Durch erfolgreiche Marketingaktivitäten bei den Zielgruppen Privatkunden und Großverbraucher in der Landwirtschaft sowie Spediteuren und kommunalen Nachfragern haben die Genossenschaften eine hohe Akzeptanz für das Nischenprodukt Biodiesel erreicht. Ebenso erfolgreich sind die Unternehmen im gezielten Aufbau neuer Absatzmärkte im Bereich Erneuerbarer Energien, ein Beispiel ist der expandierende Markt für Holzpellets.
Der Einsatz neuer Technologien zur Nutzung Erneuerbarer Energien und von Solarkollektoren sowie Anlagen zur Verfeuerung fester Biomasse werden staatlich durch Programme der KfW-Bankengruppe gefördert. Raiffeisen-Genossenschaften nutzen diese Förderprogramme gezielt zur Einbindung in komplette Beratungs- und Know-how-Pakete rund um die Installation neuer Techniken zur Energieschonung bzw. Erhöhung der Energieeffizienz.
Nationale Bioenergiepolitik: Korrekturen erforderlich
Bei der Ausgestaltung und unternehmerischen Umsetzung der nationalen Energiepolitik sieht Nüssel dringenden Handlungs- und Korrekturbedarf. Bereits bei der Verabschiedung des Energiesteuergesetzes im Sommer 2006 hat der DRV auf die Gefahr hingewiesen, dass mit dem schrittweisen Abbau der Steuerbegünstigung für reine Biokraftstoffe der Absatz außerhalb der ab 2007 geltenden Beimischungsquote erheblich an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt.
„Leider werden diese Befürchtungen durch die aktuellen Entwicklungen bestätigt. Die Genossenschaften, die diesen Markt langfristig aufgebaut haben, leiden unter einem dramatischen Absatzeinbruch. Wird dieses Segment aufgegeben, sind die ambitionierten Ziele der Europäischen Union, bis 2020 einen Biokraftstoff-Anteil von 10 Prozent am gesamten Kraftstoffmarkt zu erreichen, völlig unrealistisch“, so Nüssel.
Korrigiert werden kann dies durch die kurzfristige Erhöhung der Quoten für die Verwendung von Biotreibstoffen. Durch die zusätzliche Nachfrage würden die vorhandenen Produktionskapazitäten vom bestehenden Absatz- und Preisdruck entlastet und den jüngsten Klima-Beschlüssen des EU-Gipfels Rechnung getragen.
Mehr Importe aus Drittländern
„Neueinsteigern muss klar signalisiert werden, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die europäischen Biotreibstoffmärkte lassen sich nicht dauerhaft von internationalen Warenströmen abschotten. Mehr und mehr Pflanzenöle werden aus Drittländern importiert, um die hiesige Nachfrage der Biodiesel-Produzenten zu decken. Ob diese Entwicklung steuer- und umweltpolitisch noch gerechtfertigt ist, muss hinterfragt werden“, erklärte der Raiffeisen-Präsident.
Der DRV kann potentielle Investoren nur warnend auf die Risiken hinweisen. Spätestens nach Abschluss der WTO-Verhandlungen ist ein verstärkter Import auch von Bioethanol aus Ländern, die diesen Treibstoff rohstoffbedingt preisgünstiger anbieten können, nicht mehr auszuschließen. Die Förderung des Baus neuer Anlagen durch Bund und Länder sollte deshalb sehr sorgfältig geprüft werden.
Biogas/Biomasse: Strukturelle Verwerfungen verhindern
Die Verstromung von Biomasse wird seit 2004 durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) massiv gefördert. Mittlerweile sind in Deutschland fast 3.500 Anlagen entstanden, die mit einer Produktion von fast 1.500 MW aber nur knapp 0,5 % des hiesigen Strombedarfs decken. Diese Anlagen haben einen Rohstoffbedarf, der dem Aufwuchs von etwa 20 % der aktuellen Maisfläche Deutschlands entspricht.
„Die zunehmende Flächenkonkurrenz führt zu höheren Produktionskosten bei den landwirtschaftlichen Veredlungsbetrieben. So entstehen regional massive Wettbewerbsnachteile gegenüber den um den Absatzmarkt konkurrierenden landwirtschaftlichen Veredlungsbetrieben in den benachbarten EU-Mitgliedstaaten. Hier drohen strukturelle Verwerfungen und ggf. nachteilige Umweltwirkungen, so dass der Gesetzgeber bei der Überprüfung des EEG korrigierend eingreifen sollte“, so Nüssel.
Nach Auffassung des DRV spricht nichts gegen eine in die landwirtschaftliche Produktion integrierte Nutzung der Biomasse zur Stromerzeugung, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- die Rohstoffversorgung kann aus der näheren Umgebung relativ problemlos erfolgen und schließt auch die Nutzung von pflanzlichen Abfallstoffen und Speiseresten ein,
- bei der Biogaserzeugung wird auch eine Nutzung der anfallenden Wärme gewährleistet und damit die energetische Effizienz erhöht und
- die anfallenden Gärsubstrate können ortsnah entsorgt werden, um Transportwege zu vermeiden.
Weitere Genossenschaftsgründungen im Energiebereich
„Für unternehmerische Initiativen in diesem Bereich bietet sich die Genossenschaft als flexible, wirtschaftlich stabile Gesellschaftsform zum gemeinschaftlichen Betrieb von kapitalintensiven Biogasanlagen geradezu an. Steuerlich ergeben sich positive Effekte bei der Rechtsformwahl der Genossenschaft durch Teilung in eine Biogaserzeugungs-Genossenschaft und eine Generatoren-Genossenschaft zur Stromerzeugung“, erläuterte Nüssel.
Die Novelle des Genossenschaftsgesetzes im August 2006 brachte zusätzliche Erleichterungen bei der Gründung, u. a. Senkung der Mindestmitgliederzahl auf drei Personen. Der DRV rechnet mit weiteren Gründungen von Genossenschaften insbesondere im Energiebereich. Diese werden von den Regionalverbänden beraten, betreut und geprüft.