Zum diesjährigen Tag gegen Lärm macht die Deutsche Stiftung Meeresschutz darauf aufmerksam, dass immer mehr Lärm nicht nur an Land, sondern auch in den Meeren zu einer krank machenden, mitunter tödlichen Umweltbelastung geworden ist.
Im Meerwasser breiten sich Schallwellen 4- bis 5-mal schneller aus als in Luft
Besonders sich vorwiegend akustisch orientierende Meerestiere wie Wale und Delfine sind vom Lärm im Meer betroffen. Wenig erforscht sind bisher die Auswirkungen von Lärm auf Knochen- und Knorpelfische oder Meeresreptilien wie Meeresschildkröten.
Lärmquellen im Ozean sind dabei ebenso vielfältiger Natur wie Lärmquellen an Land:
- militärische Sonare
- Unterwassersprengungen von Altmunition
- militärische Übungen oder Gefechte bei kriegerischen Auseinandersetzungen
- Lärm von Schiffspropellern und Fahrgeräuschen der internationalen Handelsflotten, von Kreuzfahrtschiffen und Freizeitbooten
- 3D-Fächersonare zur Suche von Rohstoffquellen (Öl und Gas) im Meeresboden (Airguns)
- Rammarbeiten beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen
Das Mittelmeer und die Nord- und Ostsee gehören zu den am stärksten mit Lärm belasteten Meeresgebieten. Wenn Meeressäuger wie Delfine oder Schweinswale Hörschäden erleiden, sind sie weniger erfolgreich bei der Jagd. Zudem können Kälber den Kontakt zur Mutter verlieren, wenn diese schwerhörig ist.
„Lärm verursacht Stress, schädigt das Immunsystem der Tiere, vertreibt sie aus ihren Lebensräumen und senkt ihren Fortpflanzungserfolg. In der Folge von militärischen Sonareinsätzen oder Minensprengungen kommt es immer wieder zu Massenstrandungen“, erklärt der Biologe Ulrich Karlowski von der Deutschen Stiftung Meeresschutz.
Im Februar 2023 strandeten an der Westküste Zyperns 12 der extrem tief tauchenden Cuvier-Schnabelwale nach einer Marineübung im östlichen Mittelmeer.
Im August 2019 stranden 24 Schweinswale, nachdem die Bundesmarine im Meeresschutzgebiet Fehmarnbelt zu Übungszwecken 42 britische Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg gesprengt hatte.
Weitreichende Störungen beim Einsatz von Airguns bei seismischen Untersuchungen des Meeresbodens
Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zeigte bereits 2014, dass die impulshaften Schallemissionen von Airguns (Schallkanonen) noch in 2.000 Kilometern Entfernung Meeressäuger stören. Airguns kommen zum Einsatz, um Gas- und Ölfelder im Meeresboden zu lokalisieren. Der Störeffekt kann dabei sowohl die Physis als auch die Psyche der Tiere verschlechtern.
In Entfernungen ab 1.000 km wandeln sich die ursprünglich sehr kurzen Schallimpulse zu einem kontinuierlichen Rauschen. Das kann die Verständigung von Delfinen und Walen auf nur ein Prozent des natürlichen Verständigungsraumes einengen. Es ist, als ob man sich plötzlich ohne künstliche Beleuchtung in ständigem Dämmerlicht zurechtfinden müsste.
Blue Speeds: Langsamere Schiffe erzeugen weniger Lärm und Klimagase
Im März 2021 legte das belgische Umweltministerium zwei Studien vor, die zeigten, dass bei einer Senkung der Fahrgeschwindigkeit von Frachtschiffen um 25 % nicht nur signifikant weniger Klimagase und Ruß entstehen. Auch das Ausmaß des Unterwasserlärms sinkt deutlich. Zudem hätten große Wale bessere Chancen, den für sie meist tödlich verlaufenden Kollisionen mit Schiffen zu entgehen, wenn Schiffe mit drei Viertel ihrer Maximalgeschwindigkeit, der sogenannten Blue Speed, fahren.
Das Blaue Manifest: Für weniger Lärm in den Meeren
Mit dem auch von der Deutschen Stiftung Meeresschutz unterstützten Blauen Manifest fordern 102 Umweltschutzorganisationen eine deutliche Verringerung des Nutzungsdrucks auf europäische Meere bis 2030.
Die Organisationen betonen, dass nicht mehr viel Zeit bleibt, um größere, irreversible Schäden abzuwenden.