Mit Ärztin oder Arzt über Sorgen und Ängste sprechen
Bisher sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) nur rund 65% der Gesamtbevölkerung in Deutschland vollständig gegen Covid-19 geimpft, das heißt: Über ein Drittel der Bevölkerung hat noch keinen vollständigen Impfschutz. Zur Gruppe der Impfberechtigten ab zwölf Jahren gehören knapp 74 Mio. Menschen, davon sind rund 73% vollständig geimpft. In der Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen liegt die Impfquote bei zirka 70 % (3). „Wir bitten Menschen mit Sorgen und Ängsten wegen möglicher Nebenwirkungen und Impfkomplikationen, diese mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu besprechen. Sie können aufgrund ihrer medizinischen Kompetenz und Erfahrung mit Impfungen am besten bei der Nutzen-Risiko-Abwägung helfen.“ Über Nebenwirkungen, etwa die sehr seltenen thromboembolischen Komplikationen nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff, oder das sehr seltene Auftreten einer in der Regel mild verlaufenden Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und Perikarditis (Herzbeutelentzündung) nach einer Impfung mit BioNTech oder Moderna informiert die Herzstiftung ausführlich unter www.herzstiftung.de/corona-impfung
Appell an Herzkranke: Auch gegen Grippevirus und Pneumokokken impfen!
Patienten mit Herz- und Kreislauferkrankungen zählen zum besonders gefährdeten Personenkreis mit einem höheren Risiko für schwere Covid-19-Krankheitsverläufe. Das gilt insbesondere für Patienten mit Herzschwäche, koronarer Herzkrankheit, Bluthochdruck und Diabetes. Auch ältere Menschen ab 60 Jahren ohne Herzerkrankung sollten sich schützen, da deren Immunsystem sich schlechter gegen das Virus wehren kann. „Für sie und Herz-Kreislauf-Patienten ist die Covid-19-Impfung daher eine sehr wichtige Schutzmaßnahme“, betont Voigtländer, der als Kardiologe am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt am Main tätig ist.
Angesichts der im Oktober beginnenden Impfsaison rät die Deutsche Herzstiftung Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, sich auch gegen das Influenzavirus impfen zu lassen, ebenso gegen Pneumokokken, den Haupterregern einer Lungenentzündung. Eine Pneumokokken-Impfung wird Menschen ab 60 Jahren oder Jüngeren mit einem besonderen Gesundheitsrisiko, etwa bei chronischer Lungenerkrankung, empfohlen. Lungenentzündung und eine Grippeerkrankung (Influenza) können bei einer vorbestehenden Herzerkrankung das Herz zusätzlich schädigen. Mögliche Folgen sind Herzschwäche, Herzinfarkt, Herzmuskelentzündung und andere Herzkomplikationen. „Bei einer Infektion mit dem Influenzavirus oder Pneumokokken schwächen die Krankheitserreger das vorgeschädigte Herz und Gefäßsystem zusätzlich, entweder direkt oder indirekt über den Befall von anderen Organen wie der Lunge.“ Älteren Menschen fehlen oftmals die Kraftreserven für eine wirksame Gegenwehr gegen die Krankheitserreger.
Impfung gegen Covid-19 und gegen Grippe ohne zeitlichen Abstand möglich
Wer sich gegen Covid-19 impfen lässt oder eine Booster-Impfung erhält, kann gleichzeitig gegen Grippe (Influenza), Pneumokokken und andere Erkrankungen auf Basis der sogenannten Totimpfstoffe geimpft werden. Ein zeitlicher Abstand ist dabei nicht nötig, so die aktuelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) (1). Voraussetzung für eine solche simultane Impfung sei, dass diese auch ärztlich angezeigt ist. Laut STIKO können Impfreaktionen häufiger als bei der getrennten Gabe auftreten. Immunantwort und Nebenwirkungsprofil würden nach gleichzeitigem Verabreichen verschiedener Impfstoffe im Allgemeinen dem bei jeweils alleiniger Anwendung entsprechen.
Dritte („Booster“-) Impfung gegen Covid-19: Für wen sinnvoll?
Für eine 3. Impfung als „Booster“ hat sich die STIKO in bestimmten Fällen ausgesprochen. Danach sollten zunächst Immungeschwächte (z. B. nach Transplantation oder mit Immundefekten) eine dritte Impfdosis erhalten (1). Die Deutsche Herzstiftung begrüßt diesen Schritt der STIKO. So sind etwa Herz- und Lungentransplantierte, denen eine Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus ausdrücklich empfohlen wird, trotz Zweifachimpfung kaum durch den Corona-Impfstoff geschützt. Das hat eine von der Deutschen Herzstiftung geförderte Forschungsarbeit am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, bei transplantierten Patienten mit dem mRNA-Impfstoff (BioNTech/Pfizer) ergeben. Blutproben bei 50 Herz- und Lungentransplantations-Patienten ergaben nach Informationen des HDZ NRW, dass „drei Wochen nach der zweiten Impfung bei der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer weder Antikörper noch eine Aktivierung der für die Wiedererkennung des Virus und für die Zerstörung virusbefallener Zellen wichtigen Gedächtniszellen (T-Zellen) nachweisbar waren“. Umso wichtiger ist daher für solche schwer immungeschwächten Patienten mit erwartbar stark verminderter Immunantwort eine dritte Impfdosis. Erfahrungen an transplantierten Patienten in den USA und Frankreich legen nahe, dass „zumindest ein Teil der Patienten unter erneuter Auffrischimpfung dann den erforderlichen Immunschutz entwickelt“, berichtet das HDZ NRW. „Daher ist es wichtig und zu begrüßen, dass nun von der STIKO und von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine dritte Impfdosis für Organtransplantierte empfohlen wird“, betonen Prof. Dr. med. Angelika Costard-Jäckle und Prof. Dr. med. Jan Gummert vom HDZ NRW. Costard-Jäckle leitet gemeinsam mit Prof. Dr. med. René Schramm (HDZ NRW) die Forschungsarbeit (2), die u. a. auf Initiative der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am HDZ NRW (Prof. Gummert) mit Unterstützung der Herzstiftung durchgeführt wurde. Eine generelle Empfehlung zur Booster-Impfung für Nicht-Risikopatienten oder Senioren wurde bislang nicht gegeben. Dazu reichen nach Auffassung der STIKO die wissenschaftlichen Daten noch nicht. Weitere Infos unter www.herzstiftung.de/corona-impfung
Quellen:
- Epid Bull 2021;39:3 -11. Doi: 10.25646/9087 / Epid Bull 2021;39:42 -45. Doi: 10.25646/9044
- Clin Res Cardiol. 2021 Jul 9; 1-8. Doi: 10.1007/s00392-021-01880-5.
- https://impfdashboard.de/ (Stand: 04. Oktober 2021)