Die Auszeichnung 2007 geht an die Gefangenenbuecherei der Justizvollzugsanstalt (JVA) Muenster. Sie erhaelt den mit 30.000 Euro ausgestatteten einzigen nationalen Bibliothekspreis.
Die Gefangenenbuecherei der JVA Muenster wurde als *Bibliothek des Jahres
2007* ausgezeichnet, weil es der Buecherei gelingt, unter ganz besonderen Bedingungen und mit spezieller Aufgabenstellung einen hervorragenden Beitrag zur Integration durch Kultur und Bildung zu leisten. Mit der 2005 vorgenommenen Kernsanierung und Neukonzeption durch das Architektenbuero Bolles und Wilson hat die farbenpraechtige Buecherei einen Qualitaetssprung geschafft. Sie ist eine vorbildliche Einrichtung der sozialen Bibliotheksarbeit, die sich in optimaler Weise konsequent an den Beduerfnissen ihrer Zielgruppe ausrichtet und so als kreativer Impulsgeber fuer andere Gefangenenbibliotheken wirkt.
Termin der feierlichen Preisverleihung in Muenster ist der 24. Oktober 2007 – am Tag der Bibliotheken.
In diesem Jahr waehlte die Jury die Siegerin aus sechs Bibliotheken unterschiedlichster Groesse und Aufgabenstellung aus, die wegen ihrer hervorragenden Leistungen von den Landesverbaenden und Sektionen des Deutschen Bibliotheksverbandes fuer die engere Auswahl nominiert wurden.
Das Finale der Entscheidung erreichten neben der Gefangenenbuecherei der JVA Muenster auch die Universitaetsbibliothek Karlsruhe
(http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/...) und die Stadtbibliothek Muenchen (http://www.muenchner-stadtbibliothek.de/...). Die Universitaetsbibliothek Karlsruhe ueberzeugte die Jury als moderne 24-Stunden-Bibliothek mit tausend funk- und festnetz-vernetzten Leseplaetzen und mit Selbstverbuchung durch RFID-Technologie. Begeistert war die Jury auch von der konsequenten Weiterentwicklung des international vertriebenen Karlsruher Virtuellen Kataloges (KVK) und der Integration von Web 2.0 in die Serviceleistungen.
Die Jury war sehr beeindruckt von dem modernen, kundenorientierten Service der Stadtbibliothek Muenchen, der sich in einem hochaktuellem Medienangebot, dem Einsatz von RFID-Technologie, der elektronischen Ausleihe von E-Books und E-Audio, dem breit angelegten Kulturprogramm, dem hervorragenden Informationsmaterial und einer hochprofessionellen Oeffentlichkeitsarbeit zeigt.
Die nominierten Bibliotheken wurden von den Jurymitgliedern nach folgenden Kriterien bewertet: die Qualitaet und Innovation der bibliothekarischen Arbeit, ihre Zukunftsorientierung, ihre nachhaltige Wirkung, ihre attraktiven Serviceleistungen, ihre medienwirksame Oeffentlichkeitsarbeit und ihr internationales Engagement.
Fuer die Entscheidung, die Gefangenenbibliothek der JVA Muenster als die *Bibliothek des Jahres 2007* auszuzeichnen, sprach vor allem:
Die grundlegende, beispielhafte Neugestaltung nach dem Vorbild der Stadtbibliothek Muenster als origineller, effektiver Bibliothek und der dadurch gewachsenen Qualitaet der Buechereiarbeit.
Die im geschlossenen Vollzug dieser Groesse einzigartige Freihandausleihe mit einem aktuellen, vielseitigen, uebersichtlich praesentierten Bestand in einem attraktiven und zentral gelegenen Raum. Die hohe Professionalitaet, die sich in der konsequenten Kundenorientierung ausdrueckt, und bewirkt, dass 80% der Zielgruppe (528 Haftplaetze im geschlossenen Vollzug) die Buecherei nutzt. Auch die Medienausleihe ist in den vergangenen Jahren von
37,4 (2002) Ausleihen pro Haftplatz auf 52,6 (2006) Ausleihen gestiegen.
Der grosse Stellenwert der Buecherei bei den Benutzern zeigt sich auch in den Ergebnissen einer Umfrage, die ergab, dass Lesen (79,1%) noch vor Fernsehen (71,8%) die beliebteste Freizeitbeschaeftigung in der Haftanstalt ist. Dies ist umso erstaunlicher, als viele Gefangene aus eher bildungsfernen Bevoelkerungsgruppen stammen.
Die Bereitstellung von Offline-Katalogen auf den Abteilungen fuer die Inhaftierten, mit der erstmals unter den gegebenen institutionellen Bedingungen - aus Sicherheitsgruenden gibt es keine selbstaendig durch Gefangene nutzbare Informationstechnologie - ermoeglicht wird, kuenftig auch weitere Informationen digital zugaenglich und recherchierbar zu machen, und so die technische Innovation weiter voran zu treiben.
Die konsequente Weiterentwicklung der Bibliothek und ihre nachhaltige Wirkung als ein wichtiges Instrument zur Resozialisierung inhaftierter Menschen. Die Buecherei ermoeglicht Inhaftierten eine sinnvolle Freizeitbeschaeftigung und Verbesserung ihrer Lesefaehigkeit, indem sie aktuelle Medien zur Unterhaltung, Wissensfoerderung und Selbsterfahrung anbietet.
Durch den im Dezember 2006 gegruendeten *Foerderverein Gefangenenbuechereien* wurde die Grundlage dafuer geschaffen, die modellhaften Erfahrungen in Muenster nachhaltig ueberregional zu verbreiten.
Beeindruckend ist die vielfaeltige Oeffentlichkeitsarbeit der Gefangenbuecherei nach innen und nach aussen. Die gute Einbindung in die JVA zeigt sich in der intensiven Nutzung und der Unterstuetzung durch die Anstaltsleitung. Bemerkenswert ist die enge Kooperation mit der Stadtbibliothek, die sich nicht nur in der Ausleihmoeglichkeit fuer die JVA bei der Stadtbibliothek, sondern auch in gemeinsamen Veranstaltungen wie bei der *Langen Nacht der Bibliotheken* zeigt. Damit ist die Gefangenenbuecherei auch jenseits der Mauern in der Stadt praesent.
Veranstaltungen in der Buecherei mit bekannten Autoren wie Bernhard Schlink oder Anant Kumar haben reges Interesse und positives Echo gefunden.
Dadurch wird den Gefangenen nicht nur ein anderer Zugang zur Literatur, sondern auch die Teilnahme am kulturellen Leben ermoeglicht.
Internationalitaet ist in der JVA Muenster an der Tagesordnung: die Buecherei bietet ihren Benutzern aus aller Welt eine Vielfalt von Buechern in 30 Sprachen an. Sie ist ausserdem in das Netz des internationalen Bibliotheksverbandes IFLA aktiv eingebunden.
Die Jury wuerdigte auch die mit grosser Sorgfalt zusammengestellten Bewerbungsunterlagen, die sich als professionell gestaltetes Kompendium der modernen Gefangenenbibliotheksarbeit lesen. Die Jury tagte unter Vorsitz von dbv-Praesidentin Gudrun Heute-Bluhm, Oberbuergermeisterin von Loerrach. Das Votum fuer die Gefangenenbuecherei Muenster fiel einstimmig aus.
ZEIT-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius
Gestalten, neue Herausforderungen erfassen, Projekte entwickeln und realisieren, engagierte Menschen bei wissenschaftlichen, kulturellen und erzieherischen Vorhaben unterstuetzen – das sind die Ziele der 1971 gegruendeten ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Sie ist in Hamburg und weit darueber hinaus taetig.
Die ZEIT-Stiftung gehoert zu den grossen privat errichteten gemeinnuetzigen Stiftungen in Deutschland. Der Name des Stifters Gerd Bucerius lebt in ihren wichtigsten Einrichtungen fort – der Bucerius Law School, dem Bucerius Kunst Forum und dem Bucerius LERN-WERK, dem Gerd Bucerius-Doktorandenprogramm fuer junge Historiker, dem Gerd Bucerius-Foerderpreis Freie Presse Osteuropas und der Bucerius Summer School on Global Governance. Bis heute hat die Stiftung mehr als tausend Vorhaben finanziell unterstuetzt – darunter auch den Preis *Bibliothek des
Jahres* – und viele davon selbst entwickelt und umgesetzt.
Der Deutsche Bibliotheksverband e.V. (dbv) Im Deutschen Bibliotheksverband e.V. (dbv) sind ca. 2.000 Bibliotheken aller Sparten und Groessenklassen Deutschlands zusammengeschlossen. Der gemeinnuetzige Verein dient der Foerderung des Bibliothekswesens und der Kooperation aller Bibliotheken. Sein Anliegen ist es, die Wirkung der Bibliotheken in Kultur und Bildung sichtbar zu machen und ihre Rolle in der Gesellschaft zu staerken. Zu den Aufgaben des dbv gehoert auch die Foerderung des Buches und des Lesens als unentbehrliche Grundlage fuer Wissenschaft und Information, sowie die Foerderung des Einsatzes zeitgemaesser Informationstechniken.