- Continental zeigt auf dem Wiener Motorensymposium Systemlösungen für extrem schadstoffarme Dieselmotoren
- 60 Prozent weniger Stickoxide bei zugleich geringerem Kraftstoffverbrauch
- Umfassendes Technikpaket aus hochflexibler Einspritzung, 48-Volt-Hybridsystem, SCR-Abgasnachbehandlung und elektrisch beheizbarem Katalysator
- Weiterführende signifikante Verbrauchseinsparungen durch prädiktives Fahren möglich
Hochflexible Einspritzung
Um die Vision von einem sauberen Dieselfahrzeug zu realisieren, gingen die Ingenieure in mehreren Schritten vor. Zunächst tauschten sie das Serien-Einspritzsystem gegen das eigene Piezo-Common-Rail-System PCRs5 aus. Dieses arbeitet mit Einspritzdrücken von bis zu 2.500 bar und ist mit Hilfe einer hochdynamisch arbeitenden Ventilbetätigung in der Lage, mehrere Einspritzungen mit sehr kurzen Intervallen und sehr präziser Dosierung zu realisieren. Es ermöglicht, nach dem Ende des Verbrennungsvorgangs eine winzige Menge Kraftstoff in den Zylinder einzuspritzen. Dieser Kraftstoff entzündet sich erst im Katalysator und führt dazu, dass dieser sich schneller aufheizt. Das ist wichtig, weil der für die Stickoxid-Konvertierung eingesetzte SCR-Katalysator nach einem Kaltstart zunächst eine gewisse Mindesttemperatur erreichen muss. Tests zeigen, dass sich allein durch die Nacheinspritzung das Anspringen des SCR-Katalysators um zirka acht Minuten beschleunigen lässt und so die kumulierte Stickoxidemission im künftigen Fahrzyklus WLTP (Worldwide harmonized Light-duty Test Procedure) um 37 Prozent sinkt.
Innovatives 48-Volt-Hybridsystem
Allein auf die Nacheinspritzung will Continental jedoch nicht setzen, da sich dadurch der Kraftstoffverbrauch um etwa vier Prozent erhöhen würde. Daher applizierte der Zulieferer ein 48-Volt-Hybridsystem, das auf einem riemengetriebenen Starter-Generator basiert. Der verwendete Elektromotor mit einer Spitzenleistung von rund 15 Kilowatt ermöglicht es nicht nur, Bremsenergie wiederzugewinnen und als Strom in einem kleinen Lithium-Ionen-Akku zu speichern. Vielmehr unterstützt es den Verbrennungsmotor kurzzeitig auch in Phasen stärkerer Beschleunigung. Dies senkt die Stickoxidemissionen, die bei einem Dieselmotor besonders hoch ausfallen, wenn sehr schnell sehr viel zusätzliche Leistung abgerufen wird. Da ein geringerer Anteil der Leistung durch den Verbrennungsmotor erzeugt werden muss – Ingenieure sprechen dabei von „Phlegmatisierung“ –, lassen sich durch das 48-Volt-System weitere drei Prozent gegenüber der Nacheinspritzung einsparen. Gleichzeitig sinken die CO2-Emissionen zusätzlich um rund drei Prozent.
SCR-Abgasnachbehandlung und elektrisch beheizbarer Katalysator
Zur Emissionsminderung wird ein motornaher elektrisch heizbarer Katalysator (EMICAT) eingesetzt. Mit einer kurzzeitig anliegenden Leistung von bis zu drei Kilowatt bringt er den dahinterliegenden SCR-Katalysator - unabhängig von der Motorbetriebsstrategie - bereits nach kurzer Zeit auf Betriebstemperatur, um mit der Stickoxid-Konvertierung zu starten. Die Einspritzung der für die SCR-Katalyse benötigten wässrigen Harnstofflösung (AdBlue) erfolgt direkt hinter dem Heizkatalysator auf das ausströmende Abgas. Diese Anordnung garantiert eine gute Durchmischung von Abgas und Harnstoff, ohne dass ein zusätzlicher Mischer verwendet werden muss. Durch die Applikation des Heizkatalysators sinken die Stickoxidemissionen um weitere 14 Prozent. Der Kraftstoffverbrauch bleibt dabei unverändert, da die elektrische Energie für die Katalysatorheizung ausschließlich über das 48-Volt-System aus rekuperierter Bremsenergie gewonnen wird.
Energieoptimierung durch Connected Energy Management
Eine weitere signifikante Reduzierung der Emissionen konnte durch die Einbindung des sogenannten connected Energy Managements (cEM) erzielt werden. „Der Charme des vernetzten Energiemanagements liegt darin, dass wir allein durch eine verbesserte Datenbasis in der Lage sind, die Fahrstrategie energetisch zu optimieren“, sagte Dr. Oliver Maiwald, Leiter Technology & Innovations bei Continental, Division Powertrain. „Bei bekannter Strecke (Navigation oder Streckenerkennung durch lernfähige Algorithmen) kann das cEM-Steuergerät vorausschauend darüber entscheiden, wann das Fahrzeug am besten rollt und wann rekuperiert werden sollte – und das spart Kraftstoff und Emissionen“, so Maiwald weiter. Bei dem in Wien vorgestellten „Super Clean Electrified Diesel“ konnten durch die Anwendung der cEM Traffic Light Assist (TLA) - Funktion eine weitere Absenkung der Stickoxidemissionen und gleichzeitig des Kraftstoffs erwirkt werden. Denn dank zusätzlicher Cloud-Daten prognostiziert der TLA den vorausliegenden Straßenabschnitt und den Verkehrszustand, weiß somit auch, wann die nächste Ampel – die für den Fahrer noch gar nicht sichtbar sein mag – rot wird und kann den Segel- und Rekuperationsbetrieb sowie die Bremsverzögerung entsprechend optimieren.
In Summe ergibt sich für das in Wien im Vortrag präsentierte Versuchsfahrzeug eine sehr deutliche Reduzierung der Stickoxidemission um 60 Prozent im Vergleich zu einem heutigen Euro 6 Dieselfahrzeug bei gleichzeitiger Kraftstoffverbrauchsreduktion von zwei Prozent. „Damit lösen wir einen klassischen Zielkonflikt in der Dieselmotorenentwicklung“, kommentiert José Avila die Ergebnisse. „Ein sauberer Dieselmotor, der weit unter den gesetzlichen Grenzwerten bleibt, muss nicht mehr Kraftstoff verbrauchen.“
Einen Simpleshow-Erklärfilm zum Thema Fahrzyklen, Kraftstoffverbrauch und Emissionen finden Sie hier