Als Dipl. Designerin Petra Ruhnau erstmals das Objekt besichtigte, präsentierte sich die Gebäudehülle farblich in Beige-, Grau- und Grüntönen. Dies war noch die ursprüngliche Farbfassung der Erbauungszeit. Damaliges Ziel war es, die Fassade camouflageartig in Naturfarben, sowie durch eine grafische Gestaltung mit abstrakten Baumsilhouetten zu tarnen. Das wuchtige Bauwerk sollte "unsichtbar" erscheinen, auf gar keinen Fall betont werden.
Mittlerweile hat sich diese Sichtweise geändert. Auch wenn die Hochhausarchitektur der 70er Jahre selten geliebt wird, so wird das Wegstreichen nicht als Lösung gesehen. Ganz im Gegenteil: was nicht weg retuschiert werden kann, wird heute als Zeitzeugnis gesehen, optisch sowie energetisch aufgewertet und selbstbewusst in Szene gesetzt.
Mit dieser Aufgabe befasste sich zunächst das Architekturbüro Schindler aus Waldkirch. Neue Hauseingänge, Treppenhausverglasungen und Fenster wurden in der Planung genauso vorgesehen, wie eine effektive Fassadendämmung. Mit diesen Maßnahmen war klar, dass sich das Erscheinungsbild der Hausfront massiv verändern wird. Das bisher stark gliedernde Raster durch die Plattenfugen entfiel, neue Eingangsbereiche sorgten für mehr Licht, Transparenz und Sicherheit, die Treppenhäuser wirkten lichtdurchflutet viel heller als vorher.
In Absprache mit dem Architekturbüro erarbeitete Petra Ruhnau zwei Farbkonzepte für die Wohnanlage in der Boelckestraße 19 + 21 und Richthofenstraße 11-17. Zwei Visualisierungen zeigten anschaulich und professionell, wie die Fassaden mit den geplanten baulichen Veränderungen und neuer Farbigkeit wirkten. Ursprünglicher Wunsch war eine warme, mediterrane Farbigkeit in erdigen, sandigen Nuancen kombiniert mit Ziegelrot und Ocker. Diese Idee ist im ersten Konzept dargestellt, eine klassische, wohnliche Variante, die immer beliebt und weit verbreitet ist. Das zweite Konzept zeigt eine plakative, erfrischende Alternative. Ein Rotorangeton taucht auch in diesem Entwurf auf, ebenso helle Sandfarbtöne, allerdings kombiniert mit leuchtendem Maigrün und kühlen Blaunuancen.
Das zweite Konzept überzeugte und wurde entwurfsgetreu realisiert. Die Wohnanlage wird mit der auffälligen Farbgestaltung zum Hingucker auf der stark befahrenen Basler Straße. Die hellen Basisfarbtöne verleihen den einzelnen Baukörpern Leichtigkeit. Die farbigen Fassadenbereiche in Rot, Grün und Blau schaffen vertikale Unterbrechungen, die das Gebäude rhythmisch gliedern und charakterisieren. Die Farbgebung unterstreicht dabei unterschiedliche Funktionsbereiche wie Treppenhäuser und Wohnflächen, die in vor- oder rückspringenden Ebenen liegen. Verschiedene Gebäudehöhen prägen zusätzlich den lebendigen Eindruck und nehmen dem Komplex die Massivität. Die Farben der Eingangsfront korrespondieren auch mit der Rückseite der Wohnanlage. Hier sorgen die Balkone formal und farblich für ein spannendes, abwechslungsreiches Bild durch die kräftigen Akzentfarben sowie durch unterschiedliche Brüstungselemente.
Ein interessantes Detail sind die stark farbigen Sockelzonen. Normalerweise wird dem Sockel wenig Aufmerksamkeit beigemessen und ein unbunter, grauer Anstrich favorisiert. Petra Ruhnau sieht das anders und findet dieses unterprivilegierte Fassadenelement gestalterisch wichtig: "Gerade diese ungewöhnlichen, kleinen Akzentbereiche bringen etwas Verspieltes in die strenge, geradlinige Architektur. Sie überraschen, regen an, bringen heitere Aspekte in eine Wohnumgebung, die wenig Individualität zulässt. Die farbigen Treppenhäuser werden durch ihren farbintensiven Sockel verstärkt hervorgehoben." Ungewöhnlich sind auch die modern und grafisch wirkenden zweifarbigen Fenster mit anthrazitfarbigen Rahmen und metallisch silbrigen Flügeln. Dadurch erscheint die Fensteröffnung mit Rahmen insgesamt als dunkle Fläche in der Fassade. Es entsteht so ein sehr klares Bild und die dunklen Öffnungen lassen die Fassadenfarben viel stärker leuchten.
Das neue "leuchtende" Outfit prägt die Wohnanlage markant und fördert die Wiedererkennung und Orientierung. Vorbeifahrende Passanten erkennen: Jetzt gelange ich in die Stadt! Die Hinlenkung geschieht durch die "städtische" Farbigkeit. Für die Bewohner ist ein freundliches, einladendes und lebendiges Umfeld entstanden, das nebenbei durch die polychrome Farbigkeit auch als Spiegel der kulturellen Vielfalt der Mieter verstanden werden kann. Das Motto lautet: "Verstecken war gestern, Präsenz und Selbstbewusstsein sind heute."
TIPP:
Wer jetzt inspiriert ist, kann selbst gestalterisch aktiv werden: Diese Fassade und natürlich auch viele weitere, können in dem kostenlosen Gestaltungstool unter www.spectrumexpress.de nach eigenen Vorstellungen individuell gestaltet werden. Probieren Sie es aus: www.spectrumexpress.de / Aussen / Mehrfamilienhaus für Internettext direkter Link: http://spectrumexpress.de/...
Bautafel:
Objekt:
Wohnanlage in Freiburg:
Boelkestraße 19, 21/Richthofenstraße 11, 13, 15, 17
Bauherr: Freiburger Stadtbau GmbH
Planung: Schindler Architekten GmbH, Kastelbergstraße 19, 79183 Waldkirch
Verarbeiter: Knaupp GmbH, Max-Planck-Straße 25, 78713 Schramberg
Produkte: ThermoSan
Farbtöne:
Hauptfassadenflächen: Jade 90, Melisse 45
Akzentflächen Treppenhäuser: Mai 85, Lago 80, Papaya 105
Akzente Sockel: Patina 5, Lazur 75, Cameo 130