Clerical Medical hatte in der Vergangenheit tausende Anleger für kreditfinanzierte Lebensversicherungen geworben. Hierbei sollte ein Bankdarlehen aufgenommen werden, dessen Zinsen durch von Clerical Medical zugesicherte Auszahlungen aus der Lebensversicherung von CMI bedient werden sollten. Das Darlehen selbst sollte durch einen Investmentfonds, den der Kunde erwarb, bei Fälligkeit getilgt werden.
Anlageberater, die nach Auffassung vieler Geschädigter für Clerical Medical tätig waren, warben hierbei mit hohen Renditeerwartungen, die - so der Vorwurf - unrealistisch gewesen seien.
Der Bundesgerichtshof stellte hierzu nun fest:
1. Clerical Medical muss die in den Versicherungsscheinen vorgesehenen Auszahlungspläne grundsätzlich erfüllen.
2. Clerical Medical muss sich das Handeln der Untervermittler gemäß § 278 BGB zurechnen lassen, da sie im Rahmen eines Strukturvertriebes die mit dem Vertrieb der Lebensversicherung in Deutschland verbundenen Aufgaben selbstständigen Vermittlern überlassen hat.
3. Den Anlegern können darüber hinaus auch Schadensersatzansprüche zustehen. Dies gilt dann, wenn dem Kunden gegenüber bestehende Aufklärungspflichten verletzt wurden, beispielsweise, weil der Anlagevermittler dem Anleger ein unzutreffendes und zu positives Bild der zu erwartenden Rendite gegeben hat. Dies kann dann der Fall sein, wenn den Kunden Musterberechnungen übergeben wurden, die auf einer Renditeprognose von 8,5 % basieren. Denn der BGH stellte fest, dass Clerical Medical selbst nur eine Rendite von gerade einmal 6 % als realistisch angesehen hat. Aufklärungspflichten können auch dann verletzt sein, wenn die Anleger nicht in ausreichender Deutlichkeit über das von Clerical Medical durchgeführte Glättungsverfahren (Sog. "Smoothing") informiert wurden. Hierbei entscheidet Clerical Medical nach eigenem Ermessen, in welcher Höhe die erwirtschaftete Rendite tatsächlich an den Anleger gezahlt wird und zu welchem Anteil sie in die Reserven fließt. Aufklärungspflichten können schließlich auch dann verletzt sein, wenn die Anleger nicht in ausreichender Deutlichkeit über die von Clerical Medical durchgeführte Quersubventionierung informiert wurden. Hierbei verwendet Clerical Medical die Kundenbeiträge auch zur Erfüllung von Garantieansprüchen anderer Anleger.
"Für die Anleger von Clerical Medical ist das eine erfreuliche Entwicklung", so Rechtsanwalt Christian Luber, LL.M., M.A., von der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei CLLB Rechtsanwälte mit Büros in München, Berlin und Zürich, die bereits Clerical-Medical-Geschädigte vertritt. "Denn nach der nun erfolgten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kamen Clerical Medical grundsätzlich erhebliche Informations- und Aufklärungspflichten bei dem Abschluss der Versicherungsverträge zu. Dies bedeutet, dass Berater, die den betroffenen Anlegern die Verträge empfohlen haben, ausführlich und verständlich über die bestehenden Risiken für die Anleger aufklären mussten. Kamen sie dieser Pflicht nicht oder nur eingeschränkt nach, muss hierfür Clerical Medical nun im Grundsatz einstehen."
Rechtsanwalt Luber empfiehlt daher allen Betroffenen, mögliche Ansprüche anwaltlich prüfen zu lassen.