Am 12. Januar 2016 ist die neue Zahlungsdiensterichtlinie II (Payment Services Directive II – PSD II) in Kraft getreten. Vor dem Hintergrund des stetig wachsenden Online-Handels und der zunehmenden digitalen Finanzgeschäfte soll diese den Verbraucherschutz steigern und für die Wettbewerber mehr Rechtssicherheit schaffen. Doch während der deutsche Gesetzgeber noch bis Januar 2018 Zeit hat, um die Richtlinie durch Änderung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) umzusetzen, bleiben für alle, die (ursprünglich) fremde Forderungen einziehen, auch weiterhin viele Unsicherheiten.
Insbesondere für Inkasso-Dienstleister ist dieser lange Zeitraum keine erfreuliche Nachricht. Denn auch durch die PSD II wurde die dringende Frage nicht beantwortet, welche Inkassodienstleistungen Finanztransfergeschäfte im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG sind und einer Erlaubnis der BaFin bedürfen.
Bei Einführung der PSD I im Jahr 2009 bestand zwar noch die klar formulierte Intention des Gesetzgebers, dass die sog. Inkasso-Ausnahme gelten sollte. Sowohl die „ausgelagerte Debitorenbuchhaltung“ als auch das klassische „Betreibungsinkasso“ sollten ausdrücklich nicht als Finanztransfergeschäft erlaubnispflichtig sein.
Doch schon in den letzten Jahren vor der Einführung der PSD II hatte sich der Wind gedreht. Sowohl die BaFin als Aufsichtsbehörde (BaFin Journal, April 2014, S. 9) als auch die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung (so z.B. VG Frankfurt a.M., Beschl. v. 05.10.2012) interpretierten den ebenso weiten wie konturlosen Wortlaut des Finanztransfer-Tatbestandes in eine neue Richtung. Trotz des klaren Willens des Gesetzgebers, stellten sie die Inkasso-Ausnahme vermehrt in Frage.
Die Hoffnung auf eine klare Positionierung hierzu im Rahmen der PSD II erfüllte sich jedoch leider nicht. Während beispielsweise die sog. Handelsvertreterausnahme und Verbundzahlungssysteme explizit geregelt wurden, sucht man eine Regelung zu Inkassodienstleistungen vergeblich.
Insbesondere helfen auch die Begründungserwägungen der PSD II nicht weiter. So beschreibt die PSD II als Musterbeispiel für ein erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft „einen einfachen Zahlungsdienst, der in der Regel auf Bargeld beruht, das der Zahler beispielsweise in einem Supermarkt für die Bezahlung von Rechnungen von Versorgungsunternehmen einsetzt“.
Ob und in welchen Fällen aber die BaFin Schlussfolgerungen von einem einfachen Zahlungsdienst mit Bargeld für die Tätigkeit von Inkasso-Dienstleistern zieht, ist jedoch kaum vorherzusagen. Betroffen kann theoretisch jeder Dienstleister sein, der Forderungen für einen Dritten einzieht und verwaltet. Zu denken ist hier an die bereits erwähnte „ausgelagerte Debitorenbuchhaltung“. Aber auch für private Verrechnungsstellen für Ärzte oder Online-Händler besteht die Möglichkeit, dass ihre Leistungen zukünftig von der BaFin als erlaubnispflichtiges Finanztransfergeschäft im Sinne des ZAG eingestuft werden.
Von einem Abwarten bis zum Januar 2018 kann dabei nur abgeraten werden. Wer Finanztransfergeschäfte ohne ZAG-Erlaubnis erbringt, riskiert im schlimmsten Fall eine Bestrafung nach § 31 ZAG. Das Heft des Handelns sollte daher von jedem Unternehmen selbst in die Hand genommen werden. Da es nach der Praxis der BaFin stets auf die individuelle Ausgestaltung des jeweiligen Geschäftsmodells ankommt, ist nach Prüfung des Sachverhalts eine Absprache mit der BaFin unerlässlich. Insbesondere kann in Einzelfällen die Beantragung eines sog. „Negativtestats“ ein gangbarer Weg sein, um für die Unwägbarkeiten bis Januar 2018 und die Zeit danach gut aufgestellt zu sein.
Gerne prüfen wir vorab die notwendigen Voraussetzungen und begleiten Sie dabei.