Möglich wurde dieser 30stündige Eingriff nicht zuletzt durch den Schlaganfall eines 51jährigen Patienten in der gleichen Klinik und das Einverständnis von dessen Angehörigen. Der transplantierte Patient hatte sich im Jahr 2004 bei einem Unfall schwere Verbrennungen zugezogen und konnte in Folge nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Erstmals wurde bei diesem Eingriff Gesicht und Extremitäten parallel transplantiert. Auch die vollständige Transplantation eines Gesichtes mit Ausnahme des Mundes wurde zum ersten Mal durchgeführt, dabei war insbesondere die Transplantierung der Ober- und Unterlieder mit Anschluss an die Tränenkanäle eine technische Herausforderung.
Die Verantwortung des Plastischen Chirurgen
Bei dem Eingriff handelt es sich um die sechste Gesichtstransplantation weltweit, drei davon wurden von Lantieri durchgeführt, die erste erfolgte im Januar 2007 an einem 27jährigen Patienten mit der Recklinghausen-Krankheit, im Volksmund Elefantitis. Lantieri führte dazu aus, dass er weitere Eingriffe erst vornehmen wollte, wenn sein erster Patient wieder vollständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen könne. Dies ist nun, zwei Jahre später erreicht, der Patient arbeitet wieder und ist sozial integriert. "Erst mit diesem Wissen habe ich mit meinem Team Ende März eine Gesichtstransplantation an einem 30jährigen Patienten durchgeführt, dessen Gesicht bei einem Schießunfall zerstört wurde sowie den jetzigen Eingriff vorgenommen", berichtet Lantieri. Er plant in den nächsten Wochen zwei weitere Eingriffe und betont, dass das transplantierte Gesicht stets eher dem Empfänger, als dem Spender gleicht, da es auf die Knochenbasis des Empfängers aufsetzt.
Internationale Kooperation macht es möglich
Dr. Marita Eisenmann-Klein, Generalsekretärin des Weltverbandes der Plastischen und Ästhetischen Chirurgen (IPRAS) und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC) betont mit Blick auf den Eingriff den Wert des internationalen Austausches für den medizinischen Fortschritt: "Es ist wunderbar zu sehen, dass hier ein reger Wissenstransfer und kein Wettkampf um das beste Ergebnis oder den Eintrag in die Geschichtsbücher stattfindet. So hat Lantieri seit Jahren den Austausch mit Maria Simionow, die Ende 2008 in den USA die bis dahin weitreichendste Gesichtstransplantation vorgenommen hatte, gesucht und genutzt.", führt Dr. Eisenmann-Klein aus und berichtet, dass man sich mit Benoit Lengelé aus Belgien, der 2005 die erste Transplantation weltweit durchgeführt habe, Maria Siemionow und Laurent Lanterie auch bei dem IQUAM Kongress am Wochenende kollegial zum Thema ausgetauscht habe. "Wir hoffen sehr, dass die IQUAM als internationale Organisation zur Qualitätssicherung in der Plastischen Chirurgie und Tochtergesellschaft des Weltverbandes IPRAS damit auch ihren Beitrag geleistet hat, diese innovativen Verfahren in naher Zukunft Patienten weltweit zugänglich zu machen", schließt die Plastische Chirurgin.