Diese und viele andere Einzelaussagen finden sich in der Studie "Investitionsrückstand und Investitionsbedarf der Kommunen - Ausmaß, Ursachen, Folgen und Strategien," die nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Nachdem bereits im April 2008 erste Eckwerte zum Investitionsbedarf der Kommunen vorgestellt wurden, liegen nun die vollständigen Ergebnisse der Schätzung für 2006 bis 2020, für zehn kommunale Infrastrukturbereiche im Detail, jeweils auch separat für die neuen und alten Bundesländer, vor.
Schulen gehören zu den Bereichen, in denen besonders viel investiert werden muss. Hier sind zur Sanierung und Aufrechterhaltung einer angemessenen Qualität der Infrastruktur bis zum Jahr 2020 Investitionen in Höhe von 78,5 Mrd. Euro erforderlich. Auf die kommunalen Schulen entfallen davon 73 Mrd. Euro, der Rest betrifft Einrichtungen anderer Träger. Allein für die erforderliche Erneuerung vorhandener Schulgebäude und deren Ausrüstung (Ersatzbedarf) sind Investitionen in Höhe von 28,5 Mrd. Euro in den alten Bundesländern bzw. 6,6 Mrd. Euro in den neuen Bundesländern notwendig. Daneben sind umfangreiche Maßnahmen für die Erweiterung der IT-Ausstattung, für die energetische Gebäudesanierung oder auch im Zusammenhang mit der Anpassung der Schulgebäude an die Anforderungen von Ganztagsschulen erforderlich. Der Investitionsbedarf in diesen Bereichen wurde für die alten Bundesländer auf 32,3 Mrd. Euro und für die neuen Bundesländer auf 5,2 Mrd. Euro geschätzt (siehe Abbildung 1). Eine Besonderheit im Schulbereich ist, dass sich der ermittelte Erweiterungsbedarf nicht aus wachsenden Schülerzahlen ergibt. Hier wird zum Teil von deutlichen Rückgängen ausgegangen. Die Maßnahmen werden vielmehr notwendig, weil die vorhandenen Gebäude häufig nicht den wachsenden Anforderungen an moderne Bildungseinrichtungen gerecht werden.
Am Bildungsbereich wird deutlich, dass die Folgewirkungen unterlassener Investitionen nicht nur monetäre bzw. ökonomische Folgen haben, sondern auch weitergehende Wirkungen z.B. auf den Bildungserfolg, zeitigen können. So besteht beispielsweise zwischen dem Zustand eines Schulgebäudes und der schulischen Leistung der Schülerinnen und Schüler ein Zusammenhang. Dabei kommt es nicht nur auf den baulichen Zustand an, sondern auch auf den Zuschnitt der Klassenräume, den Lärmpegel, die Raumtemperatur etc. Die Bedingungen der schulischen Einrichtungen haben nach vorliegenden Studien aus den USA einen wichtigen Einfluss auf die Leistungen der Schülerschaft und die Effektivität der Lehrkräfte. Gerade in älteren Gebäuden treten damit Probleme auf, so dass statistisch gesehen das Alter des Schulgebäudes einen guten Hinweis auf dessen Qualität gibt. Die Leistungen der Schülerschaft in gepflegten und gut ausgestatteten Schulgebäuden lagen in den meisten untersuchten Fällen über den schulischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern in problematischen Schulgebäuden, unabhängig von der Sozialstruktur und anderen Faktoren.
Im Schulbereich hat sich über die Jahre ein Investitionsrückstand in Höhe von sechs Mrd. Euro angesammelt. Nimmt man alle anderen Infrastrukturbereiche, wie Straßen, Abwasser, Krankenhäuser, ÖPNV usw. hinzu, lässt sich nur der Nachholbedarf mit insgesamt 75 Mrd. Euro beziffern. Die Autoren sind aber der Meinung, dass in den nächsten Jahren nicht nur das aktuell notwendige Investitionsniveau gesichert, sondern bis zum Jahr 2020 auch der Investitionsrückstand abgebaut werden könnte. Es wird empfohlen, die Investitionsanstrengungen in einer konzertierten Aktion in den Jahren 2009 bis 2015 zu forcieren, um vor allem den Nachholbedarf zu befriedigen. Für die Deckung des Ersatz- und Erweiterungsbedarfs erscheint ein Investitionsniveau in der gegenwärtigen Höhe (etwa 40 Mrd. Euro im Jahr 2005) als angemessen. Den finanziellen Spielraum für die erforderlichen zusätzlichen Investitionen zum Abbau des Investitionsrückstandes können die Kommunen durch strategisches Investitionsmanagement, den Einsatz intelligenter Finanzierungsinstrumente (z.B. Contracting-Modelle) und PPP-Projekte erlangen (vgl. Abbildung 2). Die erreichbaren positiven Effekte würden zwar erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung eintreten, könnten dann aber weit über das Jahr 2020 hinaus eine nachhaltige Wirkung erzeugen.
Auch bzw. gerade im bereits zitierten Schulbereich haben sich Public-Private-Partnership-Projekte (PPP-Projekte) als Beschaffungsvariante etabliert, wie die Difu-Studien zu PPP zeigen. Auch für andere Investitionsschwerpunkte können PPP geeignet sein. Kriterien für die Bewertung der PPP-Affinität sind dabei beispielsweise die Komplexität des Vorhabens sowie damit zusammenhängende Standardisierungsmöglichkeiten, der Innovationsgehalt, die zu erwartenden Risiken, das Investitionsvolumen aber auch die politische Grundstimmung im Umfeld des Projektes. Die Entwicklungsperspektiven sind je nach Infrastrukturbereich unterschiedlich und für jedes einzelne Vorhaben zu prüfen. Die vorliegende Studie kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die größten Entwicklungspotenziale für PPP zukünftig in den Bereichen Schulen, Sport/Freizeit/Tourismus und Straßen liegen dürften.
Die Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik, im Rahmen der Forschungsinitiative "Zukunft Bau", gemeinsam gefördert vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. und dem Bundesverband der Deutschen Zementindustrie e.V., kann unter dem Titel "Investitionsrückstand und Investitionsbedarf der Kommunen - Ausmaß, Ursachen, Folgen und Strategien" direkt beim Difu oder im Buchhandel bezogen werden.
Vgl. auch die Medieninformation vom 21. April 2008 zur Ankündigung der Kernergebnisse: http://www.difu.de/...