/13) war erfolgreich. Das Urteil beruhte auf einem Verfahrensfehler, da es entgegen §§ 193 Abs. 1, 194 GVG nicht aufgrund geheimer Beratung und Abstimmung der Richter ergangen war. Eine Telefonkonferenz kann diese Beratung nicht ersetzen, sondern nur neben diese treten. In Einzelfällen kann aber eine sog. Nachberatung in einer Telefonkonferenz zulässig sein, was hier nicht so war.
In materieller Hinsicht beanstandete das BAG die Entscheidung nicht. Die Kündigung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Beklagte der Klägerin als milderes Mittel gegenüber einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Weiterbeschäftigung auf der Stelle im Bereich Social Media hätte anbieten müssen. Ein Angebot hat auch zu erfolgen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz nur vorübergehend einrichten und den zeitlich ungewissen Beschäftigungsbedarf mit einem Arbeitnehmer abdecken will, der wirksam befristet (weiter-) beschäftigt werden kann. Die Möglichkeit, mit dem Stellenbewerber wirksam eine Befristung zu vereinbaren, stellt kein kündigungsschutzrechtlich beachtliches, tätigkeitsbezogenes Anforderungsprofil dar. Liegt im Kündigungszeitpunkt ein Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG vor, könne ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Wege der Änderungskündigung befristet werden. Liegt kein Sachgrund vor, scheitert eine Befristung regelmäßig am Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Das unternehmerische Konzept, einen zeitlich ungewissen Beschäftigungsbedarf mit einem Arbeitnehmer abzudecken, der wirksam befristet (weiter-) beschäftigt werden kann, ist gegenüber dem gem. § 1 KSchG geschützten Arbeitnehmer unbeachtlich. Fällt der befristete Arbeitsplatz später weg, könne der Arbeitgeber den weiterbeschäftigten Arbeitnehmer nun betriebsbedingt kündigen. Dem Erfordernis der Änderungskündigung steht nicht entgegen, dass die Klägerin in Teilzeit tätig war, die befristete Stelle hingegen in Vollzeit zu besetzen war.
Empfehlung für die Praxis:
Unabhängig vom verfahrensrechtlichen Teil, in dem sich das BAG der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 21.04.2015 – II ZR 255/13; v. 29.11.2013 – BLw 4/12) anschloss, nimmt das BAG erstmals zu der bislang offen gelassenen Frage Stellung, inwieweit nur befristet vorhandene Beschäftigungsmöglichkeiten Arbeitnehmern zur Vermeidung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung, ggf. im Wege der Änderungskündigung, angeboten werden müssen. Dies bedeutet eine erhebliche Ausweitung, nämlich um befristete Stellen und Stellen mit erhöhtem Arbeitsumfang. Gut beratene Arbeitgeber sollten Fehler in dieser Hinsicht vermeiden.