In Sachsen-Anhalt – ebenso in anderen ostdeutschen Bundesländern – treffen Höchstwerte in der Gesamtsterblichkeit und in der Herzinfarktsterblichkeit mit Spitzenwerten für die Prävalenz (Erkrankungshäufigkeit) der Diabetiker, Raucher, Bluthochdruckpatienten, Menschen mit Übergewicht und metabolischem Syndrom zusammen. „Zugleich zeigt unsere Analyse ganz deutlich, dass auch sozial ungünstige Aspekte wie hohe Arbeitslosigkeit und ein hoher Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss in diesen Regionen stärker vertreten sind und für die Erklärung der überdurchschnittlichen Infarktsterblichkeit eine wichtige Rolle spielen“, bestätigt Prof. Dr. med. Andreas Stang, MPH, Leiter des Zentrums für Klinische Epidemiologie (ZKE) am Universitätsklinikum Essen und Autor des Kapitels „Kardiovaskuläre Risikofaktoren in der Prävention“ im neuen Herzbericht.
Sichtbares Risikoprofil erleichtert gezielte Präventionsmaßnahmen
Für das Gesundheitswesen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen wichtige neue Anhaltspunkte für eine gezielte Präventionsstrategie. „Unsere Ergebnisse lassen insbesondere für Bundesländer wie Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen, die seit Jahren gegen eine überdurchschnittlich hohe Herzinfarktmortalität ankämpfen, ein bestimmtes Risikoprofil ihrer Bevölkerung erkennen, das sich von dem anderer Länder mit durchschnittlichen Sterblichkeitsziffern unterscheidet“, betont der Herz-Kreislauf-Epidemiologe. Ferner belegen diese Zusammenhänge, dass es sich bei den starken regionalen Schwankungen in der Infarktsterblichkeit – meistens zuungunsten der ostdeutschen Bundesländer – nicht um Fehler in der Todesursachenstatistik (methodische Artefakte) handelt, sondern um tatsächlich hohe Sterblichkeits- und Erkrankungswerte.
Dringlicher Handlungsbedarf für die Gesundheitspolitik
Gesundheitsexperten sehen daher dringlichen Handlungsbedarf für die Gesundheitspolitik u. a. in Form von Präventionsmaßnahmen. Dazu zählen Veränderungen der Arbeitsumgebung und der Umwelt, z. B. durch Bewegungsprogramme in Betrieben und Schulen, eine Verschärfung des Nichtraucherschutzes und verstärkte Aufklärung über die Bedeutung des gesunden Lebensstils für die Herzgesundheit. „Soziale Faktoren müssen dabei unbedingt in den Fokus der Prävention genommen werden. Denn drohende oder bestehende Arbeitslosigkeit begünstigen einen ungesunden Lebensstil etwa durch Stress, Depression, sportliche Inaktivität und ungesunde Ernährung und infolgedessen das Risiko für KHK und Herzinfarkt“, warnt Prof. Stang und geht davon aus, dass eine Senkung der Arbeitslosigkeit sowie eine Steigerung der Bildung insbesondere hinsichtlich der eigenen Gesundheit mittelfristig zu einem Erfolg führen kann. Um die erhöhte Herzinfarktsterblichkeit in den Griff zu kriegen, müssen vor allem noch nicht aufgedeckte Erkrankungen an den „stillen Killern“ Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörung durch Vorsorge-Check-ups entdeckt und konsequent behandelt werden. „Die Zahl der unentdeckten Hochdruckpatienten und Diabetiker geht in die Millionen. Deshalb müssen gerade in diesen Regionen die Menschen für die Bedeutung der Messung von Blutdruck, Cholesterin und Blutzucker ab 40 Jahren, bei familiärer Vorbelastung noch früher, sensibilisiert werden.“
Weitere Informationen zum Deutschen Herzbericht 2015 unter: www.herzstiftung.de/...