„Ausgangsbeschränkungen können Familien bei allem Stress auch wertvolle Erfahrungen bescheren“, davon ist Petra Windisch de Lates, Vorstandsvorsitzende der privaten Hilfsorganisation Deutsche Lebensbrücke, überzeugt. Aber sie ergänzt: „Vorausgesetzt, sie leben in einer Münchner Altbauwohnung, in einem Reihenhaus am Stadtrand von Stuttgart, in einem idyllischen Wohngebiet in Hamburg oder einem Einfamilienhaus-Viertel in Frankfurt. Beispielsweise. Die Namen der Städte sind austauschbar.“
Kinder aus sozial schwachen Familien sind mehrfach betroffen
Aber was ist mit der alleinerziehenden Mutter aus der Hochhaussiedlung in München-Harthof? Der 5-köpfigen Familie, die in Hamburg-Harburg auf 70 qm wohnt, 3 Zimmer, kein Balkon? Beispielsweise. Kein Garten, kein Balkon, keine Arbeit, nur Hartz IV. Und dann Corona. „Nein, das sind keine Einzelfälle, und sie sind auch nicht an den Haaren herbeigezogen. Leider.“ Petra Windisch de Lates weiß, wovon sie spricht. In ihren Projekten Frühstücksklub und Mittagstisch betreut die Deutsche Lebensbrücke Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien, in München und Hamburg, in Frankfurt, Hannover und Berlin, in Stuttgart und Straubing.
„Viele dieser Kinder und ihre Eltern leiden gleich mehrfach unter der Corona-Pandemie“, sagt Petra Windisch de Lates. Die Krankheit bedroht natürlich auch sie. Kinder, die von Einkommensarmut betroffen sind - immerhin über ein Drittel aller Kinder in Deutschland - ernähren sich oft ungesünder und haben ein schwächeres Immunsystem(Längsschnittstudie Bertelsmannstiftung 10/17). Hinzu kommt, dass diese Kinder mit dem „Homeschooling“ oft überfordert sind. Ein Smartphone haben zwar fast alle, aber nicht unbedingt einen modernen PC, Drucker und ein gut funktionierendes Internet. Hilfe von den Eltern ist leider auch eher selten. Entweder es fehlt an den „Soft Skills“, um die Kinder beim Lernen zu unterstützen, oder an der Bereitschaft dazu. Ganz abgesehen davon, dass nicht selten die nötige Lernatmosphäre fehlt, räumlich wie strukturell. Denn grade bei diesem neuen Lernmodell benötigen die Kinder Motivation – und Regeln.
Wenn Eltern Kindern nichts zu essen machen…
Hinzu kommt der „Lagerkoller“. „Die Kinder in unseren Projekten sind am Nachmittag vorwiegend draußen oder eben bei uns in den Freizeiteinrichtungen. Hier essen sie, hier spielen sie, hier haben sie ihre sozialen Kontakte. All das bricht ihnen grade weg.“ Frühstücksklubs und Mittagstische der Deutschen Lebensbrücke sind praktische Antworten auf die Tatsache, dass immer mehr Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen und auch mittags zuhause kein richtiges Essen bekommen. Windisch de Lates: „Das liegt nicht daran, dass die Eltern kein Geld haben, um ihren Kindern ein Frühstück oder ein warmes Mittagessen auf den Tisch zu stellen! Ein gesundes Essen kann einfach sein und kostet nicht viel. Im Gegenteil, Fast Food oder Süßigkeiten sind teurer. Besonders bei Alleinerziehenden sind die Eltern unter Umständen einfach schon oder noch in der Arbeit. Oder sie bringen aus den unterschiedlichsten Gründen nicht die Kraft oder das Interesse auf, ihre Kinder zu ernähren.“
Deutsche Lebensbrücke plant Frühstück „to go“
In der Corona-Krise sind diese Kinder also mehrfach gestraft. Sie hinken in Bezug auf das Lernen hinterher. Sie haben kein soziales Leben mit ihren Freunden – und sie haben Hunger! „Das ist schrecklich. Deshalb sind wird grade dabei, zu überlegen, wie wir den Kindern in dieser Zeit ein Frühstück zusammenstellen können, das sie sich morgens in der Schule abholen. Aber dazu müssen wir zunächst mal die Kinder und deren Eltern erreichen, und das ist sehr schwierig. Eine solche Verteilung wäre auch für die ehrenamtlichen Frühstückshelfer*innen wichtig. Viele sind auf die Aufwandsentschädigung als Zubrot angewiesen“, sagt die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Lebensbrücke.
Spendenprojekt: Nachhilfe kompakt zum Schulstart nach Ostern
Aber die private Hilfsorganisation will den Kindern in ihren Frühstücksklubs nicht nur mit Lebensmitteln helfen. Windisch de Lates: „Wir würden gerne für „unsere“ Kinder in den ersten Schulwochen eine Nachhilfe organisieren, damit sie ihren Corona-bedingten Lernückstand aufholen. Drei-, viermal die Woche wäre nötig. Aber auch das ist ein großes logistisches und finanzielles Problem: Die wirklich bedürftigen Kinder rausfiltern und kontaktieren, Räume für den Unterricht finden – und dazu die nötigen Nachhilfe-Lehrkräfte. Das wird nur klappen, wenn wir in der kurzen Zeit bis nach Ostern rund 20 Tausend Euro dafür sammeln können.“
„Die Kreativität, die in der Corona-Zeit bei uns freigesetzt wird, ist enorm. Sie sollte auch dazu eingesetzt werden, benachteiligten Kindern und Jugendlichen über diese Wochen zu helfen“, fordert Windisch de Lates. „Nicht nur die Alten und Kranken brauchen Unterstützung – auch die Jungen“, betont sie. „Sonst werden die sozialen Gräben in unserer Gesellschaft nach Corona noch viel weiter auseinanderklaffen als zuvor.“
So können Sie für das Nachhilfeprojekt spenden:
Spendenkonto Deutsche Lebensbrücke
IBAN: DE63 7008 0000 0300 0400 00
Stichwort: Corona-Opfer