Fast sechs Millionen vermeidbare Todesfälle jährlich gehen auf das Konto der drei bedrohlichsten Infektionen AIDS, Tuberkulose und Malaria. Etwa vier Millionen Menschen sterben an Erkrankungen der Atemwege und etwa zwei Millionen an Darminfektionen. Noch dramatischer sind die Auswirkungen der Infektionskrankheiten auf Lebensqualität und Arbeitskraft: Chronische Erkrankungen und Invalidität sind zu 40 Prozent auf Infektionskrankheiten zurückzuführen.
Impfungen gehören zu den wirksamsten und kosteneffektivsten medizinischen Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionskrankheiten. Da sie nicht nur der Gesundheit Einzelner dienen, sondern sich auf die Gesunderhaltung der gesamten Bevölkerung richten, sind erfolgreiche Impfungen auch volkswirtschaftlich relevant und eine entscheidende Voraussetzung für wirtschaftlichen Wohlstand. Die Pocken sind weltweit ausgerottet. Fälle von Kinderlähmung lassen sich nur noch in wenigen Ländern der Erde nachweisen, und selbst dort treten nur wenige tausend Fälle pro Jahr auf. Noch kurz vor dem zweiten Weltkrieg verstarben in Deutschland rund 10 000 Kinder pro Jahr an Masern, Keuchhusten oder Diphtherie; Impfstoffe haben diese Krankheiten weitgehend unter Kontrolle gebracht.
Trotz der Erfolge der Impfung ist besonders in Industrieländern eine zunehmende Impfmüdigkeit, abnehmende Impfakzeptanz und zum Teil sogar Impfgegnerschaft zu verzeichnen. Die Stellungnahme des Präsidiums der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina mit dem Titel "Schutzimpfungen - Chancen und Herausforderungen" fasst den aktuellen Handlungsbedarf im Hinblick auf die Entwicklung und Verwendung von Schutzimpfungen zusammen:
- Die Etablierung eines "Nationalen Impfplanes" wird empfohlen. In diesem Programm sollten definierte Impfziele, sowie konkrete Vorgaben für die Umsetzung von Impfstoffbeschaffung bis hin zur Finanzierung und zur Aufklärung der Bevölkerung enthalten sein.
- Es werden verstärkte Anstrengungen im Hinblick auf Fragen der Epidemiologie, der Überwachung von Infektionskrankheiten, sowie der Aufdeckung, Bewertung und Prävention von Nebenwirkungen gefordert (Stichwort Pharmakovigilanz).
- Neben den nationalen Gegebenheiten sind auch internationale Aspekte der Impfstoffentwicklung und -verbreitung zu berücksichtigen und Strategien zu entwickeln, die die Verfügbarkeit von Impfstoffen in Entwicklungsländern erleichtern. Kooperationen mit anderen Ländern, mit staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen sowie Stiftungen müssen zu diesem Zweck ausgebaut werden.
- Die Basis für eine zukunftsorientierte Impfstoffentwicklung ist eine starke Grundlagenforschung in den Bereichen Immunologie, Infektionsbiologie und Vakzinologie und die Zusammenarbeit von veterinär- und humanmedizinischen Forschergruppen auf diesen Gebieten.
Die Stellungnahme kann unter www.leopoldina-halle.de/... stellungnahmen/nationale-empfehlungen.html nachgelesen werden.