Rund 100.000 deutsche Milchbauern tragen den wichtigsten Zweig der Agrar- und Ernährungswirtschaft (ca. 29 Mio. Tonnen Milcherzeugung, Umsatz auf Landwirtschaftsebene ca. 10 Mrd. Euro). Die wirtschaftliche Situation der Milcherzeuger ist aber nach wie vor völlig unbefriedigend und das Zusammenspiel der Marktpartner (Molkereien und Landwirtschaft sowie Lebensmitteleinzelhandel und Molkereien) ist gestört.
Deshalb fordert der Deutsche Bauernverband massiv,
- kurzfristig auf dem Milchmarkt eine Trendwende zum Positiven abzusichern,
- mittel- und langfristig das Zusammenspiel zwischen Milcherzeugern und Molkereiwirtschaft auf eine verlässliche Grundlage zu stellen,
- Entscheidungen in der europäischen und deutschen Politik herbeizuführen, die den deutschen Milcherzeugen eine klare Perspektive eröffnen.
1. Zu den kurzfristigen Maßnahmen auf dem Milchmarkt Lebensmitteleinzelhandel und Molkereiwirtschaft müssen zu verlässlichen und marktorientierten Abschlüssen bei den diesjährigen Listungsgesprächen bewegt werden (für Butter muss dies in der nächsten Woche erreicht werden; evtl. Wiederaufnahme der Aktionen vor LEH). Vor allem das eklatante Ungleichgewicht zwischen dem konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel und der mittelständischen Molkereiwirtschaft, hat sich für die deutschen Milcherzeuger zu einem hohen existenzbedrohlichen Risiko entwickelt. Auch das Kartellamt ist deshalb gefordert.
2. Zum Zusammenspiel von Molkerei- und Milcherzeugern Die Molkereiwirtschaft muss sich für kommende Listungsverhandlungen durch die Vereinbarung kartellrechtlich möglicher Anbietergemeinschaften (kurzfristig) und strukturelle Veränderungen (mittelfristig) wetterfester machen.
Mittel- und langfristig ist es notwendig, auf Erzeugerebene und in allen Molkereien ein flexibles Marktmanagement zwischen Molkereien und liefernden Erzeugern zu vereinbaren. Dazu muss
- die Lieferbeziehung zwischen Molkereien und Milcherzeugern vertraglich neu geregelt werden (Preis- und Mengenkomponente),
- eine Feinsteuerung in jeder Molkerei etabliert werden, um auf veränderte Marktverhältnisse bereits in der Milcherzeugung (und nicht nur in der Milchverwertung) reagieren zu können,
- regelmäßig die Marktlage bei Milch umfassend zu ermitteln und in unternehmerische Entscheidungen der Molkereien wie der milcherzeugenden Landwirte umzusetzen.
3. Zu den politischen Rahmenbedingungen Der DBV geht weiterhin davon aus, dass die EU-Milchquote im Jahre 2015 ausläuft. Deshalb sind heute sowohl auf europäischer wie auf nationaler Ebene wichtige politische Entscheidungen notwendig, um ein verlässliches Begleitprogramm für die Milchbauern abzusichern.
a) In Brüssel muss
- jede marktwidrige Aufstockung der EU-Milchquote im Rahmen des Health Check verhindert werden,
- bei den WTO-Verhandlungen der EU-Außenschutz weiter bestehen und ein internes Sicherheitsnetz nach unten erhalten bleiben,
- ein langfristig abgesicherter und eigenständig finanzierter Milchfonds zur Unterstützung der Milchbauern noch in diesem Jahr durchgesetzt werden (250 - 300 Mio. Euro pro Jahr in Deutschland).
Dieser Fonds hat zwei Schwerpunkte:
1. gesonderte Direktzahlungen an Milcherzeuger, die unter schwierigeren Bedingungen wirtschaften (u. a. Grünlandprämie), 2. Auflösung des Staus bei der investiven Förderung von Milcherzeugerbetrieben.
Einseitige Belastungen der deutschen Milchbauern innerhalb der EU, etwa durch eine neuerliche Abgabenregelung oder die faktische Schmälerung ihrer Einkommensbasis (neuer Umrechnungsfaktor) werden (auch wegen ihrer Unwirksamkeit am Markt) abgelehnt. Hinsichtlich der Saldierungsmöglichkeiten darf es keine voreiligen Änderungen geben. Allerdings sollte eine Detailprüfung erfolgen.
b) Bund und Länder müssen
- kurzfristig das auf EU-Ebene abzusichernde Begleitprogramm Milch durch- und umsetzen,
- ein Kostenentlastungsprogramm für Milchbauern (wie für alle anderen Bauern) in Angriff nehmen, um den extrem gestiegenen Belastungen (Energie, Futtermittel, Maschinen, Anlagen, usw.) wie auch den Risiken größerer Markschwankungen zu begegnen.
Dazu ist es notwendig,
- die Dieselbesteuerung kurzfristig auf das niedrige europäische Niveau zu senken,
- den gestiegenen Risiken durch Klima, Tierseuchen aber auch volatilerer Märkte durch die Gewährung einer bilanziellen Schwankungsrücklage zu begegnen,
- den Kostenanstieg bei Eiweißfuttermitteln durch rasche Lösung der GVO-Problematik zu bremsen,
- bei allen Tierseuchen eine flächendeckende Unterstützung zu gewähren (Durchführung der Impfungen, Ausgleich für Markt- und Tierverluste, usw.).